„Dynamik, die niemandem guttut“Stadt Köln gibt Standorte für neue Flüchtlingsunterkünfte künftig später bekannt

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25.10.2023
Köln:
Auf dem Parkplatz P5 am Fühlinger See will die Stadt Köln aus Containern eine weitere Flüchtlingsunterkunft errichten. Zu sehen sind weiße Zelte.

Auf dem Parkplatz P5 am Fühlinger See errichtet die Stadt Köln aus Containern eine weitere Flüchtlingsunterkunft.

Dass die verschärften Asylregelungen des Bundes die Stadt Köln entlasten, glaubt die Leiterin des Ausländeramtes nicht.

Die Stadt Köln wird künftig später als bislang über neue Flüchtlingsunterkünfte informieren.  „Wir werden nicht über jedes in Prüfung befindliche Objekt informieren. Erst in weiter fortgeschrittenem Stadium können wir das Objekt benennen und können nicht auf alle der üblichen Einwände gegen die Errichtung neuer Unterkünfte reagieren“, sagt Sozialdezernent Harald Rau. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir eine Dynamik auslösen, die niemandem guttut, wenn wir sehr früh bekannt geben, wo welche Unterkünfte für Geflüchtete geprüft werden.“

Flüchtlingsunterkünfte: Keine Vorab-Informationen über kurzfristig genutzte Standorte

Rau begründete diese Kommunikationsstrategie unter anderem damit, dass „die Not aktuell so groß ist, dass wir dort, wo es möglich ist, Plätze schaffen müssen“: Zwar bemühe die Verwaltung sich, die Geflüchteten auf alle Bezirke und Stadtteile gleichmäßig zu verteilen, das sei „in der Realität aber nicht immer möglich“. So werden im Bezirk Lindenthal deutlich weniger Geflüchtete untergebracht als in den anderen Kölner Bezirken. „Auch in Lindenthal wollen wir neue Unterkünfte betreiben“, so Rau.

Porträt von Sozialdezernent Harald Rau

Sozialdezernent Harald Rau

Bei von vornherein für eine längerfristige Nutzung geplanten Geflüchtetenunterkünften werden aber wie bisher die politischen Gremien beteiligt, so Rau. Bei kurzfristigen Nutzungen indes nicht.

Wie jüngst bei den Planungen für eine Einrichtung am Fühlinger See zu beobachten war, könne „auch nicht immer darauf Rücksicht genommen werden, ob die Unterkünfte gut angebunden sind, an den öffentlichen Nahverkehr, Schulen oder Einkaufsmöglichkeiten“, sagt Rau bei einem Gespräch mit Kölner Journalisten am Freitag. Besser, die Infrastruktur sei nicht optimal „als wieder Turnhallen belegen zu müssen, die für Vereine, Schulen und das soziale Leben enorm wichtig sind und daher einen besonderen Schutzcharakter haben“.

Dass Projekte scheitern, weil sie früh und vor Abschluss der nötigen Verhandlungen und Vorbereitungen öffentlich diskutiert wurden, habe die Stadt zuletzt beim Thema Drogenkonsum am Neumarkt gemacht. „Da hatten wir früh die Bereitschaft eines Immobilieneigentümers, der einen Drogenkonsumraum in seinem Haus befürwortet hat. Leider gewann die Debatte dann öffentlich eine Dynamik, die noch zum Scheitern des Projekts geführt hat.“

Immer mehr Menschen müsse die Stadt Köln kurzfristig unterbringen – vor allem Geflüchtete vom West-Balkan, die in den allermeisten Fällen keine Bleibeperspektive in Deutschland haben. Hier ist die Stadt in der Pflicht, zu verhindern, dass die Menschen obdachlos werden. 100 bis 200 Menschen vom West-Balkan kämen weiterhin jede Woche in Köln an. „Wenn über Nacht 100 Menschen kommen, die wir unterbringen müssen, braucht es keinen politischen Beschluss für einen neuen Container, in dem die Geflüchteten nicht langfristig leben“, sagt Rau.

Aus unserer Sicht werden die Maßnahmen nicht dazu führen, dass sich die Situation stark verbessert
Christina Boeck, Leiterin des Ausländeramts, über die Asyl-Verschärfungen des Bundes

Dass die verschärfte Asyl-Regelungen des Bundes kurzfristig zu deutlich weniger Geflüchteten in Köln führen, glauben Dezernent Rau und Christina Boeck, Leiterin des Ausländeramts, nicht. „Aus unserer Sicht werden die Maßnahmen nicht dazu führen, dass sich die Situation stark verbessert“, sagt Boeck. Der Bund will zum Beispiel Asylverfahren schneller abwickeln, Leistungen kürzen und Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern abschließen.

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