Stärker als in jeder anderen GroßstadtKöln verliert Arbeitsplätze im Handel

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Die Hohe Straße in der Kölner Innenstadt

Köln – Der Handel ist mit annähernd 68 400 Beschäftigten die zweitgrößte Branche in Köln. Etwa jeder achte Arbeitsplatz in der Stadt befindet sich in Unternehmen des Groß- und Einzelhandels. Lediglich im Gesundheits- und Sozialwesen sind noch mehr Menschen tätig, in dem Wirtschaftszweig gibt es 70 500 Jobs. Die Zahlen stammen aus einem Bericht der Stadtverwaltung, der die Entwicklung der Beschäftigung im Handel von 2008 bis 2018 darstellt.

Im bundesweiten Vergleich ist das Ergebnis der Untersuchung für die ehemalige Hansestadt ernüchternd: 3,3 Prozent der Arbeitsplätze sind in den zurückliegenden elf Jahren verloren gegangen – mehr als in jeder anderen deutschen Großstadt. In Leipzig beispielsweise sind im Handel sogar 33,9 Prozent mehr Angestellte beschäftigt als 2008. In Berlin ist die Zahl um 32,9 Prozent gestiegen, in München um 15,5 Prozent und in Hamburg um 10,4 Prozent. Negative Zahlen verzeichnen Stuttgart und Frankfurt, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie Köln.

Köln trifft erheblichen Arbeitsplatz-Abbau

Eine Erklärung für die regionalen Unterschiede ist in dem Bericht der Verwaltung nicht zu finden. Ein Blick auf die einzelnen Sparten zeigt, dass in Köln der Großhandel von einem erheblichen Arbeitsplatz-Abbau betroffen ist. Das betrifft vor allem Zwischenhändler und Handelsvertretungen; bei ihnen waren im vorigen Jahr 8.200 Personen weniger beschäftigt als zehn Jahre zuvor. Diesen Verlust konnte der Zuwachs im Einzelhandel sowie im Online-Geschäft nicht ausgleichen.

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Bilanz der Einzelhändler

Wenige Tage vor Heiligabend ist die Bilanz aus Sicht der Einzelhändler ernüchternd. „Das Weihnachtsgeschäft läuft in diesem Jahr schlecht, das gilt nicht nur für Köln, sondern für ganz Nordrhein-Westfalen“, teilte Jörg Hamel vom Handelsverband NRW am Donnerstag mit.

Bislang seien die Umsätze geringer als 2018. „Manche Händler berichteten von zweistelligen Minusraten“, so Hamel. Die Vielzahl der Besucher nutzten ihren Aufenthalt in der Stadt nicht zum Einkaufen, das gelte auch für den verkaufsoffenen Sonntag am dritten Advent. Nach Angaben des Verbandes waren Uhren, Schmuck sowie Parfümerie-Artikel vergleichsweise stark gefragt. Aktueller Verkaufsrenner seien Spielwaren. (adm) 

Im Internet-Handel sind 1.300 neue Jobs entstanden, ein Plus von 300 Prozent. „Dieser hohe relative Zuwachs ist Ausdruck eines sogenannten Basiseffekts, der durch geringe Ausgangswerte entsteht“, heißt es in der Studie. Der Onlinehandel besitze den größte Anteil an hoch qualifizierten Arbeitskräften: 31 Prozent der Frauen und Männer haben einen Hochschulabschluss.

Köln als „historisch gewachsener Handelsstandort“

Aufgrund der verkehrsgünstigen Lage und der Tradition als Umschlagplatz für Waren gelte Köln als „ein historisch gewachsener Handelsstandort“ und Einkaufsmetropole. Mehr als zwei Millionen Menschen aus dem unmittelbaren Einzugsbereich der Region sowie Touristen würden die City jährlich besuchen, so die Verwaltung. Die Stadt sei ein bedeutender Messeplatz und Sitz zahlreicher mit dem Groß-, Fach- und Einzelhandel befasster Institutionen.

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Was ist der Grund dafür, dass in der Branche dennoch mehr Arbeitsplätze verloren gegangen sind als andernorts? Der Handelsverband Nordrhein-Westfalen hält mehrere hält mehrere Ursachen für möglich: „Großunternehmen, die Arbeitsplätze abgebaut haben, die Schließung von Traditionshäusern wie Jacobi auf der Schildergasse, das Aus für viele Geschäfte in den Stadtteilen, all das könnte eine Rolle spielen“, sagt Verbandsgeschäftsführer Jörg Hamel.

Er hält es zudem für denkbar, dass andere Städte einen stärkeren Zuwachs an Touristen haben; auch das wirke sich auf den Einzelhandel aus. Die Stadtpolitik und die Verwaltung hätten „über Jahre hinweg dem Handel als Arbeitgeber nicht den Stellenwert zugeschrieben, der ihm aufgrund seiner Beschäftigungszahlen zusteht“, kritisiert Hamel.  

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