Stadtkonservator Thomas Werner will zeigen, dass die „Via Culturalis“ mehr ist als lediglich Gürzenich, „MiQua“ oder Historisches Rathaus.
Kölner KulturpfadStadtkonservator enthüllt unbekannte Sehenswürdigkeiten der „Via Culturalis“

Stadtkonservator Dr. Thomas Werner in der St.-Bruder-Konrad-Kapelle
Copyright: Alexander Schwaiger
Nikolaus Gülich, in den 1680er Jahren Anführer einer Revolte gegen Amtsmissbrauch und Korruption der Stadtführung, fand ein schmähliches Ende. Nach seiner Enthauptung verfügte ein Gericht, sein Haus abzureißen, und verbot, die freigewordene Fläche wieder zu bebauen. Stattdessen wurde dort eine Schandsäule mit einem von einem Schwert durchbohrten Bronzekopf Gülichs errichtet. Zwar wurde sie nach über 100 Jahre entfernt, doch das Bebauungsverbot blieb. Dies erklärt, warum das in den 1920er Jahren errichtete Haus Neuerburg, das der Firma des Zigaretten-Fabrikanten Heinrich Neuerburg als Verwaltungssitz diente, die Fläche ausspart, auf der heute ein Karnevalsbrunnen steht.
Unbekannteres auf der „Via Culturalis“ entdecken
Zu hören ist die Geschichte von Stadtkonservator Thomas Werner, als er bei einem Presserundgang zu Bauten der „Via Culturalis“ führt. Bewusst hat er Beispiele ausgewählt, die weniger bekannt sind als etwa die Philharmonie, der Gürzenich, das gerade entstehende jüdische Museum „MiQua“ samt archäologischer Zone, das Historische Rathaus oder das Wallraf-Richartz-Museum. Denn der Erkundungsspaziergang soll deutlich machen, was es außer den Hauptsehenswürdigkeiten auf dem Kulturpfad zu sehen gibt. Dessen Konzept geht auf den Architekten Oswald Matthias Ungers zurück. Das von ihm 1999 skizzierte und so benannte Projekt „Via Culturalis“ ist zum Herzstück des städtebaulichen Masterplans für die Kölner Innenstadt geworden.

Stadtkonservator Dr. Thomas Werner führt zu architektonisch interessante Objekten entlang der Via Culturalis.
Copyright: Alexander Schwaiger
Von Werner ist weiter zu erfahren, dass die Backsteinfassaden und der mit Zinnen bekrönte Turm des Hauses Neuerburg eine Reminiszenz an die niederländischen Handelshäuser des 16. und 17. Jahrhunderts sind und auch an die Kölner Patrizierhäuser aus der Zeit, als die Stadt eine der wichtigsten Handelsmetropolen nördlich der Alpen war. Das Gebiet des Kulturpfads erstreckt sich vom Dom bis zur romanischen Kirche St. Maria im Kapitol und soll auf 800 Metern 2000 Jahre Kölner Geschichte erlebbar machen. Daher geht es quer durch die Zeiten.
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Alt St. Alban ließ man absichtlich als Ruine stehen
Vor dem Senatshotel nahe dem Theo-Burauen-Platz wird das Jahr 1958 aufgerufen. Damals entstand der Bau nach den Plänen von Wilhelm Koep, der mit seinem Bruder Rudolf zu den wichtigsten Architekten des Kölner Wiederaufbaus zählte. Bauherrin war die Kölner Bürgergesellschaft, die einen neuen Festsaal brauchte. Das Hotel war sozusagen eine Dreingabe. Nun wird es mit dem Geld eines Investors wieder hergerichtet – nach Vorgaben des Denkmalschutzes, wie der Stadtkonservator betont. Dies betrifft unter anderem die Ausgestaltung des Saals.
Alt St. Alban, ursprünglich eine der ältesten Pfarrkirchen Köln, wurde wiederholt umgebaut und im 17. Jahrhundert als Hallenkirche neu gestaltet. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ man sie absichtlich als Ruine stehen, als Mahnmal oder, wie Werner sagt, als „verlorenen Raum“, der sich nicht betreten lässt. Vom Quatermarkt aus kann man ins nicht überdachte Innere blicken. Darin steht die Skulptur „Trauendes Elternpaar“, dem Original von Käthe Kollwitz nachgebildet von Joseph Beuys und Erwin Heerich. Nur selten geöffnet, deshalb den meisten unbekannt ist die St.-Bruder-Konrad-Kapelle, die 1959 im Unterbau des Turms von Alt St. Alban geschaffen wurde.
Weiter südlich stößt die Gruppe auf eine reich geschmückte, mehrstöckige Fassade, die in den Baukomplex des Dorint-Hotels eingefügt ist. Sie gehörte zum 1696 nicht weit von hier erbauten „Haus zum Maulbeerbaum“. Gleich zweimal wurde sie versetzt. Zunächst wurde sie in den Neubau des 1913 eröffneten Stadthauses integriert. Nach dessen Abriss wechselte sie 2002 an ihren jetzigen Standort. Die Fassade des Hochbarock gebe eine gute Vorstellung davon, wie „hochherrschaftlich“ es früher in der Altstadt ausgesehen habe, sagt Werner.
Der Rundgang endet vor dem Turm von Klein St. Martin, dem Überbleibsel einer Klosteranlage mit Kirche, die in der Franzosenzeit geschliffen wurde. Der Turm sei stehengeblieben, weil St. Maria im Kapitol, lange Zeit ohne eigenes Geläut, ihn dafür benötigt habe, die Gläubigen zu den Gottesdiensten zu rufen, erzählt der Stadtkonservator. Heute befindet sich der Turm in Privatbesitz; das Untergeschoss dient als Kellerbar. Von hier aus ist die große Freitreppe zu St. Maria Kapitol zu sehen, deren Fertigstellung 2023 als „bedeutender Meilenstein“ der „Via Culturalis“ gefeiert wurde. Weitere Meilensteine waren die Ummodlung des Kurt-Hackenberg-Platzes und die kürzlich gefeierte Neugestaltung der Gürzenichstraße. Bis voraussichtlich 2030 soll es in Etappen weitergehen.