Köln-KreuzfeldNeuer Stadtteil wegen Klimanotstands heute nicht mehr denkbar?

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So soll Köln-Kreuzfeld einmal aussehen. 

Köln – Der Stadtteil Kreuzfeld wäre unter den Bedingungen des Klimanotstandes womöglich nicht gebaut worden. Das zumindest ist die Einschätzung von Sabine Pakulat (Grüne), der Vorsitzenden des Stadtentwicklungsausschusses. „Die Entscheidung für Kreuzfeld ist vor dem Klimanotstand gefallen. Ich glaube schon, dass die Entscheidung in diesem Jahr anders ausgefallen wäre“, sagte Pakulat im Rahmen einer Diskussion des „Bundes Deutscher Architekten“ (BDA) im Domforum am Montagabend.

„Aber so ist das eben, die Planung hinkt der Realität immer ein wenig hinterher“, so Pakulat weiter. Klimaschützer kritisieren die Planungen seit Jahren, weil im Bereich des geplanten Stadtteils Grünflächen versiegelt und eine Kaltluftschneise verengt werde. 

Dennoch habe sie mit Blick auf den geplanten Stadtteil im Kölner Norden kein schlechtes Gewissen, wie sie auf eine Nachfrage aus dem Publikum erklärte. „Die Grünen haben sich 20 Jahre lang mit Händen und Füßen gegen Kreuzfeld gewehrt. In den 10er-Jahren sind wir durch den hohen Wohnungsbedarf enorm unter Druck bekommen“, führte Pakulat aus. „Wir haben uns nach vielen, vielen Diskussionen als Grüne für die wachsende Stadt entschieden. Wenn wir die Stadt zumachen und sagen, hier kommen keine neuen Leute mehr hin, dann kommen nur noch die, die Geld haben. Und die, die wenig Geld haben, müssen gehen“, sagte die Politikerin. „Eine Entscheidung gegen die wachsende Stadt hätte schwerwiegende soziale Folgen.“

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Kölner Stadtplanungsamt: Klimafragen entscheiden sich in der Umsetzung

Eva Herr, die Leiterin des Kölner Stadtplanungsamtes, hat bei der Entscheidung für Kreuzfeld keine Bedenken hinsichtlich des Klimanotstandes. Ihres Ansicht nach entscheidet sich die Frage, ob die Planung des neuen Stadtplanes den klimatischen Notwendigkeiten angemessen ist, erst in der Umsetzung. „Ich glaube – und das ist im Entwurf ja auch angelegt – dass die Aufgabe sein wird, die Klimathemen in den nächsten Schritten umzusetzen“, sagte Herr dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Wie gehen wir mit Mobilität um, was können die Freiflächen leisten, was muss ein Energiekonzept können? Diese Themen müssen wir jetzt konkretisieren, um die Diskussion um die Klimawende mit aufzunehmen“, so Herr weiter.

Angesprochen auf das Kaltluftgebiet, das mit der geplanten Bebauung beeinträchtigt wird, betonte Herr in der Diskussionsrunde: „Das Thema ist durch Lücken im Bauplan eingepreist worden. Kreuzfeld ist mit allen Widersprüchlichkeiten lange geprüft worden. Wir sind an einem Punkt, an dem wir es umsetzen“. Der Plan der Verwaltung sei es, in der zweiten Hälfte der 20er-Jahre mit der Umsetzung zu beginnen. Auf ein Jahr, in dem der Bau spätestens begonnen wird, wollte sich Herr nicht festlegen.

Kölner Ökonom Michael Voigtländer lobt Kreuzfeld-Pläne

Der Volkswirtschaftler Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln begrüßte die Entscheidung für Kreuzfeld uneingeschränkt. „Wir haben eine erhebliche Wohnungsknappheit in Köln, das lässt sich auch in der Mietpreis-Entwicklung darstellen“, sagte Voigtländer am Montagabend. So seien die Kölner Mieten im Vergleich zu Düsseldorf und Bonn „enteilt“. „In vielen Standorten stagniert die Mietpreisentwicklung, in Köln nicht. Köln liegt hier hinten“, so Voigtsländer. Er bezog sich auf Daten des Statistischen Bundesamtes, nach denen Köln in Relation zu den Einwohnern nur weniger als halb so viele Wohnungen baut wie etwa Hamburg, Frankfurt und München.

„Wir haben die Situation, dass wir in allen Großstädten zu wenig bauen. Nicht nur Köln baut wenig, auch die Umlandgemeinden bauen zu wenig. Das ist in Leverkusen so, das ist im Rhein-Sieg-Kreis so“, betonte er. Bis 2030 könne man in Köln mit einem Zuwachs von fünf bis sechs Prozent rechnen. „Für eine Stadt wie Köln ist es ein Segen, ein solches Projekt umsetzen zu können. Man könnte es aus meiner Sicht noch dichter bauen, man macht es jetzt sehr luftig“, so Voigsländer. Nur rund die Hälfte der Fläche, die für Kreuzfeld vorgesehen ist, sollen im Siegerentwurf „Woodhood“, der nun umgesetzt wird, versiegelt werden.

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„Was hier gebaut wird, ist ja nicht für die nächsten fünf Jahre, sondern für die nächsten 50 bis 100 Jahre“, sagte Voigsländer. „Aber das Großstadt-Wachstum ist ein langfristiger Trend. Köln ist sicher eine Stadt, die auch nach 2035 noch wachsen wird. Wenn Köln auf Dauer nicht baut, wird es immer teuer. Dann sehen wir, was wir in amerikanischen Städten sehen: Dann zahlen die, die noch zahlen können und der Rest zieht nach draußen. Manche Städte haben das Problem, dass Familien mehr und mehr rausgehen. Aber was ist eine Stadt, in der kaum Familien leben?“, fragte der Ökönom.

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