Nähe zum Opus DeiUmstrittene Gesellschaft gründet Kindergarten in Köln-Weiden

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Das noch verlassene Kita-Gebäude in Köln-Weiden.

Köln – In Köln-Weiden wird bald eine neue Kita eröffnen. Das Besondere: Die Betreiber-Gesellschaft ist die gemeinnützige Kinderreich Rheinland gGmbH. Sie steht dem hoch umstrittenen „Opus Dei“ („Werk Gottes“) nahe, einer erzkonservativen katholischen Vereinigung.

Erst Ende Oktober hatte die Stadt Kinderreich Rheinland als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt. Der Jugendhilfeausschuss hatte den Antrag nach großem Zögern, aber letztlich einstimmig genehmigt. „Es wurde von Mitgliedern aller Fraktionen Beratungsbedarf angemeldet. Die Politiker haben Bedenken, weil die Personen in leitenden Funktionen des Trägers der extrem konservativen katholischen Einrichtung Opus Dei nahestehen“, sagt Ralf Heinen, der Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses.

Eigentümer haben zugestimmt

Auch die Eigentümergemeinschaft eines Wohnparks in der Straße „An der Alten Post“ in Weiden stimmte der Eröffnung der Kita in ihren Räumen mehrheitlich zu – trotz erklärter Bedenken einzelner Eigentümer.

Die kritischen Berichte über das Opus Dei hatten zwar Zweifel an dem Träger geweckt: „Wir wünschen uns Kitas, in denen keinerlei Indoktrination stattfindet, ohne Herrschafts- oder Elitegedanken, egal welcher religiöser oder politischer Richtung“, sagt Heinen. Private Gruppen könnten zwar Kindertagesstätten gründen, müssten aber nicht als Träger mit staatlicher Förderung anerkannt werden. Laut Auskunft der Verwaltung bestand für die Politik aber kein Ermessensspielraum. Die Anerkennung hätte nur verweigert werden können, wenn das Opus Dei vom Verfassungsschutz beobachtet würde. Das ist nicht der Fall.

Scharfe Kritik am Opus Dei

Das Opus Dei ist eine Organisation, an deren Wirken es regelmäßig Zweifel und Kritik gibt. Zuletzt hatte eine ZDF-Doku gezeigt, wie das Opus Dei Mitglieder unter Druck setzt und etwa zur Selbstkasteiung drängt, etwa dem Schlafen auf dem Boden. In Medienberichten wird geschildert, dass das Opus Dei versuche, vor allem im Bildungssektor Fuß zu fassen – zum Beispiel über den Betrieb von Hochschulen, Schulen und eben Kindertagesstätten. Hinter dem Rücken der Eltern, so die Befürchtung, finde womöglich eine Beeinflussung oder gar Nachwuchswerbung statt.

Kinderreich Rheinland weist jeglichen Verdacht zurück und kritisiert die anfängliche Skepsis der Kölner Politik. Die geplante Kita werde „definitiv christlich geprägt“ sein, sie sei aber keine Einrichtung des Opus Dei, sagt Geschäftsführer Joschko Rehder dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es gebe „im Kernteam ein Mitglied des Opus Dei“. Dabei handelt es sich um Vorstandssekretär Andreas Schwaderlapp, den Bruder des Kölner Weihbischofs Dominikus Schwaderlapp, der dem Opus Dei nahesteht.

Die Organisation Opus Dei

Das Opus Dei wurde 1928 von dem Priester Josemaría Escrivá (1902 bis 1975, 2002 heiliggesprochen) in Spanien gegründet, wo heute etwa die Hälfte aller Mitglieder leben. Kirchenrechtlich handelt es sich um eine „Personalprälatur“, eine Art Orden, dem Laien und Kleriker gleichermaßen angehören können.

Weltweit soll die Gemeinschaft 90.000 Mitglieder haben. In Deutschland leben nach offiziellen Angaben nur etwa 600, ein Großteil wohl in Köln. Hier befindet sich die Deutschlandzentrale. In Köln betreibt das Opus Dei bereits etliche Bildungseinrichtungen wie den Campus Müngersdorf oder das Studentenhaus Schweidt in Braunsfeld. Auch die Kölner Pfarrei St. Pantaleon ist Priestern des Opus Dei anvertraut.

Kinderreich-Funktionär Schwaderlapp begründet seinen Einsatz damit, dass ihn „die Lehre des Gründers des Opus Dei, Josemaría Escrivá, inspiriert und motiviert, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, insbesondere für eine gute Bildung.“

Im Tagesgeschäft der Kita werde das „keine unmittelbare Rolle spielen“, versichert Rehder. Die „Privatsache“ einzelner Funktionsträger dürfe jedenfalls „unseres Erachtens kein Grund zur Diskriminierung bei der Anerkennung sein.“

Das Logo von Kinderreich Rheinland ähnelt dem des ursprünglich spanischen Bildungsnetzwerks „Arenales“. Es gibt auch eine stehende Kooperation mit der 2009 gegründeten Stiftung, die ihre Verbindung zum Opus Dei ähnlich darstellt: ideell, nicht institutionell.

Christliches Menschenbild spielt „prägende Rolle“

Rehder verweist darauf, dass über die Hälfte aller durch den Jugendhilfeausschuss Köln anerkannten Träger religiös geprägt seien und staatlich unterstützt werden. „Im Klima unserer Einrichtung spielt das christliche Menschenbild die prägende Rolle“, schreibt Rehder, „große Wertschätzung für jeden Menschen als Kind Gottes, Vertrauen, Hilfsbereitschaft, Aufrichtigkeit, Selbstvertrauen, Toleranz, Verantwortung für die Schöpfung. Diese Fähigkeiten und Haltungen wollen wir bei den Kindern altersgemäß fördern.“

Kritiker vergleichen das Opus Dei mit einer Sekte. Zwar entsprächen viele seiner Positionen der offiziellen römisch-katholischen Lehre, erklärt die Journalistin und Buchautorin Christiane Florin. Das Sektiererische bestehe daher im Fall des Opus Dei nicht etwa in einer Abtrünnigkeit, sondern „gerade darin, dass die Vorgaben der Kirche nach innen besonders konsequent und unerbittlich durchgesetzt werden mit Kontrollen und Druckmitteln, mit denen ‚normale Kirchenmitglieder‘ heutzutage nicht mehr zu treffen sind“.

Machtvolles Netzwerk im Erzbistum Köln

Im Erzbistum Köln, wo das Opus Dei unter Führung eines „Regionalvikars“, des Prälaten Christoph Bockamp, seinen Deutschland-Sitz hat, wird ihm großer Einfluss auf die Bistumsleitung nachgesagt. „Ich bin überzeugt, man kann im katholischen Köln nicht Erzbischof sein gegen das Opus Dei“, sagt Christiane Florin. „Die Macht des Opus Dei resultiert in erheblichem Maße aus der Angst vor dem Opus Dei. Kein kirchlicher Würdenträger, kein Bischof stellt sich öffentlich hin und kritisiert das Opus und dessen Praktiken.“

In der Eigentümergemeinschaft in Weiden, die Kinderreich Rheinland die Kita-Räume vermietet, wurden Bedenken laut, wie die vom Träger versprochene frühkindliche Förderung aussehen werde. Bei der Vorstellung hätten Kinderreich-Vertreter gesagt, „sie wollten die Kinder erziehen“, berichtet eine Miteigentümerin, die namentlich nicht genannt werden möchte. Das aber sei doch die Aufgabe der Eltern. Dennoch stimmten die Besitzer des Gebäudes der ehemaligen Kita „Zwergenheim“ dem Mietvertrag zu. „Viele bedauern das“, kommentiert die Frau. „Der Beschluss wurde bei einer Versammlung getroffen, an der nur wenige von uns teilgenommen haben. Aber die einfache Mehrheit entscheidet nun einmal.“

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Die Immobilie hat eine unglückliche Historie. Die Kita in den achteckigen Häuschen zwischen den hohen Wohnkomplexen an der Alten Post steht seit zwölf Jahren leer. Nach einem Wasserschaden im Jahr 2009 mussten Kinder und Erzieher das Gebäude verlassen. Es folgte ein Streit mit der Stadt Köln als Mieterin, wer die Sanierung zahlen müsse. Kinderreich Rheinland will jetzt investieren und das marode Gebäude auf eigene Kosten sanieren und wiederbeleben.

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