„Warhol ist schuld“Kölner Circus-Roncalli geht nach New York

Lesezeit 3 Minuten
Das Roncalli-Zirkuszelt mit beleuchtetem Schriftzug am Abend ist zu sehen.

Der Kölner Roncalli-Zirkus gastiert ab November in New York.

Roncalli-Chef Bernhard Paul verrät dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, was der Künstler Andy Warhol mit dem neuen Gastspielort New York zu tun hat.

Den Floh habe ihm kein Geringerer als Andy Warhol ins Ohr gesetzt, sagt Roncalli-Chef Bernhard Paul. Bei einem Treffen in seinem Wohnwagen. Warhol habe seinen schwarzen Filzstift gezückt und ihm eine Zeitung gezeichnet. Dieses kleine Kunstwerk besitze er noch heute.

Das alles war in den 1980ern, als die Kunstszene am Rhein noch brodelte und Paul über einen befreundeten Galeristen aus Düsseldorf New Yorker Künstlerikonen wie Warhol oder Keith Haring kennenlernte. Die New Yorker werden den Zirkus lieben, habe Warhol ihm bei einem seiner Besuche prophezeit. „Seitdem schwirrte diese Idee immer im Hinterkopf“, verrät der 76-jährige Roncalli-Direktor dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

So hat sich das jedenfalls in der Erinnerung des gebürtigen Österreichers abgespielt, der in den darauffolgenden Jahrzehnten mit seinem Zirkus in vielen Großstädten zu Gast war. Zu seinen Karrierehöhepunkten zählt er etwa Zürich, Moskau, Sevilla und Barcelona. Doch New York, das sei schon eine „richtige Sensation, eine ganz andere Nummer“, sagt Paul. Am 8. November soll es in der US-Metropole losgehen: Ab dann gastiert Roncalli unter seinem Motto „Journey To The Rainbow“ für zweieinhalb Monate auf dem Vorplatz des Kulturzentrums Lincoln Center. Offizielle Premiere ist am 11. November.

Circus Roncalli in New York: Kostüme und Schriftzug per Schiff

Seit einem Jahr laufen die Vorbereitungen, die jetzt in die heiße Phase gehen. „Wir packen gerade“. Nächste Woche sollen die ersten Container auf ein Schiff verladen werden. Der Roncalli-Schriftzug, die typischen Zelteingänge und die eigens für das Gastspiel hergestellten Kostüme reisen mit: „Es gibt Arbeit ohne Ende“, resümiert Paul.

In den Zirkus-Werkstätten stellen Mitarbeiter derzeit unter anderem die zahlreichen Kandelaber für die Außenfront fertig und legen sie zusammen. Um die Kostüme kümmert sich traditionsgemäß die Kölner Schneiderin Maria Lucas, die die Artisten schon seit 1980 einkleidet. An Perücken mit aufwändigen Hochsteck-Frisuren, Federschmuck und Kleidern, die an der Damenmode des 18. und 19. Jahrhunderts inspiriert sind, werde angesichts der kurzen Frist gerade „Tag und Nacht“ gearbeitet, erzählt Paul.

Bernhard Paul gestikuliert

Bernhard Paul ging 1978 von Wien nach Köln.

Eine ganze Zeltstadt werden sie jedoch nicht verfrachten, das lohne sich auf diese Entfernung nicht. Deswegen kümmert sich der Veranstalter vor Ort um den Bau eines neuen Zelts, der Tribünen und Wagen. Das finanzielle Risiko dieser Investition trägt ebendieser und nicht der Roncalli-Chef.

Der New Yorker Veranstalter meint es wohl ernst mit dem Kölner Zirkus. Wie es zur Einladung kam? „Das war der Michael Cohen, der 30 Jahre lang Manager der Rolling Stones war und einer der führenden Veranstalter in New York ist. Der hat uns angerufen und uns eingeladen.“ Wenn das Projekt dort erfolgreich wird, will Paul auch langfristig dort spielen.

Obschon New York eine andere Liga sei, wirkt Roncalli-Chef Paul nicht sonderlich aufgeregt. „Klar, ein bisschen bin ich es schon“, räumt er ein. Aber er hat eben auch schon sehr viel gemacht und erlebt, seit der Roncalli gemeinsam mit André Heller im Jahr 1975 gründete und ihn zu einem der erfolgreichsten Zirkus-Projekte Europas machte. Derzeit schlage man sich noch mit bürokratischen Hürden herum, etwa mit der Abwicklung der Visa für die Artisten. Aber auch das kennt er natürlich schon.

Bei gleichzeitig neun laufenden Projekten zur selben Jahreszeit – Weihnachtsmärkte bespielen, Zirkustourneen in anderen deutschen Städten durchführen – könnte man auch den Überblick verlieren. Doch alles scheint im Griff.

Unsichere politische Zeiten, Inflation – all das macht dem krisenerprobten Zirkusdirektor jedenfalls keine Angst. „Wir können ja nicht die Hände in den Schoß legen, weil wir Panik vor der Zukunft haben. Wir sind Kämpfer.“  Und das „Vermächtnis“ eines Warhols in die Tat umzusetzen: Daran werde nicht gerüttelt. 

KStA abonnieren