Die Kölner Fahrschulkette „123fahrschule“ bietet Unterricht mit einem Fahrsimulator an. Das soll Führerscheinkosten senken.
Reform gefordertKölner Fahrschule will mit Simulatoren Kosten für Führerschein senken

Boris Polenske, Gründer der „123fahrschule“, zeigt die Fahrsimulatoren.
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Im Kreisverkehr fahren, sich beim Linksabbiegen einordnen, an einer Ampelkreuzung die Vorfahrtsregeln beachten oder einparken – um dies zu lernen, ist es nicht mehr unbedingt nötig, sich in ein Auto zu setzen und von einem Fahrlehrer begleiten zu lassen. Man kann mittlerweile auch auf dem Sitz eines Fahrsimulators Platz nehmen, der auf drei Bildschirmen das Geschehen darstellt, während man steuert, Gas- und Bremspedal bedient und den Blinker setzt. Ein Sensor registriert das Verhalten, zum Beispiel, ob man den rückwärtigen Verkehr mit dem Schulterblick bedenkt. Über Kopfhörer vernimmt man eine Stimme, die Anweisungen gibt oder auf Fehler hinweist. Zum Schluss erscheint auf einem Bildschirm eine detaillierte Auswertung; zudem kann der aufgezeichnete Vorgang abgespielt werden.
Zwei solcher Simulatoren stehen in der Filiale der „123-Fahrschule“, die jüngst in der Straße Kleine Sandkaul unweit des Heumarkts eröffnet hat. Fahrschüler und -schülerinnen können sie kostenlos nutzen, als Ergänzung zum üblichen Fahrunterricht. Boris Polenske, der die „123-Fahrschule“ vor neun Jahren in Köln gegründet hat, und Vorstandsvorsitzender Andreas Günther hoffen, die Simulatoren bald an vielen Orten systematisch als Teil der Ausbildung einsetzen zu können. Dafür ist eine Reform der Fahrschüler-Ausbildungsordnung nötig.
Führerscheinkosten zuletzt stark gestiegen
Die Veröffentlichung des Referentenentwurfs dazu ist wegen des Wechsels der Bundesregierung noch nicht veröffentlicht worden, sie wurde nach der Ernennung von Patrick Schnieder zum Bundesverkehrsminister mehrfach verschoben. Aber es soll sich etwas ändert: Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht vor, die Fahrausbildung zu reformieren, um die Kosten zu senken.

Boris Polenske und Dr. Andreas Günther und Boris Polenske von der „123-Fahrschule“ präsentieren den Fahrsimulator.
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Die durchschnittlichen Preise für einen Führerschein sind in den zurückliegenden Jahren deutlich gestiegen, und die Durchfallquote bei den Prüfungen hat sich stark erhöht, damit auch die Anzahl der benötigten Fahrstunden. Als Polenske und Günther am Montag das Konzept ihres Unternehmens, das sich als „digital getriebene Fahrschulkette“ charakterisiert, vorstellten, nannte sie als weiteren Faktor, der eine Reform notwendig mache, den „strukturelle Mangel“ an Fahrlehrern.
Neues Konzept soll Zeit und Geld sparen
Von der Reform erhoffen sie sich zweierlei: zum einen, dass der Theorieunterricht zum Teil online stattfinden kann, und zum anderen, dass ein Teil der Fahrstunden auf dem Simulator absolviert werden kann. Das Zukunftsmodell, das den beiden vorschwebt, sieht so aus: Die Theorie beginnt man mit einem zweitägigen kompakten Präsenzseminar an einem der Ausbildungszentren der Fahrschulkette. Es folgt der Online-Teil in vier möglichen Sprachen, für den man sich werktags zwischen 8 und 22 Uhr Zeit nehmen kann. Gleichzeitig trainiert man auf einem Simulator, Schaltwagen zu fahren, dafür sind in ihrer Vortellung mindestens zehn Fahrstunden vorgeschrieben.
Die praktische Ausbildung soll dann beginnen, wenn der digitale Fahrlehrer sein Einverständnis gibt. Meist absolviert man diesen Teil der Ausbildung in zwei bis drei Wochen mit je drei Doppelstunden pro Woche. Das Ziel: bei weniger Zeitaufwand schneller fertig zusein und Geld zu sparen. Auf Seiten der Fahrschule liege dies daran, dass ein Simulator nur halb so viel koste wie ein Auto, „und er macht keinen Urlaub und wird nicht krank“, so Polenske. Günther fügte hinzu, das Bezahlmodell stehe noch nicht fest. Beispielsweise könne man eine Flatrate für die Simulator-Nutzung verlangen oder 35 Euro für eine Stunde.
Fahrschüler loben „realitätsnahe“ Simulation
Nach eigenen Angaben ist die Firma, die auch eigene Fahrlehrer ausbildet, die größte Fahrschulkette Deutschlands im Segment des Führerscheins der Klasse B., also für PKW. Zurzeit betreibt sie 163 Filialen, davon acht in Köln und Umgebung. Und sie will weiter wachsen, auf bis zu 200 Standorte in den nächsten Jahren. 2024 hat sie ein Unternehmen hinzuerworben, das auf die Entwicklung von LKW-, PKW- und Bus-Simulatoren spezialisiert ist. „Wir sind keine typische Fahrschule um die Ecke, sondern ein Technologie-Unternehmen mit angeschlossener Fahrschule“, sagte Polenske. Der Markt ist gewaltig: Im vorigen Jahr wurden 1,5 Millionen Führerscheine ausgegeben, davon etwa eine Million der Klasse B.
Fahrschülerin Ildiko Basa lobte, die Simulation sei „realitätsnah“, und die sofortigen Rückmeldungen seien hilfreich. Sie ist 49 und will den Führerschein haben, bevor sie im Januar 50 wird. Um eine Schwäche weiß sie: „Abwürgen ist meine Spezialität.“