Kölner GymnasienViele Anmeldungen trotz Realschul-Empfehlung – „Hohe psychische Belastung“

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Kinder sitzen in einem vollen Klassenraum vor ihren Tablets.

Die Schulempfehlung darf bei der Aufnahmeentscheidung an den Gymnasien keine Rolle spielen.

Inzwischen wird die Hälfte aller Kölner Viertklässler auf dem Gymnasium angemeldet.

Seit dieser Woche läuft in Köln das Anmeldeverfahren für Gymnasien, Real- und Hauptschulen. Den mit Abstand größten Zulauf haben dabei die Gymnasien, so dass viele wohl auch in diesem Jahr Anmeldeüberhänge verzeichnen werden.

In den vergangenen Schuljahren wurden laut den Zahlen des Amts für Schulentwicklung zwischen 46 und 50 Prozent der Kölner Viertklässler auf dem Gymnasium angemeldet. Zum Vergleich: Auf den Gesamtschulen wurde gut ein Viertel der Schülerinnen und Schüler angemeldet, bei den Realschulen waren es zwischen 18 und 21 Prozent der Kinder. An den Kölner Hauptschulen sind es vier bis sechs Prozent der Kölner Viertklässler.

Dabei macht vielen Gymnasialschulleitungen Sorge, dass in den vergangenen Jahren vermehrt Kinder angemeldet wurden, die keine uneingeschränkte Gymnasialempfehlung haben. „Es gibt sogar Eltern, die ihr Kind mit einer Hauptschulempfehlung am Gymnasium anmelden“, sagt Antje Schmidt, Schulleiterin des Albertus-Magnus-Gymnasiums.

Auch Barbara Wachten, Schulleiterin des Dreiköngigsgymnasiums kennt solche Fälle. „Die Herausforderung ist, den Eltern deutlich zu machen, was das für ihr Kind bedeuten kann, wenn es angemeldet wird, obwohl es vielleicht schon in der Grundschule nur auf „ausreichend“ in Mathematik kam. Und dass sie ihm damit keinen Gefallen tun.“ Die psychische Belastung für ein Kind, das vom ersten Tag an gegen Überforderung und um Anschluss kämpfen muss und dann am Ende vielleicht doch scheitert, sei nicht zu unterschätzen.

Knapp neun Prozent der Kinder mit Realschulempfehlung werden an dem Gymnasium angemeldet

Laut den Zahlen der Stadt gehen von den Schülerinnen und Schülern, die nur eine eingeschränkte Gymnasialempfehlung bekommen, jedes Jahr in Köln zwischen 50 und 60 Prozent auf ein Gymnasium über. Auch acht bis neun Prozent der Kinder mit Realschulempfehlung werden in Köln an einem Gymnasium angemeldet.

Während man Kinder mit einer uneingeschränkten Gymnasialempfehlung einfach anmelden kann, müssen Eltern, deren Kinder diese uneingeschränkte Empfehlung nicht haben, zuvor ein Beratungsgespräch mit der Schule wahrnehmen. „Das ist gesetzlich vorgeschrieben und das macht auch Sinn“, erläutert Schulleiterin Antje Schmidt.

Das Albertus-Magnus-Gymnasium geht sogar noch einen Schritt weiter: Hier müssen die Eltern bei nicht uneingeschränkter Gymnasialempfehlung zusätzlich noch ein Hinweisschreiben unterzeichnen: Dort sind nicht nur die Anforderungen eines Gymnasiums beschrieben. Hier steht auch drin, dass es im Gymnasium – anders als an Gesamt- oder Realschulen - nur wenig Zeitfenster gibt, um auf schwächere Schüler einzugehen.

„Kinder, die schon in der Grundschule in den Hauptfächern befriedigend oder schlechter stehen, haben kaum Chancen, die Erprobungsstufe ohne Schwierigkeiten zu bestehen“, steht da. Gleichzeitig werden die Eltern darauf hingewiesen, dass man bis zum Ende der sechsten Klasse, wenn die Erprobungsstufe endet, an die Schule gebunden ist, auch wenn schnell Schwierigkeiten auftauchen. „Ein vorzeitiger Wechsel an eine andere Schulform ist aufgrund der Schulplatzsituation in Köln kaum noch möglich“, heißt es.

Die Empfehlung darf keinen Einfluss auf Aufnahmeentscheidung haben

Dem Vorwurf von Eltern, dass hier Druck aufgebaut werde oder das Gymnasium förderintensive Fälle fernhalten wolle, treten Gymnasialschulleitungen entschieden entgegen: „Das Gymnasium hat einfach eine andere Ausrichtung als etwa eine Gesamtschule. Und das muss man auch transparent machen, um Kindern leidvolle Erfahrungen und Misserfolge zu ersparen“, sagt Antje Schmidt.

Der größere Teil der Eltern bleibt trotz der Beratung bei der Entscheidung, auf dem Gymnasium anzumelden. Einen Einfluss auf die Aufnahmeentscheidung darf die Schulempfehlung dann laut Schulgesetz NRW ausdrücklich nicht haben. Wenn die Schule als Aufnahmekriterium das Losen oder die Schulweglänge gewählt hat, geht die Sache dann nicht selten so aus, dass ein Kind mit Realschulempfehlung einen Platz bekommt, während dann ein Kind mit uneingeschränkter Empfehlung Lospech hat und eine Ablehnung bekommt.

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