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„Habe geweint“Cirque Buffon zeigt spektakuläre Weihnachtsshow in Kirche am Brüsseler Platz

4 min
Das Bild zeigt Seilakrobatin Helena Jans.

Seilakrobatin Helena Jans zeigt eine überwältigende Mischung aus Kraft, Körperspannung und Flexibilität.

„Célébration“ läuft noch bis zum 4. Januar. Bei der Premierenshow am Mittwochabend konnte der unkonventionelle Zirkus überzeugen.

Aus den Fenstern der Sankt-Michael-Kirche scheint ein tiefrotes Licht, das den Brüsseler Platz mit einem eigentümlichen Glanz überzieht. Fast wirkt es, als würde der Platz selber diesen dunkelroten Farbton in den Nachthimmel hinausscheinen. Im Innenraum der drittgrößten Kirche Kölns ergänzen Dutzende bunte Laternenlichter, die von der Decke herabhängen, die roten Scheinwerferlichter. Dieser farbenfrohe Schimmer, die sakrale Ausstrahlung des Gotteshauses und der Klang einer Geige, der sanft durch die Kirche tönt, tauchen Sankt Michael in die Atmosphäre einer poetischen Traumwelt.

Genau das ist auch das Ziel der diesjährigen Ausgabe der „Cirque Buffon Weihnachtsshow“, die am Mittwochabend Premiere feierte. Unter dem Titel und Motto „Célébration“ zeigt der unkonventionelle Zirkus eine Show mit Clown-Slapstick, akrobatischen Meisterleistungen und eigenen musikalischen Kompositionen. Den Alltag vergessen, das Leben entschleunigen und sich für zwei Stunden in den Bann einer fantastischen Illusion ziehen lassen – darum geht es bei „Célébration“.

„Kirche für Köln“ und Cirque Buffon

Gerade heute wirkt das Verlangen nach einer alternativen Traumwelt sehr aktuell. Dabei gibt es die Weihnachtsshow des Cirque Buffon bereits zum fünften Mal und von Anfang an in der Sankt-Michael-Kirche. Ausschlaggebend für die Wahl des außergewöhnlichen Veranstaltungsortes ist das Konzept „Kirche für Köln“. Dessen Ziel ist, eine junge, neugierige Kirchengemeinde zu schaffen, die offen für neue Formen religiöser Erfahrungen ist: „Ein Zirkus, der verzaubern will, in einer Kirche, die verwandeln will – das passt vorzüglich zusammen“, meint das Team von „Kirche für Köln“.

Das Bild zeigt die beiden Clowns Goos Meeuwsen und Helena Bittencourt.

Die beiden Clowns – passenderweise als Engel verkleidet – moderieren mit Slapstick durch den ganzen Abend.

Und tatsächlich wirkt die Show auch gerade wegen des sakralen Ambientes besonders atmosphärisch. Das geheimnisvolle Spiel aus Licht und Dunkel und die musikalische Untermalung waghalsiger Akrobatennummern mit Orgelmusik gehören zu den eindrucksvollsten Elementen der Show.

Diese beginnt jedoch zunächst recht locker. Goos Meeuwsen und Helena Bittencourt, Co-Regisseure der Weihnachtsshow, leiten den Abend mit einer Slapstick-Nummer ein, bei der sie imaginären Popel und Nasenschleim pantomimisch wie einen Basketball dribbeln und in eine Tüte werfen. Die beiden Clowns – passenderweise als Engel verkleidet – moderieren durch den ganzen Abend und leiten von einem Act zum anderen. Das machen sie allerdings, ohne ein einziges Wort zu sprechen. Gestik und Mimik allein reichen aus, um das Publikum in Lachkrämpfe zu versetzen.

Das Bild zeigt Sergej Sweschinski am Kontrabass.

Sergej Sweschinski am Kontrabass hat die meisten Lieder des Abends eigens komponiert.

Sprachlos sind nicht nur die Clowns, sondern auch die Zuschauer, als daraufhin die erste Akrobatin die Bühne im Kirchenschiff betritt. Helena Jans zeigt eine überwältigende Mischung aus Kraft, Körperspannung und Flexibilität, während sie verschiedene Figuren vorführt. Was bereits auf dem Boden staunenswert gewesen wäre, zeigt die Luftakrobatin an einem Seil schwingend in gut fünf Metern Höhe.

Noch beweglicher ist Louis-Thomas Gauthier; es scheint fast so, als wären seine Knochen aus Gummi. So kann er sein linkes Bein hinter dem Rücken so weit beugen, dass er sich mit dem Fuß auf die eigene Schulter klopft. Auch einen vertikalen Spagat vollführt er, während er sich kopfüber einarmig in die Luft stützt und seinen Unterkörper um 90 Grad zur Seite beugt. Dabei dreht er sich – noch immer nur auf eine Hand gestützt – dann auch noch im Kreis, und vollführt das gesamte Manöver mit einer Leichtigkeit, als wäre es nur sein Aufwärmprogramm.

Haarbalance aus Ecuador

Besonders steigt die Spannung an, als sich José Cuenca Torres und Byron Malquin Castillo auf die Bühne begeben. Die beiden Ecuadorianer haben ihr langes Haar in einem Dutt zusammengebunden, in den sie einen eisernen Ring eingeflochten haben. Diesen Ring befestigen sie an einem Seil, das sie hoch über die Köpfe der Zuschauer zieht. Dort drehen sie sich blitzschnell um die eigene Achse, schwingen in weiten Bewegungen durch die Kirche, verrenken sich in die verschiedensten Figuren. „Das war der Höhepunkt für mich“, resümiert nach der Show Besucherin Anne Mettmer aus Köln. Und Sebastian Benjamin, der extra für den Zirkus aus Overath angereist ist, sagt: „Ich habe geweint, so sehr hat mich die Show berührt.“

Das Bild zeigt die Lichtshow in der Sankt-Michael-Kirche.

Die Lichtshow wirkt in der Sankt-Michael-Kirche besonders atmosphärisch.

Zwischen diesen und weiteren Acts, etwa Jonglage oder Cyr-Rad, lockern immer wieder musikalische Einlagen die Stimmung auf. Komponiert wurden diese größtenteils von Sergej Sweschinski, der an seinem Kontrabass gemeinsam mit Jana Mishenina an der Violine und Nastja Schkinder am Akkordeon live spielt. Der Gesang dazu kommt von Anja Krips.

„Célébration“ von Regisseur Frédéric Zipperlin läuft noch bis zum 4. Januar 2026. Tickets für die Show sind online erhältlich und kosten zwischen 36,50 und 70,25 Euro.