Einzelhandel in KölnWie der Leerstand in der Kölner Innenstadt auch zur Chance werden kann

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Die Schildergasse voller Passanten

Die Schildergasse ist weiterhin eine der beliebtesten Einkaufsstraßen in Deutschland.

Die Wirtschaftsförderung Köln-Business hat bei einer Konferenz zur Zukunft der Innenstadt neue Daten über Leerstände bekannt gegeben.

Geht man durch die Hohe Straße, dann sieht es düster aus: Leerstände, Baustellen, Billigläden beherrschen das Bild. Doch nach den neuesten Zahlen der Wirtschaftsförderung Köln-Business ist die Lage in der Innenstadt insgesamt keineswegs so besorgniserregend. Zwar stünden 6,6 Prozent der Ladenlokale in der Innenstadt leer. Im Vergleich zu anderen Städten sei das jedoch ein niedriger Wert. Seit 2022 sei der Leerstand marginal um 0,1 Prozentpunkte gestiegen, das seien sieben Ladenlokale.

Dies ergab eine Erhebung, die die Agentur „Stadt und Handel“ im Auftrag von Köln-Business von Oktober bis November 2023 durchgeführt hat. Hierfür wurden 3253 gewerbliche Erdgeschossnutzungen in den zentralen City-Lagen – überprüft. Stadtweit liege der Leerstand bei 3,7 Prozent bei insgesamt 30.000 Gewerbeflächen.

„Stadtreparatur“ an der Hohe Straße

Vorgestellt wurden die Zahlen am Mittwoch bei einer großen Einzelhandelskonferenz zur Zukunft der Innenstadt im Antoniterquartier. Rund um das Vorzeigeprojekt mit Gastronomie und einem schönen Platz zum Sitzen stehen auf der Schildergasse nach der Erhebung 2,9 Prozent der Einzelhandelsflächen leer. Das entspreche praktisch einer Vollvermietung. Auf der Hohe Straße sind es allerdings tatsächlich wesentlich mehr leere Ladenlokale, nämlich 8,7 Prozent.

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Visualisierung des geplanten Umbaus des ehemaligen „Silber Becker“-Hauses an der Hohe Straße mit großer Dachterrasse

Visualisierung des geplanten Umbaus des ehemaligen „Silber Becker“-Hauses an der Hohe Straße

Den Unterschied erklären die Experten so: Die Hohe Straße ist geprägt von einer kleinteiligen Ladenlokal-Struktur und in die Jahre gekommener Nachkriegsbebauung. Dass derzeit viel umgebaut oder ganz neu gebaut wird, sei durchaus positiv und ein Zeichen des Strukturwandels. Hier soll zum Beispiel das ehemalige „Mantelhaus Görtz“-Gebäude demnächst umgestaltet werden. Auch an der Ecke zur Großen Budengasse werden mehrere kleine Gebäude abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt.

Clou wird hierbei eine über eine Außentreppe für jedermann zugängliche Dachterrasse mit Café sein. In beiden Fällen investiert das Unternehmen Ehret und Klein aus Starnberg und bezeichnet die Vorhaben als „Stadtreparatur“. Auch der Riegel zwischen Uniqlo und dem ehemaligen Wempe-Sitz am Knick zur Schildergasse ist schon leer und soll eine einheitliche Struktur erhalten.

Ein Neubau mit Dachterrassen-Café wird drei kleine Häuser an der Ecke Hohe Straße/ Große Budengasse ersetzen.

Ein Neubau mit Dachterrassen-Café wird drei kleine Häuser an der Ecke Hohe Straße/ Große Budengasse ersetzen. Das Dach wird über die gelbe Treppe für Passanten erreichbar sein.

Die Schildergasse mit ihren breiteren Laden-Fronten biete grundsätzlich bessere Bedingungen. Hier hat es auch schon größere Investitionen gegeben. Aktuell entsteht ein Neubau an der Ecke Herzogstraße am ehemaligen Benetton-Standort. Umgebaut werden auch die ehemaligen Häuser von Karstadt Sports und Esprit neben Galeria Kaufhof.

„Von Verödung kann auf keiner der beiden Straßen die Rede sein“, so Manfred Janssen, Geschäftsführer der städtischen Tochter Köln-Business. Die Nachfrage nach Flächen sei weiter hoch. Und: Leerstände seien in vielen Fällen auch nur vorübergehend, die Räume seien oft schon wieder vermietet, könnten aber zum Beispiel wegen eines geplanten Umbaus nicht sofort wieder genutzt werden.

Kölner „Weltstadthaus“ von Peek & Cloppenburg will sich wandeln

Die Kölner Einkaufsstraßen zählen nach wie vor zu den zehn beliebtesten in Deutschland: Laut der Kölner Firma Hystreet, die bundesweit Passanten-Zahlen mit in Straßen installierten Laserscannern misst, waren 2023 rund 21 Millionen Menschen auf der Schildergasse unterwegs, auf der Hohe Straße etwa 17 Millionen.

Doch damit das so bleibt, müssten sich die Straßen umstellen, denn die Bedeutung des Einzelhandels schrumpft, so Janssen. Auf Hohe Straße, Schildergasse, Breite Straße und Ehrenstraße dominiert der Einzelhandel allerdings mit 77 Prozent immer noch deutlich. Gastronomie folgt mit rund 14 Prozent, Dienstleistungen mit 7 Prozent. Passanten wünschten sich in einer Befragung mehr Gastro-Angebote und Aufenthaltsorte.

Dazu passt, dass Peek & Cloppenburg eine 100 Millionen Euro schwere Investition in das ehemalige Voegels-Gebäude nebenan angekündigt hat. Hier sollen unter anderem Büros, eine Eventhalle und möglicherweise auch eine Kindertagesstätte entstehen. Außerdem soll die bisher nicht zugängliche Kuppel des „Weltstadthaus“ für die Öffentlichkeit geöffnet werden. Im ehemaligen Kämpgen-Haus schräg gegenüber wird bald eine Boulderhalle eröffnen.

„Die Vorlieben der Menschen ändern sich und damit auch unsere Einkaufsstraßen. Der Einzelhandel ist weiter wichtig, aber innovative Konzepte aus Gastronomie, Dienstleistung, Freizeitwirtschaft und Kultur schaffen neue Anziehungspunkte“, sagt Janssen. Mischnutzung heißt das Zauberwort. 

Positive Nachrichten gibt es aus den Veedeln. Hier sind die Einkaufsstraßen im Vergleich zum Vor-Pandemie-Jahr 2021 beliebter geworden: Menschen kommen häufiger, bleiben länger und besuchen mehr Geschäfte. Dies ergab eine Befragung von rund 2400 Passanten in zwölf Bezirkszentren. 58 Prozent gaben 2023 an, zwei bis fünf Geschäfte am Befragungstag besuchen zu wollen, das sind 13 Prozentpunkte mehr als 2021.  31 Prozent sagten, dass sie mehr als zwei Stunden dort verbringen wollen – 15 Prozentpunkte mehr als 2021. „Die Besucher sind zurück in den Veedeln“, so Janssen.

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