Kölner Innenstadt„Wir bleiben außen vor“ – Denkmalschutz verhindert Barrierefreiheit

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Die Anwohner der Residenz am Dom möchten die Kirche besuchen – doch ein barrierefreier Zugang ist nicht in Sicht.

Köln-Innenstadt – „Wir kommen seit drei Jahren nicht mehr in die Kirche. Wie soll man denn da mit einem Rollstuhl hochkommen?“, fragt Rosita Wolf und deutet auf drei Stufen in der Vorhalle der Basilika St. Andreas. Die 80-jährige Bewohnerin der benachbarten Residenz am Dom fordert zusammen mit anderen Senioren und Seniorinnen eine baldige Lösung, damit auch Ältere, die auf Gehhilfen angewiesen sind, Messen, Konzerte und Ausstellungen im rund 800 Jahre alten Gotteshaus uneingeschränkt besuchen zu können.

Kölner Innenstadt: Rollstuhlfahrer fordern barrierefreie Kirche

„Ich habe eine starke Bindung zur Religion und glaube, dass viele Leute aus unserer Residenz hier beten oder das Grab des heiligen Albertus Magnus sehen möchten. Das geht für mich als Rollstuhlfahrerin nicht, obwohl es meine Pfarrkirche ist“, zeigt sich auch Erika Dahlen enttäuscht.

Man habe ihr vor einigen Monaten empfohlen, bei Problemen Besucher oder Passanten um Hilfe zu bitten. Doch dies sei in ihren Augen keine Lösung, zudem stelle es für sie eine Überwindung dar, Fremde anzusprechen.

Betroffene boten Beteiligung an Ausbau an – vergeblich 

Der Wunsch nach Barrierefreiheit ist bei den Seniorinnen und Senioren so groß, dass gar eine Beteiligung an den finanziellen Aufwendungen für eine Rampe durch private Spenden infrage käme. „Natürlich sind wir zu einer Beteiligung bereit. Wir fordern nicht nur. Es ist doch so, wir wollen sonntags in unsere Kirche gehen, und das ist nicht möglich“, sagt Wolf.

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Die Senioren wollten sich finanziell am Ausbau beteiligen, konnten die Kirche aber dennoch nicht überzeugen.

Doch eine kurzfristige Veränderung der Situation erscheint unrealistisch. Als Grund dafür nennt die Kirche Auflagen des Denkmalschutzes. Nach Beratungen mit dem damaligen Stadtkonservator Ulrich Krings und dem Rheinischen Amt für Denkmalpflege sei nach Verlautbarungen des Erzbistums festgestellt worden, dass die bauliche Situation einem behindertengerechten Zugang entgegensteht und die Anlage von barrierefreien Rampen in der Vorhalle von St. Andreas einen zu großen Eingriff in die historische Bausubstanz darstelle.

Denkmalschutz wichtiger als Barrierefreiheit?

So wurde der Vorschlag zu einem erleichterten Zugang von der Vorhalle in die Kirche bereits 2004 diskutiert und 2005 umgesetzt, informierte die Kirche auf Anfrage. Im Zuge der damaligen Maßnahmen erfolgte eine Verbreiterung der drei Stufen vor dem südlichen Eingang in der Vorhalle, um mehr Platz für das Absetzen von Rollatoren zu ermöglichen. Auch seien die einstigen Holztüren zum Kircheninnenraum durch Glastüren ersetzt worden, mit der Absicht, einen Sichtkontakt zu gehbeeinträchtigen Besucherinnen und Besuchern herzustellen.

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„Die derzeitige bauliche Gestaltung ist – nach reiflicher planerischer Überlegung und intensivem Meinungsaustausch mit den beteiligten Gruppen – der Kompromiss zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und dem Wunsch nach Barrierefreiheit“, erklärt Dagmara Kowalkowski von der Pressestelle des Erzbistums Köln. Gleichwohl erkenne man, dass die derzeitige bauliche Gestaltung keine optimale Lösung darstelle. Das Bistum sei daher grundsätzlich offen für Verbesserungsvorschläge, so Kowalkowski.

Rollstuhlfahrer: "Wir haben nicht mehr so viel Lebenszeit"

Die Aussagen lassen Rosita Wolf und ihre Mitstreitenden verwundert zurück: „Wir bitten die Kirche seit Jahren um Abhilfe und haben sogar mit einem Unternehmen Kontakt aufgenommen, das sich auf die Lieferung mobiler Rampen spezialisiert hat. Vor allem aber haben wir nicht mehr so viel Lebenszeit, um ewig zu warten. Hier geht der Denkmalschutz vor den Belangen der Menschen. Wir bleiben außen vor.“

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