Kölner EigelsteinHändler beklagen Zunahme der Straßenprostitution

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Straßenszene am Eigelstein.

Straßenszene am Eigelstein.

  • Bei verstärkten Kontrollen am Eigelstein sind zuletzt mehrere Verstöße gegen die Sperrbezirk-Ordnung geahndet worden.
  • Händler befürchten durch die zurückgekehrte Straßenprostitution Umsetzeinbußen.
  • Der Handelsverband moniert ein „weiteres Imageproblem“ am Eigelstein.

Innenstadt – Die Straßenprostitution auf dem Eigelstein ist zurück – und viele Einzelhändler fürchten um ihre Kundschaft.

Wer etwas über die aktuellen Ausmaße erfahren will, braucht nur fünf Minuten in einer der Traditionsbäckereien des Veedels Platz nehmen und den Verkäuferinnen lauschen. „Hautenge Outfits, den Bauch betont, Handtaschen – die erkennt man bereits von weitem“, erklärt eine. Immer wieder lenkt sie die Aufmerksamkeit hinaus aus dem Fenster auf vorbeiziehende Damen – man kennt sich inzwischen.

„Die Situation hemmt die Kaufkultur“, ist sie überzeugt. Man dürfe sich aber nichts vormachen: Der Eigelstein sei schon immer ein Rotlichtmilieu gewesen, und das auch schon zu Napoleons Zeiten. Ihr täten die Frauen – viele von ihnen stammen aus Bulgarien – leid.

Eine weniger milde Bewertung der Lage gibt es in der Metzgerei Becker-Welter: „Früher konnte man hier als Mann noch in Ruhe über die Straße gehen. Da hat sich heute sehr verändert. Auch viele Ältere haben inzwischen Angst“, beschwert sich eine Mitarbeiterin. Viele der Stammkunden würden den Eigelstein inzwischen meiden. „Der Wert des Viertels ist verloren gegangen. Erst hat Stadt die Anwohner bei der Erneuerung der Straße zur Kasse gebeten, und nun das“, ärgert sie sich.

Besorgniserregend findet sie vor allem, dass sich das Geschäft mit der käuflichen Liebe zuletzt immer weiter die Straße hoch nach Norden ausgedehnt habe. „Ich freue mich schon auf meine Rente, weil ich dann nicht mehr täglich hierher muss“, sagt sie. Weggezogen aus dem Veedel sei sie wegen der Probleme schon längst.

Deutliche Worte findet auch ein Werkstattinhaber: „Wenn es nicht besser wird, muss man notfalls den Kneipen, vor und in denen viele der Anbannungsgespräche stattfinden, die Konzession entziehen.“ Seinen Namen möchte er wie viele der Befragten lieber nicht in der Zeitung lesen. Die Angst vor Zuhältern und Hintermännern der Frauen ist zu groß.

Organisiert und informiert

Diese seien darüber hinaus zumeist bestens organisiert und informiert, berichtet die Chefin einer Modeboutique: „Sind Leute vom Ordnungsamt unterwegs, sind ihre Frauen ratzfatz weg von der Straße.“ Sie findet, dass die Polizei noch besser als bisher mit den Anwohnern zusammenarbeiten müsste. Eine ihrer Angestellten ergänzt: „Ich gehe hier tagsüber nicht mehr alleine vor die Tür, wenn es nicht sein muss“. Erst vor wenigen Tagen habe eine Kundin ihr von einer Verwechselung erzählt, bei der ein Freier sie für eine der Prostituierten gehalten habe. „In was für ein ekliges Viertel habe ich mich denn hier verlaufen“, sei der Kommentar der Kundin auf den Vorfall gewesen.

Besorgt gibt sich auch Jörg Hamel vom Handelsverband NRW: „Köln hat derzeit viele Imageprobleme – und das ist ein weiteres zum verkehrten Zeitpunkt. Die Stadt sollte sich dringend Gedanken machen, wie sie das wieder in vernünftige Bahnen lenkt.“ Das wäre aus seiner Sicht auch im Interesse der Prostituierten, denen wohl kaum daran gelegen sei, auf der Straße zu arbeiten.

In der Antoniusstraße in Aachen, wo ein ähnliches Straßenstrich mitten in der Innenstadt existiere, hätten neue Regeln zu einer Entschärfung der Lage beigetragen, so Hamel.

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