Anwohner und umliegende Gewerbetreibende hatte die Bundespolizei vorher bewusst nicht über die Übung informiert.
Im Kölner HauptbahnhofPolizei probte mit Platzpatronen und Kunstblut für den Ernstfall

Die Bundespolizei hat in der Nacht auf Donnerstag einen Antiterror-Einsatz im Kölner Hauptbahnhof geübt.
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Schüsse aus Übungsgewehren hallen durch den Kölner Hauptbahnhof und die Umgebung. Scheinbar in Panik laufen Menschen über die Bahnsteige und durch die Passagen und schreien vor Angst. Es sind Statisten; Kunstblut und professionelle Kosmetik lassen ihre schweren Verletzungen echt erscheinen. Diese Szenen haben sich in der Nacht zum Donnerstag hinter Sichtschutzzäunen im Bahnhof abgespielt, abgeschirmt von der Öffentlichkeit.

Polizisten stehen während der Übung im Kölner Hauptbahnhof.
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Denn in Köln haben Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr ab Mittwochabend für einige Stunden den Ernstfall geprobt, Szenarien, in denen schwer bewaffnete Menschen auf Unbeteiligte schießen. Die Bundespolizei spricht von einer sogenannten „Lebel“-Lage, die geprobt wurde. Die Abkürzung steht für „Lebensbedrohliche Einsatzlage“. Was genau sich in dem eigens abgesperrten Bereich des Bahnhofs abgespielt hat und was im Einzelnen trainiert wurde, teilte die Behörde nicht mit.
Köln: Vorbereitung für Übung im Hauptbahnhof dauerte ein Jahr
Ein Jahr lang haben Planer die Übung vorbereitet. Federführend war die Bundespolizeidirektion St. Augustin, die auch für den Bereich Köln zuständig ist. Ähnliche Übungen gab es in den vergangenen Jahren zum Beispiel an den Flughäfen in Köln und Düsseldorf und in den Hauptbahnhöfen in Münster und Frankfurt. Neben 20 Bundespolizisten waren in Köln auch je 30 Einsatzkräfte von Landespolizei und Feuerwehr dabei. Inklusive Statisten, Planern, Beobachtern, Einsatztrainern und Absperrkräften waren insgesamt 300 Menschen beteiligt.
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Geprobt wurde der sogenannte Erstangriff: Streifenbeamte, die im Ernstfall etwa bei einem Anschlag die ersten Polizisten vor Ort wären, mussten die Täter identifizieren und überwältigen. Außerdem standen „Kommunikationsabläufe und Führungsstrukturen“ im Fokus sowie das Zusammenwirken der verschiedenen Sicherheitsbehörden, teilte die Bundespolizei mit, ohne Details zu nennen. Spezialeinheiten wie etwa die Anti-Terror-Einheit GSG9 waren nicht dabei.
Köln: 80 Polizisten und Feuerwehrleute trainieren für den Ernstfall
Für die rund 80 Polizisten und Feuerwehrleute sollte alles so realistisch wie möglich wirken. Statisten wurden mit Spezialeffekt-Makeup täuschend echt aussehende Verletzungen aufgetragen. Vorangegangene Übungen hatten gezeigt, dass die beteiligten Polizistinnen, Polizisten und Feuerwehrleute durch die wirklichkeitsnahen Umstände ähnlich stark unter Stress stünden wie in einer realen Situation. Es sei auch durchaus gewollt, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an ihre Leistungsgrenzen kämen, hatte ein Einsatzleiter der Bundespolizei 2018 anlässlich der Übung im Flughafen Köln-Bonn gesagt.

Einsatzfahrzeuge der Polizei stehen in der Nähe des Hauptbahnhofs.
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Anders als vor sieben Jahren, als die Sicherheitsbehörden die Übung am Flughafen Tage vorher öffentlichkeitswirksam angekündigt hatten, verzichtete die Bundespolizei diesmal bewusst darauf, Anwohner rund um den Hauptbahnhof, anliegende Gastronomen, Touristen, Reisende, Passanten oder Weihnachtsmarktbetreiber vorab über die geplante Übung zu informieren. Nur die Geschäftsleute im Bahnhof wussten Bescheid. Wegen Bauarbeiten der Deutschen Bahn ist der Kölner Hauptbahnhof zurzeit für den Regional- und Fernverkehr gesperrt, in der Nacht zum Donnerstag fuhren auch keine S-Bahnen – allerdings nicht wegen der Polizeiübung, das war ohnehin so vorgesehen.
Erst ab etwa 19.45 Uhr hängte die Bundespolizei Plakate mit Infos über die Übung im Bahnhof auf, zeitgleich wurden die Sichtschutzzäune errichtet. Auch eine Telefon-Hotline der Bundespolizei (02241-238 7777) für möglicherweise verängstigte Augen- oder Ohrenzeugen wurde geschaltet. Denn schon vorab war klar, dass das Training am zentralsten Ort der Stadt mit Knallgeräuschen und Schreien einhergehen würde.
Lokale Medienvertreter hatte die Bundespolizei vorab zwar über die Hintergründe und den geplanten Zeitraum der Übung informiert, allerdings unter Einhaltung einer so genannten Sperrfrist darum gebeten, nicht vor 19.45 Uhr am Mittwoch zu berichten. Unter einer Sperrfrist versteht man eine zeitliche Vorgabe, ab wann bestimmte Informationen veröffentlicht werden dürfen. Eine solche Vereinbarung ist nicht unüblich. Rechtlich ist die Einhaltung nicht zwingend, sie gilt aber in der Praxis als verbindliche Absprache. Mit der Sperrfrist für die Medien, so die Bundespolizei, wollte man verhindern, dass sich Schaulustige am Hauptbahnhof versammeln.

