Wie das Verkehrsdezernat der Stadt Köln mit immer neuen Argumenten eine Buszufahrt zu den Kreuzfahrtschiffen am Rheinufer behindert.
Reisebusse am RheinuferJetzt steht ein Blumenbeet im Weg – Stadt Köln findet neue Argumente

Zugewachsen und mit Sperrzaun versehen: Das Blumenbeet (links) macht die Ausfahrt an der Bastei nach Auffassung der Stadtverwaltung für Reisebusse unpassierbar. Foto: Arton Krasniqi
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Seit mehr als drei Jahren sucht die Stadtverwaltung nach einer Lösung, wie Tausende Passagiere am Rheinufer gefahrlos und bequem in die Reisebusse umsteigen können. Bisher ist sie keinen Millimeter weitergekommen. Das neueste Hindernis ist ein zehn Meter langes und ein Meter breites ungepflegtes Blumenbeet an der Bastei-Ausfahrt. Das Protokoll eines Scheiterns.
April 2022: In Höhe der Bastei sperrt die Stadt die nördliche Abfahrt zum Rheinufer. Der denkmalgeschützte Bau ist derart baufällig, dass ein Stützgerüst eingezogen werden muss. Ab sofort können Reisebusse das Rheinufer nicht mehr anfahren. Deshalb parken sie zwangsweise auf der Rheinuferstraße.
Lebensgefährliche Parkmanöver
24. Juli 2024: „Lebensgefährliche Parkmanöver am Rheinufer“ titelt der „Kölner Stadt-Anzeiger“. Schiffscrews wuchten das Reisegepäck die steilen Treppen hoch. Passagiere mit Koffern und Taschen blockieren den Radweg und bringen sich beim Be- und Entladen der Busse zum Teil in lebensgefährliche Situationen. Die Zustände seien bekannt, teilt die Stadt mit, sehe aber keine kurzfristige Lösung. Der Abschnitt an der Bastei sei für den Busverkehr nicht ausgelegt, „wenn er auch in der Vergangenheit zu diesem Zwecke genutzt und geduldet wurde“. Ob und wann die Zufahrt für Reisebusse wieder möglich sein wird, könne man nicht absehen. Die Bus-Unternehmen seien verantwortlich, „einen geeigneten und sicheren Ort des Ein- und Ausstiegs zu bestimmen. Wenn es hier zu Gefährdungen aufgrund ungeeigneter Ausstiegssituationen kommt, obliegt das Einschreiten der Polizei“.
Einbahnstraße am Rheinufer drehen
30. Juli 2024: Überraschende Kehrtwende: Die Stadt bestätigt, dass man sich schon Anfang Juli in einem von der IHK organisierten Dialogforum auf eine bessere Regelung geeinigt habe. Die Busse sollen künftig vom Konrad-Adenauer-Ufer in Höhe der Machabäerstraße ans Rheinufer fahren und es an der Ausfahrt vor der Bastei wieder verlassen. Dazu müsste die Einbahnstraße umgedreht und ein Parkverbot für Pkw erlassen werden. Das Konzept können sofort umgesetzt werden, vorausgesetzt, dass sich in der Bezirksvertretung Innenstadt dafür eine politische Mehrheit findet. Das Konzept sei von den Chefs der Ämter für Verkehrsmanagement und nachhaltige Mobilitätsentwicklung schon gebilligt.

Die Ausfahrt an der Bastei, an der laut Stadt ein Blumenbeet im Weg steht, passiert der Testbus ohne Probleme.
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An dem Dialogforum nehmen die verkehrspolitischen Sprecher der SPD- und FDP-Ratsfraktion, Köln-Tourismus, Vertreter der Reedereien und der Bus-Unternehmen, des Stadtmarketings und der Reiseführer teil. Die Runde befasst sich im Auftrag des Stadtrats grundsätzlich mit der Reisebusproblematik in Köln.
Einbahnstraßen-Plan geplatzt
31. Mai 2025: Nach zehn Monaten Funkstille erklärt die Verwaltung auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass der Plan vorerst gescheitert ist. Das Erarbeiten der neuen Verkehrskonzeption sei derart komplex, dass „diese Planung erst aufgenommen werden kann, wenn andere Planungsvorhaben abgeschlossen sind“. Wann das der Fall sein wird, könne man nicht sagen. Was daran so schwierig ist, die Fahrtrichtung einer Einbahnstraße zu ändern, bleibt offen.
Bastei-Ausfahrt für Reisebusse zu eng
26. Juni 2025: Erst nach einer erneuten Anfrage werden Details bekannt. Jetzt teilt die Verwaltung mit, dass die Ausfahrt an der Bastei für Reisebusse nicht breit genug sei. Ein Umbau der Böschung sei wegen der speziellen Anforderungen „äußerst aufwändig“. Bevor der Parkstreifen für Touristenbusse freigegeben werden könnte, müssten nicht nur neue Rampen gebaut werden, die ein mögliches Aufsetzen der Fahrzeuge verhindern. Auch „die Anlagen für den Hochwasserschutz und die Nähe zu historischen Bauwerken“ bringe weitere Restriktionen mit sich. Das gelte auch für die Ampelanlage im Bereich der Ausfahrt. Welche Ampel die Verwaltung damit meint, bleibt unklar. An der Ausfahrt gibt es keine.
Man bemühe sich, die Situation für eine Übergangszeit zu verbessern. „Aufgrund der umfangreichen Nutzungsansprüche am innerstädtischen Rheinufer“ sei es jedoch nicht leicht, ausreichende Flächen für Reisebusse zu finden, auf denen das Gepäck sicher auf beiden Fahrzeugseiten be- und entladen werden könne.
Testfahrt beweist das Gegenteil
9. Juli 2025: Am frühen Morgen unternimmt der „Kölner Stadt-Anzeiger“ zusammen mit Markus Klein, Inhaber des Busunternehmens Piccolonia, eine Testfahrt am mit einem Standard-Reisebus. Die von der Stadt als „komplexe Verkehrssituation“ beschriebene Strecke zwischen Machabäerstraße und Bastei erweist sich als unproblematisch.

Wenn Theorie auf Wirklichkeit trifft: Baustellenfahrzeuge stehen auf dem Parkstreifen an der Bastei. Ginge es nach den Berechnungen Stadtverwaltung, ist das gar nicht möglich, weil die Zufahrt viel zu klein ist.
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Das zwölf Meter lange Fahrzeug rollt über das Kopfsteinpflaster vorbei an zwei abgestellten Baustellenbaggern Richtung Bastei. Kein Aufsetzen an Rampe, selbst ein Bauzaun, der die Linkskurve zur Rheinuferstraße noch enger macht, erfordert kein Rangieren. „Da kommt man locker rum“, sagt Busfahrer Herbert Czarnetzki (73). Die Stadt habe eineinhalb Jahre lang offenbar einen Grund gesucht, „warum das hier nicht gehen kann. Wir haben jetzt keine halbe Stunde gebraucht, um das Gegenteil zu beweisen“, sagt „Piccolonia“-Chef Markus Klein. Über die Testfahrt berichten wir am 21. Juli nach weiteren Recherchen und konfrontieren die Stadtverwaltung mit unseren Ergebnissen.
Köln-Tourismus: Probleme ungelöst
22. Juli 2025: Köln-Tourismus bestätigt auf Anfrage, dass es beim Ein- und Auschecken am Konrad-Adenauer-Ufer „immer wieder zu schwierigen Situationen“ zwischen Kreuzfahrt-Touristen, Autofahrern und Radfahrern komme, „bei denen gegenseitige Rücksichtnahme gefragt ist“. Die Probleme mit der Bus-Infrastruktur seien seit längerem in der Diskussion und nicht gelöst. Vor allem in der Vorweihnachtszeit komme es wegen des Touristen-Ansturms immer wieder zu Konflikten. Beschwerden der Reedereien lägen aber nicht vor: „Wahrscheinlich sind wir nicht deren erster Ansprechpartner.“
Stadt verzichtet auf Erprobungsfahrt
23. Juli 2025: Die Stadtverwaltung bleibt dabei: Das Rheinufer ist für Reisebusse unpassierbar. Jetzt scheitert es an einem zehn Meter langen und ein Meter breiten ungepflegten Blumenbeet kurz vor der Ausfahrt an der Bastei, das mit Randsteinen eingefasst ist. Aus Sicht der Verwaltung ein unüberwindbares Hindernis für Reisebusse. Zumindest auf dem Papier. Auf eine Testfahrt hat die Stadt verzichtet, die technische Prüfung lediglich auf der Grundlage maßstabgetreuer Vermessungsunterlagen am Schreibtisch vorgenommen. Das sei gängiger Standard. Mit dem sogenannten Schleppkurven-Nachweis lasse sich überprüfen, ob ein Fahrzeug eine bestimmte Strecke oder Kurve befahren kann, ohne dass es zu Problemen wie Kollisionen mit Bordsteinen oder Hindernissen kommt.
Genau das sei an der Bastei-Ausfahrt aber der Fall – und zwar sowohl für zweiachsige Reisebusse mit einer Länge von zwölf als auch für Dreiachser mit 15 Meter Länge. „Eine Erprobungsfahrt wurde anhand der Ergebnisse nicht mehr in Betracht gezogen.“
Die Stadt bleibt auch bei ihrer Befürchtung, dass die Rampe je nach Fahrweise für Busse grundsätzlich ungeeignet ist, weil ein Aufsetzen nicht ausgeschlossen werden kann.

Markus Klein, Inhaber des Busunternehmens Piccolonia, vor der Testfahrt
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Zur Testfahrt unserer Zeitung heißt es: „In der beschriebenen Erprobung, die ohne Beteiligung der Stadt Köln stattfand, wurde beispielsweise vermutlich ein leerer Bus eingesetzt. Ein mit Passagieren besetzter und deren Gepäck belasteter Bus liegt entsprechend tiefer und geht damit ein größeres Risiko des Aufsetzens oder gar Hängenbleibens ein.“ Von weiteren Hindernissen wie die „Nähe zu historischen Bauten“ und einer Ampel, die es gar nicht gibt, ist keine Rede mehr.
Man prüfe „neben der baulichen Variante“ an der Bastei „zusätzliche weitere Lösungsmöglichkeiten ohne bauliche Maßnahmen, „um möglicherweise bereits zum kommenden Weihnachtsverkehr eine Verbesserung zu erreichen“. Alles geht wieder von vorne los.
Und wir? Wir bleiben dran, werden unseren Test aber keinesfalls mit einem vollbesetzten Bus wiederholen. Schließlich wollen die Stadtverwaltung nicht über Gebühr beanspruchen. Die hat schon genug zu tun.