Kölner KriminalstatistikDeutlich weniger Straftaten - Täter wandern ins Internet ab

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Polizeiwagen (Symbolbild)

Polizeiwagen (Symbolbild)

Köln – Und wieder ein Rekord: Wurden schon 2019 so wenig Straftaten in Köln angezeigt wie in den vergangenen 30 Jahren nicht, so ist die Zahl 2020 erneut gesunken – diesmal auf einen historischen Tiefstand von 109.000. Zum Vergleich: Vor sieben Jahren waren es noch 157.000 Straftaten. Der Hauptgrund für die positive Entwicklung dürfte in den Beschränkungen des öffentlichen Lebens durch die Corona-Pandemie liegen, vor allem in den Lockdowns.

Geschlossene Geschäfte, weniger Menschen auf den Straßen, mehr Leute zu Hause – das bedeutete eben vor allem auch: weniger Diebstähle (minus elf Prozent), weniger Überfälle (minus 14 Prozent) und weniger Wohnungseinbrüche (minus 25 Prozent). Auch Fahrräder wurden deutlich seltener gestohlen als noch im Jahr zuvor. Aber: Darauf werde man sich nicht ausruhen, kündigt Kripochef Stephan Becker an, denn es sei bereits messbar, dass mit den weitreichenden Lockerungen in der zweiten Jahreshälfte 2021 auch die Kriminalität wieder spürbar angestiegen sei.

Ganz aktuell bereite der Polizei die Entwicklung beim Taschendiebstahl große Sorge, berichtet Becker. Verantwortlich seien vor allem Täter aus dem Bereich Nordafrika, insbesondere Algerien, die die Stadt regelrecht überfluteten. „Die Fallzahlen gehen seit Oktober durch die Decke“, sagt Becker. Die Täter treten als Taschendiebe auf, begehen Gepäckdiebstähle und haben es auf wertvolle Güter wie Laptops, Handys, Markenkleidung und Kamerazubehör abgesehen. „Wir stellen die Taten nicht mehr nur in Dom-Nähe und in der Innenstadt fest, sondern auch in Kalk, Nippes oder Ehrenfeld“, berichtet Kripochef Becker.

Hohe Zuwächse von mehr als 90 Prozent verzeichnet die Polizei Köln auch bei der Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie. Betreffende Verdachtsfälle mit Bezug nach Deutschland, die vor allem die US-amerikanische Organisation NCMEC hierhin übermittelt, seien derzeit „mehr als wir abarbeiten können“, sagt Becker.

40 Prozent aller Tatverdächtigen seien Unter-18-Jährige, die entsprechende Bilder zum Beispiel in Schulchatgruppen teilten – oft nicht ahnend, dass sie sich damit der Verbreitung von Kinderpornografie strafbar machen, ein Verbrechenstatbestand, den die Staatsanwaltschaften streng verfolgen. Die Polizei klärt darüber bereits an Schulen auf, „aber das scheint immer noch nicht bekannt genug zu sein“, sagt Becker.

Doch Corona scheint noch eine weitere Entwicklung beschleunigt zu haben: die Verlagerung von Kriminalität ins Internet. 500 Betrugsfälle mehr als 2020 wurden im Vorjahr in Köln angezeigt. Meistens handelt es sich um Warenbetrug über Fakeshops, täuschend echt aussehende Verkaufsplattformen oder auch Reiseveranstalter, die den Websites seriöser, namhafter Händler nachempfunden sind.

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Die Masche: Die Kunden bestellen und zahlen online, erhalten aber ihre Ware nie. Die Konten befinden sich oft im Ausland, weshalb die Polizei bei ihren Nachforschungen auf staatsübergreifende Hilfe angewiesen ist. Im umgekehrten Fall stehlen oder erfinden Betrüger Identitäten und bestellen mit diesen Daten Waren oder Abos auf Streaming- und Pornoportalen.

Digitalisierung der Kriminalität fordert Polizei heraus

Auch bei den Ermittlungen im Bereich Kinderpornografie ist zunehmend technisches Knowhow bei der Polizei gefordert: „Ermittlungen im Darknet oder die Kommunikation der Täter über kryptierte Handyverbindungen sind ernstzunehmende Hürden“, sagt Stephan Becker. Der Tatort Internet sei auch Aktionsgebiet derer, die anonym Hass verbreiten, zu strafbaren Aktionen aufrufen und Menschen manipulieren. „Die Polizei ist wachsam, aber wenn diesen Akteuren wirksam entgegengetreten werden soll, sind neben der Polizei all diejenigen gefordert, die sich gegen Gewalt und eine Radikalisierung der Gesellschaft einsetzen“, sagt Becker. „Hier liegt eine große Herausforderung in der Zukunft."

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