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KVB schränkt Mobilitätsgarantie einPendler in Köln dürfen bei Verspätungen nicht mehr auf Uber umsteigen

Lesezeit 4 Minuten
Passanten in der Kölner U-Bahn-Haltestelle Neumarkt.

Pendler wie hier in der U-Bahnstation Neumarkt dürfen bei Verspätungen künftig nicht mehr auf Uber und andere Verkehrsdienstleister umsteigen. Klassische Taxi und E-Scooter sind davon ausgenommen.

Ab 1. Januar gilt das landesweite Uber-Verbot. Die Nahverkehrsunternehmen kritisieren schlechte Sozialstandards.

Als Berufspendler zwischen Bergisch Gladbach und Ehrenfeld ist Benedikt Schleder nahezu täglich auf die Bahn angewiesen. Angesichts vieler Verspätungen, Zugausfällen und der ständigen Ungewissheit, nicht pünktlich zur Arbeit zu kommen, hat es der 33-Jährige immer als Erleichterung empfunden, im Zweifel ein Taxi, einen Uber-Mietwagen oder andere Verkehrsdienstleister nutzen zu können.

Eine Mobilitätsgarantie gestattet es Fahrgästen, tagsüber bei einer Verspätung von mehr als 20 Minuten bis zu 30 Euro für ein alternatives Verkehrsmittel auszugeben. In den Abend- und Nachtstunden (20 bis 4.59 Uhr) steigt dieser Betrag auf 60 Euro.

Sie ist eine freiwillige Leistung der Verkehrsunternehmen in NRW, die sich dazu unter dem Dach mobil.nrw zusammengeschlossen haben. Die Garantie gilt auch für das Deutschlandticket. Beim Umsteigen auf den Fernverkehr werden die Zusatzkosten sogar ohne Begrenzung erstattet.

Mobilitätsgarantie: Ab Januar werden die Kosten nicht mehr erstattet

Diese Regelung geht über die einheitlichen Fahrgastrechte hinaus, die in Deutschland und Europa seit 2009 gelten. Danach wird lediglich der Ticketpreis teilweise oder ganz erstattet, wenn Züge sich verspäten oder ausfallen.

„Ich habe ja noch Glück, dass ich bei meinem Arbeitsweg zwischen der S-Bahn und der KVB wählen kann, wenn es ein Problem gibt“, sagt Schleder. „Wäre das nicht der Fall, müsste ich wohl zwei- oder dreimal pro Woche auf Uber zurückgreifen.“

Zum Jahreswechsel ist damit Schluss. „Ich habe kürzlich wieder eine Fahrtquittung bei der KVB eingereicht und per Mail erfahren, dass ich Uber bald nicht mehr nutzen darf“, so Schleder. Landesweit sei entschieden worden, heißt es darin, „ab dem 01.01.2025 Fahrten von Fahrdienstvermittlern wie z. B. Uber nicht mehr im Rahmen der Mobilitätsgarantie NRW zu erstatten.“

Taxifahrer nehmen an einer Protestfahrt teil.

Den Taxifahrern in Köln ist der Fahrdienst-Vermittler Uber schon seit langem ein Dorn im Auge.

Als Begründung führt die KVB die mangelhaften sozialen Standards bei der Beschäftigung der Fahrer an. Man müsse darauf achten, dass bei der Erbringung von Mobilitätsdienstleistungen auf Transparenz, Vertrauen und Fairness geachtet wird. Dies sei bei den Fahrdienstvermittlern nicht immer der Fall, viele Beschäftigte hätten keine ausreichende soziale Absicherung.

„Außerdem ist auch nicht immer eine ausreichende Sicherheit hinsichtlich des Fahrers bzw. der Fahrerin (Identität, Fahrerlaubnis etc.) und des Fahrzeugs gegeben. Des Weiteren stehen uns für Rückfragen keine Ansprechpartner bei den Anbietern zur Verfügung, um den Missbrauch der Mobilitätsgarantie zu vermeiden.“

Weitere Kritikpunkte vor allem an Uber sind die „geringe Fälschungssicherheit“ der Belege und die fehlende Bereitschaft, „den Verkehrsunternehmen bei Betrugsverdacht weiterzuhelfen“ und das dynamische Preissystem, das im Vergleich zu örtlichen Taxiunternehmen zu höheren Erstattungskosten geführt habe.

E-Scooter und Leihräder dürfen weiter genutzt werden

Eine Arbeitsgruppe der NRW-Verkehrsunternehmen hatte den Ausschluss im Juni beschlossen. Im September wurde er von den regionalen Tariforganisationen bestätigt. Die Kosten für die Nutzung von Leihrädern und E-Scootern oder Carsharing-Angeboten werden weiterhin übernommen.

Schleder wundert das sehr. „Ich kenne die vermeintlichen Vorwürfe gegen die Sharing-Dienste wie Uber & Co. aus den Medien. Deshalb habe ich etliche Fahrer und Fahrerinnen von Uber auf meinen Touren nach ihrem Empfinden gefragt“, sagt er. „Keiner schien unzufrieden, unter Druck zu stehen oder unter bedenklichen Arbeitsbedingungen zu leiden. Im Gegenteil: Für viele handelt es sich um einen attraktiven Nebenverdienst.“

Für mich ist das ein Klüngel-Schachzug zugunsten der Taxi-Lobby
Benedikt Schleder, Pendler

Dass die KVB angesichts der „unterirdischen Zuverlässigkeit und Taktung“ davon spreche, auf „Transparenz, Vertrauen und Fairness“ zu achten, „klingt für mich nach purem Hohn und einem Klüngel-Schachzug zugunsten der Taxi-Lobby“, so Schleder. Für 30 Euro sei er mit Uber in der Regel problemlos von Ehrenfeld nach Bergisch Gladbach gekommen, wenn die Bahn mal wieder nicht fuhr. „Mit dem Taxi komme ich da gerade mal bis Deutz. Uber ist einfach praktisch. Man bestellt per App, der Wagen ist in wenigen Minuten da. Man zahlt einen Festpreis und erlebt keine unliebsamen Überraschungen.“

Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert die Entscheidung

Beim Fahrgastverband Pro Bahn NRW stößt die Entscheidung auf heftige Kritik. Mit den vielen Baustellen und Personalmangel, mit Verspätungen und Zugausfällen hätten die Pendler schon genug zu kämpfen, sagt der Bundesvorsitzende Detlef Neuß auf Anfrage. Dass die Verkehrsunternehmen taxiähnliche Fahrdienstleister und Vermittler wie Uber oder Bolt von der Mobilitätsgarantie ausschließen, habe weniger mit einer Kritik an schlechten Sozialstandards zu tun. „Den Verkehrsbetrieben fehlt das Geld an allen Ecken und Enden. Deshalb nutzen sie die Gelegenheit, sich von freiwilligen Leistungen zu trennen.“

Neuß räumt ein, dass bei privaten Anbietern wie Uber und Bolt mit Blick auf Fahrer und Fahrzeuge „weniger Transparenz“ herrsche. Ein Problem seien ukrainische Pkw-Führerscheine, die in Deutschland nicht für öffentliche Fahrten gelten. „Bisher gibt es zwar noch keinen Fall, der mir bekannt wäre, bei dem im Falle eines Unfalls während einer Mobilitätsgarantiefahrt mit Uber oder Bolt im Falle eines Personenschadens der Verkehrsbetrieb haftbar gemacht worden wäre“, sagt Neuß. „Der Verdacht liegt allerdings nahe, dass sich die Verkehrsbetriebe mit dieser Maßnahme gegen solche Forderungen absichern wollen.“

Die KVB hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr Fahrtquittungen im Wert von 158.000 Euro erstattet. 2024 sind es bisher 239.000 Euro. Landesweit wurden 2023 rund 938.000 Euro an Entschädigungen gezahlt.