Kölner Polizisten unter VerdachtFamilie des Opfers äußert sich erstmals zu Vorwürfen

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handschellen,waffe

Symbolbild

Köln – Die Ermittlungen um den Tod eines italienischen Staatsbürgers nach einem Polizeieinsatz in Köln-Bickendorf vor einem Jahr dauern laut Staatsanwaltschaft weiter an. Behördensprecher Ulrich Bremer teilte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Anfrage mit, dass in dem Fall noch keine Abschlussverfügung getroffen worden sei. Folglich ist noch unklar, ob die fünf beschuldigten Polizisten wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt werden.

An jenem 24. April 2021 brachten die Beschuldigten den italienischen Familienvater zu Boden, nachdem dieser die Beamten bedroht haben soll, weil er die Familienwohnung nicht betreten durfte. Anwohner gaben zu Protokoll, dass die Polizisten auf den gefesselten, wehrlosen Alessio Z., 59, (Name geändert) eingeschlagen und ihn getreten haben sollen.

Opfer kam mit Rippenbrüchen ins Krankenhaus

Mit Rippenbrüchen wurde der Mann ins Krankenhaus eingeliefert, um bald wieder nach Hause entlassen zu werden. Zwei Monate später starb Alessio Z. an einer Blutvergiftung, die durch eine Lungenentzündung herbeigeführt wurde. Eine Komplikation, die häufiger bei Rippenbrüchen entstehen kann.

Wie diese Zeitung berichtete, geht das Institut der Kölner Rechtsmedizin davon aus, dass die Rippenfrakturen von der Festnahmeaktion der Polizei herrühren. Zugleich konstatierte der zuständige Pathologe einen kausalen Zusammenhang zwischen der stumpfen Gewalteinwirkung gegen den Brustkorb des Opfers, die zu den Rippenbrüchen der Lungenentzündung nebst der tödlichen Blutvergiftung führte.

Einschränkend stellte der Gutachter allerdings fest, dass Alessio Z. „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ noch leben könnte, wenn er regelmäßig seine Hausärztin aufgesucht hätte, um sich fortlaufend mit Schmerzmitteln und Antibiotika behandeln zu lassen.

Laut Ermittlungen nur ein Mal die Hausärztin konsultiert

Die bisherigen Ermittlungen ergaben indes, dass der Verstorbene nur ein Mal nach der Festnahmeaktion seine Hausärztin konsultierte, um sich Schmerzmittel geben zu lassen. Als sich sein Zustand zu Hause verschlechterte, soll er sich den Aussagen seiner Familie zufolge geweigert haben, nochmals einen Mediziner oder ein Krankenhaus aufzusuchen. Auch wurden erhebliche Vorerkrankungen diagnostiziert.

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Zum ersten Mal meldete sich die Witwe des Verstorbenen über ihre Anwältin gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu Wort. Demnach hätten die Informationen, die über den Vorfall zu lesen gewesen seien, die Familie tief verletzt und berührt, „weil mein verstorbener Ehemann und meine Kinder durch die bisher an die Presse gereichten Informationen in ein falsches Licht gerückt wurden“. In einem rechtsmedizinischen Gutachten sei festgestellt worden, dass die durch die Polizisten verursachten Rippenbrüche ursächlich für den Tod ihres Ehepartners gewesen seien. „Mein Mann hat alles getan, wozu die Ärzte im Krankenhaus und seine Hausärztin ihm geraten haben, um wieder gesund zu werden.“

Ärztin verschrieb Alessio Z. Schmerzmittel

Die Ermittlungen zeichnen allerdings ein anderes Bild. So hatte die Tochter des Verstorbenen in ihrer ersten Vernehmung bekundet, dass ihr Vater sich nach der Festnahmeaktion aus dem Krankenhaus auf eigenen Wunsch wieder entlassen haben soll. Tage später hatte Alessio Z. seine Hausärztin aufgesucht. Die Medizinerin gab zu Protokoll, dass sie dem Patienten Schmerzmittel verschrieben habe. Auch mahnte sie ihn, wiederzukommen, sollte er etwa unter Atembeschwerden leiden. Laut der Tochter hatte sich der Gesundheitszustand ihres Vaters zunehmend verschlechtert. Trotz Schmerzen und Luftnot habe dieser aber keine Arztpraxis mehr aufsuchen wollen. Wie es nun letztendlich tatsächlich gewesen ist, wird sich möglicherweise vor Gericht herausstellen.

Christoph Arnold, Verteidiger eines der hauptbeschuldigten Polizisten, hält das Statement der Familie des Opfers für wenig stichhaltig. „Gegen das Anraten seiner Hausärztin und seiner Tochter hat der Verstorbene sich nicht mehr in medizinische Behandlung begeben. Bei allem Respekt, aber ein gewisses Maß an Eigenverantwortung muss man doch von jedem Menschen erwarten können.“

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