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Kölner UnternehmenDas Erfolgsmodell Ford Fiesta wird 40

4 min

Patrick Brückner mit seinem 125 PS starken Rallye-Fiesta, Baujahr 1979.

  1. Unter dem Arbeitstitel „Bobcat“ („Rotluchs“) wurde der Fiesta größtenteils in Köln entwickelt.
  2. Am 11. Mai 1976 ging der Fiesta im saarländischen Saarlouis an den Produktionsstart.

Köln – Sein Auto behandelt Patrick Brückner wie ein rohes Ei. Er fährt noch einmal vorsichtig mit dem Tuch über das imperialblaue Blech. Es ist bewölkt, aber trocken in Dormagen. Trotzdem würde der 26-jährige Kfz-Mechatroniker seinen ebenso seltenen wie PS-starken Ford Fiesta unter normalen Umständen in der Tiefgarage stehen lassen – umhüllt von einem seidenen Abdecktuch. Die Regenwahrscheinlichkeit sei einfach zu groß, sagt Brückner mit Blick zum Himmel. Doch der Ford Fiesta feiert 40. Geburtstag in diesen Tagen. Da nimmt er ein gewisses Restrisiko gern in Kauf.

1975: Die zweite Generation des Fiesta hat abgerundete Kanten.

Es war am 11. Mai 1976, als der Fiesta im saarländischen Saarlouis an den Produktionsstart ging. Ford schloss damit eine Lücke im Portfolio, denn einen Kleinwagen konnte der Konzern – anders als andere – bis dahin nicht anbieten.

Der Fiesta Calypso mit aufrollbarem Dach für Sonnenanbeter.

Unter dem Arbeitstitel „Bobcat“ („Rotluchs“) war der Kompaktwagen größtenteils in Köln entwickelt worden – für die damals horrende Summe von 112 Millionen Mark. Was herauskam, war ein zeitgemäßes Konzept mit Quermotor, Frontantrieb und Heckklappe, das wirtschaftlich war und vor allem den Nerv der weiblichen Kunden traf.

16,7 Millionen Mal in Europa produziert

Der Ende 1975 von Henry Ford II bekanntgegebene Name Fiesta (spanisch für „Fest“) wurde zum Programm für Ford: Die Verkaufszahlen gaben von Anfang an Grund zum Feiern. Europaweit wurde der Fiesta bis heute 16,7 Millionen Mal gebaut. Allein in Köln lief er acht Millionen Mal vom Band.

2006: Der Ford Fiesta feiert seinen 30. Geburtstag.

„Der Fiesta ist das kölsche Auto schlechthin“, sagt Patrick Brückner: „Der gehört zu Köln wie der Karneval.“ Insofern ist der gebürtige Kölner besonders kölsch. Seine Eltern fahren Ford, sein Opa auch und sein Uropa arbeitete bei Ford. Seit 2006 gehört auch Patrick Brückner zur Ford-Belegschaft, zeitweilig stand er an der Produktionslinie des Fiesta. Heute arbeitet er im Entwicklungszentrum Merkenich. Sein allererstes Auto: natürlich ein Fiesta.

Kunst am Auto

Aktionskünstler HA Schult verleiht dem Fiesta Flügel, heute steht das Objekt auf dem Kölnischen Stadtmuseum.

Für Aktionskünstler HA Schult war der Fiesta das „Sinnbild eines Autos, das für alle da ist“. 1989 setzte er dem Kleinwagen mehrere Denkmäler, indem er an markanten Stellen in Köln zehn künstlerisch verfremdete Fiesta-Skulpturen platzierte. Öffentlich sichtbar geblieben ist die Version „Goldener Vogel“ mit fünf Meter langen Styropor-Schwingen, die heute auf dem Kölnischen Stadtmuseum parkt. Andere Fiestas ließ Schult in einem Eisblock gefrieren oder als Einzelteile in einer Disko tanzen.

1981: Mit besonders viel Power unterwegs: der XR2

Patrick Brückner würde wahrscheinlich sein sonst so freundliches Wesen ablegen, würde jemand auf die Idee kommen, seinen Fiesta einzufrieren. Sein Exemplar, Baujahr 1979, ist nicht nur einer der wenigen Überlebenden der ersten Generation, sondern wurde im Laufe der Zeit durch seine Vorbesitzer zu einem bis zu 180 Stundenkilometer schnellen Rallye-Unikat umgebaut.

Aus einem 1,1-Liter-Standard-Fiesta haben sie eine laut röhrende Krawallbüchse mit XR2-Motor und RS-Ausstattung gemacht – inklusive Überrollbügeln, Carbon-Verkleidungen, Renn-Fahrwerk und handgemachter Auspuffanlage. Mit nachträglicher Verunstaltung hat das alles nichts zu tun. Sämtliche Veränderungen sind so ausgeführt worden, wie sie schon zu Bauzeiten des ersten Fiesta möglich waren. „Die Teile kriegt man gar nicht mehr“, sagt Brückner und zeigt auf Kotflügelverbreiterungen und Frontspoiler. Rennen fahren mit diesem Auto? Für ihn undenkbar wie eine Ausfahrt im Hagel.

1979: In Saarlouis läuft der einmillionste Fiesta vom Band.

Andere ließen es gern im Fiesta krachen. „Ford war immer im Motorsport engagiert“, sagt Automobil-Experte Detlef Krehl. Die Ford-Motorsport-Strategen hoben 1982 zum Beispiel die erste Frauen-Rennserie aus der Taufe: den „Ford Ladies Cup“. Die Siegerin durfte ihr Fahrzeug – einen Fiesta XR 2 als Rennversion – als Gewinn behalten. Auch bei der Rallye Monte Carlo war der Fiesta mit von der Partie. All das sollte das sportliche Image des Kölner Kleinwagens unterstreichen.

1979: Der Ford Fiesta bei der Rallye Monte Carlo im Schnee.

Es gab etliche weitere Zutaten, die für den Erfolg des Fiesta verantwortlich waren. Ford habe damals viel in die Sicherheit investiert, sagt Detlef Krehl. Sicherheitsfrontscheibe, Automatikgurte und eine beheizbare Heckscheibe gab es serienmäßig. „Und er hatte ein international gefälliges Design.“ Dazu kam der große Kofferraum und die üppige Ausstattung der Ghia-Version, die Annehmlichkeiten bot, die sonst in kaum einem Kleinwagen zu finden waren. Und der nach dem Tragflächenprinzip arbeitende Kühlergrill ermöglichte einen geringen Luftwiderstand. Doch das Rost-Problem ereilte auch die Fiesta-Besitzer. Viele Hersteller hätten billigen Stahl aus dem Ostblock bezogen, sagt Krehl. Wohl auch deshalb haben nur wenige Autos der ersten Baureihe überlebt: „Sie haben von innen heraus gerostet.“

1975: Der Fiesta beim Test neben einem Ford-Probemodell. Die Entwicklung des Fiesta kostete 112 Millionen D-Mark.

Patrick Brückner weiß, was er an seinem rostfreien Fiesta hat. Und Ford weiß, was es an der Baureihe hat. „Der Fiesta ist extrem wichtig für Ford“, sagt Brückner. Dann lässt der selbst ernannte „Ford-Verrückte“ den Motor aufheulen. Es geht zurück in die Tiefgarage, ganz vorsichtig. „Ich werde den Wagen fahren, bis der Tod uns scheidet“, sagt Patrick Brückner zum Abschied: „Forever Fiesta.“