Anlage planiertEltern und Jugendliche suchen in Köln Gelände für legalen Dirt Track

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Groß und Klein hatten Spaß an dem inoffiziellen Dirt Track in der Nähe des Adenauer Weihers.

Junkersdorf – Wenn eine Großmutter eine Sitzblockade veranstaltet, kann das nur einen Grund haben: Sie verteidigt die Interessen ihres Enkels. Zu diesem Zweck ließ sich unlängst in der Nähe des Adenauerweihers eine ältere Dame mit einem Siebenjährigen und ihrem Hund auf einer Rampe nieder, als ein Bagger des Grünflächenamtes sich dieser näherte – und in gebührendem Sicherheitsabstand zunächst stehenblieb. Der Baggerfahrer stieg aus und ließ die Arbeit ruhen.

Die drei verhinderten so, dass der von Kindern und Jugendlichen dort gebaute „Dirt Track“, also eine Piste über die BMX-Radler und Mountainbiker sausen, dem Erdboden gleich gemacht wurde – auch wenn sie den Abbau damit langfristig nicht verhindern können, wie ihren Familien bewusst ist. Die friedlichen Proteste der Angehörigen zielen auch nicht darauf, den Rückbau der Anlagen mit aller Gewalt zu verhindern, sie möchten darauf aufmerksam machen, dass es an legitimen Sportanlagen für Kinder und Jugendliche fehlt. Gerade in Zeiten, in denen viele Möglichkeiten, Sport zu treiben aufgrund des Coronavirus beschränkt seien, sehen sie die Dirt Tracks als ideale Alternative zu Hallensport und Computerspielen. Die Kinder und Jugendlichen bewegen sich dort im Freien, das ist gesund und durch das gemeinsame Bauen würden kreative und soziale Kompetenzen gefördert. „Es wäre gut, eine Fläche zu haben, die für so etwas freigegeben ist“, betont Löwe, „zum Beispiel im Stadtwald, wo sich eh schon eine Skateranlage befindet.“

Bagger Dirt Track

Der Bagger, der kurz nach Aufnahme des Fotos den inoffiziellen Track einebnete  - im Auftrag der Stadt.  

Dirt Track am Rheinenergie-Stadion in Köln vernichtet

Diesen Wunsch teilen viele Eltern. Er ist der Verwaltung nicht neu und wurde bereits laut, als die Stadt unlängst den Dirt Track, der sich lange in der Nähe des Parkplatzes P6 am Rhein-Energie-Stadion befand, abbauen ließ. Die Bezirksvertretung Lindenthal hatte die Stadtverwaltung per Beschluss gebeten, alle erforderlichen Schritte einzuleiten, um den Dirt Track möglichst wiederaufzubauen. Das ist allerdings aus verschiedenen Gründen nicht möglich, wie Petra Hartmann vom Amt für Kinderinteressen in der Sitzung des Stadtteilparlaments erläuterte.

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Der Landschaftsschutz stand dem zwar nicht entgegen, denn die Anlage am P6 befand sich nicht in einem Landschaftsschutzgebiet. Joachim Bauer, stellvertretender Leiter des Amts für Grünflächen und Landschaftspflege, schildert das Problem genauer: „Die Kinder und Jugendlichen, die die Pisten bauen, verändern sie ständig. Wir können sie aber nicht jeden Tag kontrollieren“, sagt er. Als Eigentümer hafte die Stadt für die Anlagen. Daher könne sie die selbst gebauten Pisten nicht stehen lassen. Eine Rolle spiele auch, dass man im Wald nicht graben könne, wie man wolle. Schließlich könnten dort auch Baumwurzeln beschädigt werden. Trotzdem hat Bauer Verständnis für das Anliegen der Bürger: „Das gemeinsame Bauen hat natürlich für die Jugendlichen einen besonderen Reiz und fördert das Gemeinschaftsgefühl.“ 

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Mitglieder des Vereins Trail 59 wollen beim Unterhalt eines Dirt Tracks helfen. Die Fläche soll jetzt die Stadt suchen. 

Gerade wegen der berechtigten Interessen der jungen Bürger seien Verwaltung und Politik dabei, eine Lösung zu suchen: „Der Sportausschuss hat der Verwaltung ausdrücklich aufgetragen, zu prüfen, wo sich eine Fläche finden lässt, die als Standort für einen Dirt Track geeignet ist“, sagt Bauer. Es gab bereits zwei Gespräche mit Beteiligung des Sport-, des Jugend -und des Grünflächenamts. „Wir selbst können die Anlage nicht betreiben“, so Bauer. „Das wird der Verein Trail 59 übernehmen.“ Die Mitglieder, BMX- und Mountainbike-Fahrer, die bereits viel Erfahrung mit dem Bau und Pflege solcher Strecken in Kalk gesammelt haben, stünden den Vorschlägen der Verwaltung sehr offen gegenüber.

Trail 59 beteiligt sich 

Beide Seiten hätten schon konkrete Vorstellungen von der Zusammenarbeit: Die Stadt stelle eine geeignete Fläche zur Verfügung, der Verein würde einen Teil der Haftung übernehmen, sich beispielsweise darum kümmern, dass die Anlage nur zu bestimmten Zeiten geöffnet und dann jeweils ein Mitglied vor Ort ist, um aufzupassen, dass keinem Nutzer etwas passiert. Mindestens an ein bis zwei Stellen in der Stadt sollen auf diese Weise Dirt Tracks entstehen. Die Skaterwiese im Stadtwald hält Bauer allerdings nicht für geeignet. „Diese Fläche befindet sich im Landschaftsschutzgebiet, das zudem unter Denkmalschutz steht.“ Schließlich wollten die Jugendlichen ja auch selbst eine Piste bauen und buddeln. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mitarbeiter des Denkmalschutzamts es gutheißen, wenn die Jugendlichen dort 3000 Quadratmeter umpflügen. Ich bin aber sehr optimistisch, dass wir einen anderen Ort finden.“

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