Hoher Bedarf an KursenIn Köln-Lövenich entsteht eine Schwimmschule

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Mit Hilfe des Schwimmlehrers Martin Becker sind auch Salti ins Wasser für die jungen Schwimmschüler ein Kinderspiel.

Mit Hilfe des Schwimmlehrers Martin Becker sind auch Salti ins Wasser für die jungen Schwimmschüler ein Kinderspiel.

Lövenich – Seepferdchen. So heißt das erste Abzeichen, mit dem Schwimmanfänger nach einer erfolgreichen Prüfung ausgezeichnet werden. Und so wie die putzigen Tierchen sind auch drei kleine Jungs im Wasser unterwegs. Ihre Körper hängen senkrecht im Wasser, nur die Köpfe gucken raus.

Die Ärmchen rudern schnell, teilweise so schnell, dass die Kinder Wasser in den Mund bekommen – und Martin Becker sie bremsen muss. „Langsam, Sami“, sagt der Schwimmlehrer zu einem der drei Fünfjährigen im Wasser des Seelövenbads am Hertzweg in Lövenich. Sie sind erstaunlich flott und haben sichtlich Spaß.

Nachdem sie die Bahnen absolviert haben, stehen Sprünge ins Wasser auf dem Programm, Ab- und Auftauchen, Prusten und Lachen. Ein anderer Lehrer übt mit zwei weiteren Knirpsen im Becken. Für mehr Badebetrieb ist in dem winzigen Becken kein Platz.

Im September soll ein neues Bad öffnen

Das soll sich bald ändern, denn Martin Becker wird für seine Schwimmschule Sharky nun in Lövenich ein eigenes Schwimmbad eröffnen. Er hat einen Investor gefunden, der bereit ist, an der Zusestraße ein Bad zu bauen, das er an Becker verpachten wird. 20 mal acht Meter wird das Becken groß sein.

Daneben soll es ein Café für die Eltern geben, die ihre Kinder zum Schwimmkurs begleiten. Geplant sind zudem Räume für andere Kurse. Kindertanzen, Selbstverteidigung und Fitnesskurse für Erwachsene sollen in dem neuen Gebäude auf dem Programm stehen.

Ein überdachter Spielplatz wird Kindern, die ihre Geschwister zum Schwimmkurs begleiten, eine Möglichkeit zum Toben geben. Im September nächsten Jahres soll die Eröffnung sein.

Dass in Köln auf Privatinitiative eine neue Schwimmhalle entsteht, ist selten. Es gibt einige private Anbieter, die meist kleine Privatbäder nutzen. Eine große private Schwimmhalle gibt es bislang nicht.

In den vergangenen Jahrzehnten sind in zahlreichen Stadtteilen städtische Bäder geschlossen worden. Die Stadtverwaltung betont, dass sie durch den Neubau des Lentparks und des Stadionbads die Wasserfläche insgesamt nicht verringert hat. Dennoch ist das Angebot für Schwimmkurse knapp.

Kurse sind schnell ausgebucht

Das bestätigt auch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). „Es stimmt zwar, dass in Köln im Vergleich zu manchen anderen Städten noch einige Wasserflächen zur Verfügung stehen“, sagt Michael Grohe, Pressesprecher der DLRG. „Aber hier konkurrieren Organisationen und Vereine, Taucher, Leistungssportler, der DLRG und andere Anbieter von Schwimmkursen um Zeiten in den Schwimmhallen.“

So sind Kurse in der Regel sofort ausgebucht und die Liste derer, die auf einen freien Platz warten, lang. Dabei ist der Bedarf groß. Immer weniger Kinder können gut genug schwimmen, um ungefährdet in Gewässern zu toben.

So freut sich auch die Stadtverwaltung über Beckers Engagement: „Die Schwimmschule Sharky ist ein Baustein in der vielfältigen Landschaft des Schwimmsports und trägt mit dazu bei, dass bei Kindern frühzeitig das Interesse am Schwimmen geweckt wird und dass sie lernen, sich sicher im Wasser zu bewegen“, sagt Jürgen Müllenberg, Sprecher der Stadt.

Die Verwaltung selbst fördere die Schwimmkünste der Kinder und Jugendlichen, beispielsweise mit dem „Schulschwimmen“. Müllenberg betont jedoch: „Wünschenswert und notwendig ist aber auch das Engagement der Eltern, die ihre Kinder aktiv ans Schwimmen heranführen und diese beim Schwimmenlernen unterstützen sollten.“

„Wir versuchen, den Kindern spielerisch die Angst zu nehmen“

Das ist den Eltern der Jungen, die im kleinen Becken an der Hertzstraße planschen, bewusst. „Es ist einfach so wichtig, dass die Kinder schwimmen können“, sagt Edina Adzem, Mutter von Sami, „einfach aus Sicherheitsgründen.“ Vanessa Herrlich, deren Sohn Matteo ebenfalls im Becken schwimmt, erinnert sich an die Zeit vor dem Kurs. „Matteo hatte immer solche Angst vor Wasser, selbst beim Baden und Haarewaschen.“

Diese Zeiten sind vorbei. Die Kinder haben ihre Furcht verloren. Das ist laut Martin Becker das Wichtigste. „Wir versuchen, den Kindern spielerisch die Angst zu nehmen“, erläutert er. Denn es gibt nichts, was Kinder im Wasser mehr lähmt.

Ausreichend sichere Schwimmer seien die Inhaber des Seepferdchenabzeichens allerdings nicht. Sie sollten möglichst das Schwimmabzeichen in Silber haben. Becker stehen für seinen Schwimmbetrieb in Köln bislang neben dem kleinen Bad in Lövenich noch zwei kleine private Hallenbäder zur Verfügung, eines in Marsdorf und eines in Zollstock. Doch letzteres in der Seniorenresidenz Am Rosenpark wird schließen. Der Schwimmbetrieb wird obdachlos. „Das bedeutet, dass ich für 1000 Schwimmschüler kein Bad mehr habe“, berichtet Becker. „Für den Kölner Süden ist das ein herber Verlust.“

„Irgendwie war es auch schon immer mein Traum“

Weil es so schwierig ist, Ersatz zu finden, wagt Becker den Schritt und eröffnet eine eigene Halle. Es gibt einen weiteren Grund für seine Entscheidung: „Irgendwie war es auch schon immer mein Traum“, sagt er. Bereits als Teenager hat er in Köln Schwimmkurse gegeben. Er hat Sport und Geschichte studiert und spielt in der Deutschen Nationalmannschaft Wasserball.

Zu einem der insgesamt drei Geschäftsführer der Schwimmschule Sharky, die nicht nur in Köln, sondern auch in Ferienanlagen überall auf der Welt Kurse anbietet, wurde Becker durch Zufall. „Zwei Bekannte von mir gaben regelmäßig Tenniskurse auf Fuerteventura. Eines Tages fragten Eltern sie, warum sie denn bei der Hitze nicht eher Schwimmkurse anbieten“, erzählt er.

Beides wurde dem Duo zu viel, und sie baten Becker um Unterstützung. Er sagte zu und wurde Teilhaber der Schwimmschule Sharky und sammelte Erfahrung. Um die Kinder zum Schwimmen zu motivieren, sei vor allem wichtig, dass sie Spaß dabei haben, betont Becker.

„Die Kinder lernen bei uns auch keinen starren Schwimmstil“, sagt er. „Es geht vielmehr vor allem darum, sie in die Lage zu versetzen, sich selbst retten zu können.“

Sami und Matteo sind sichtlich auf einem guten Weg dahin. Und auch für viele andere kleine Kölner gibt es demnächst eine weitere Anlaufstelle, wo sie richtig gute Schwimmer werden können.

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