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Hinweise gesuchtDas Massaker von Junkersdorf – Rätsel um Kölner Mahnmal

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann steht vor dem Mahnmal.

Wolfgang Kirsch vom Verein „Aktives Leben in Junkersdorf“ vor dem Mahnmal.

200 Menschen starben, 100 weitere wurden verletzt, 50 gefangen genommen. Ein Mahnmal in Junkersdorf erinnert an eine Tragödie.

Eine dicke Staubschicht überzieht den gekreuzigten Jesus. Er hängt schon lange in dem Gitterkasten am Kölner Weg in Nähe des Kreisverkehrs an der Birkenallee. Auf dem Kasten ist ein Datum zu lesen: Es ist der 3. Juli 1586, ein längst vergangener Sommertag, der Tag, an dem an diesem Ort das Massaker von Junkersdorf geschah. Damals hatten sich rund 1000 Menschen in Bergheim eingefunden, um mit einem von Bewaffneten eskortierten Wagenzug zum Wochenmarkt nach Köln zu reisen. Händler, Bauern und Marktfrauen, aber auch Edelleute, Bürger aus Köln, die in ihre Stadt zurückkehren wollen, Männer, Frauen und Kinder, die sich angesichts der Unsicherheit auf den Straßen gemeinsam auf den Weg machten.

Die Sicherheit trog: Am Kölner Weg in Junkersdorf überfielen marodierende Soldaten den Konvoi und metzelten die Menschen nieder. 200 starben, 100 wurden verletzt, 50 gefangen genommen. Das Mahnmal erinnert heute noch an die Tragödie, die mittlerweile 437 Jahre zurückliegt. So viel hat der Verein „Aktives Leben in Junkersdorf“ herausgefunden, allerdings nicht, wer das Mahnmal am Kölner Weg aufgestellt hat.

Nachbarn pflegen das Mahnmal und stellen frische Blumen dazu

Es steht schon sehr lange dort. Seit Jahrzehnten pflegen Nachbarn die Baumscheibe und stellen regelmäßig frische Blumen vor das Kreuz. Auch sie konnten dem Vereinsvorsitzenden Wolfgang Kirsch nicht sagen, wer das Mahnmal errichtet hat. Eine Nachbarin, die gerade frische Stiefmütterchen dort platziert hat, weiß nur eines: „Es war schon da, als ich 1978 hierhin gezogen bin.“

In einem Holzhaus hängt eine gekreuzigte Figur.

Das Mahnmal erinnert an das Massaker von 1586.

Der Bürgerverein hat ein Video gedreht und auf seiner Homepage verlinkt, mit dem er die Kölner auf den Gedenkort aufmerksam machen möchte und über den Hintergrund des Massakers informiert, den seine Mitglieder bei einem Besuch des Museums Zitadelle Jülich erforschten. Zu der Gräueltat kam es im Verlauf des truchsessischen Kriegs, der zwischen 1583 und 1588 ausgetragen wurde.

Kriegsgründe waren Liebe und Macht, und wie so oft war die Religion ein Zündstoff im Konflikt: Der Kölner Erzbischof und Kurfürst Gebhard Truchsess von Waldburg hatte sich 1579 in die Gräfin und evangelische Stiftsdame Agnes von Mansfeld-Eisleben verliebt. Er fand eine Lösung für das Dilemma: Von Waldburg trat 1582 zum Calvinismus über und heiratete die Düsseldorfer Stiftsdame. Auf Eingebungen protestantischer Kreise wollte er jedoch nicht auf seine geistlichen Würden und die eines Kurfürsten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation verzichten. Er hatte vielmehr vor, das Erzstift Köln in ein erbliches protestantisches Herzogtum umzuwandeln.

Wenn man sieht, was gerade wieder geschieht, mit dem Ukraine-Krieg, dann hat man das Gefühl, die Menschheit hat nichts gelernt
Wolfgang Kirsch, Verein „Aktives Leben in Junkersdorf“

Im Erzstift regte sich daher Widerstand gegen Von Waldburg. Kaiser Rudolph forderte ihn 1583 zum Rücktritt auf. Der Papst exkommunizierte ihn zwei Monate später, enthob ihn aller seiner Ämter und forderte das Kölner Domkapitel zur Neuwahl auf. Die Wahl fiel auf einen Wittelsbacher, Ernst von Bayern, Bischof von Lüttich. Von Waldburg nahm seine Absetzung jedoch nicht hin, es kam zum offenen Krieg um das Erzstift. Im Rheinland kämpften die Anhänger Von Waldburgs auf der einen Seite, sowie auf der gegnerischen Seite bayrische und spanische Truppen – insbesondere aus den spanisch regierten Teilen der Niederlande. Letztere waren vom Kölner Domkapitel zu Hilfe gerufen worden.

Der Krieg endete im Februar 1590 mit der Belagerung und Einnahme von Rheinberg, das sich den Truppen des Ernsts von Bayern ergab – und Köln blieb katholisch. Kollateralschäden des Machtkampfes zwischen den Fürsten waren Plünderungen, Brandschatzungen und Massenmorde, unter anderem auch die „greuliche Morderei bei Jonckersdorff“, wie Hermann von Weinsberg, der Kölner Chronist des 16. Jahrhunderts, es beschrieb. Wolfgang Kirsch erschreckt daran vor allem auch eines: „Wenn man sieht, was gerade wieder geschieht, mit dem Ukraine-Krieg, dann hat man das Gefühl, die Menschheit hat nichts gelernt.“


Der Bürgerverein „Aktives Leben in Junkersdorf“ bittet Kölner, die wissen, wer das Mahnmal wann am Kölner Weg errichtet hat, sich bei ihm zu melden.