Gemüse vom Land„Humuswerkstatt“ bietet regionale Produkte am Kölner Büddchen an

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Leon Sikora, Marius Frey und Leon Worth verteilen Kohlrabi- und Salatsetzlinge am Büdchen Casablanca an der Sülzburgstraße.

Sülz/Innenstadt – Es begann mit einem Essen in der Kölner Spoho-Mensa: „Das kann man besser kochen“, fanden Marius Frey und Lukas Worth. Sie hatten sich gerade kennengelernt. Frey studierte an der Sporthochschule Journalismus und Worth Management und Kommunikation. Von der Kantine wechselten sie in ihre eigenen Küchen, um selbst Speisen zuzubereiten und entdeckten eine weitere gemeinsame Leidenschaft: Das Gärtnern. Die beiden pflanzten eigenes Gemüse, zunächst auf dem Balkon, dann teilten sie sich ein Beet in dem Südstadt-Gemeinschafsgarten Neuland – und passten schließlich ihre Studiengänge der wachsenden Passion an: Frey wechselte zu den Agrarwissenschaften nach Bonn. Worth machte sich auf den Weg nach Australien, um nachhaltigen Tourismus zu studieren, wo er sich gleichzeitig zum Permakulturberater ausbilden ließ.

Im April geht es los

Mittlerweile leben die beiden wieder in Köln, Worth in Mülheim und Frey in Nippes, haben einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb namens „Humuswerkstatt“ in Wermelskirchen und vertreiben ihre eigenen Erzeugnisse in Gemüsekisten in ihrer Heimatstadt: Jeden Donnerstag liefern sie Kisten voller Gemüse am Büdchen Casablanca an der Sülzburgstraße 164 und am Wohnhaus am Vorgebirgsglacisweg 47 in der Südstadt aus. Auch einen Verteilstelle in Nippes soll dazukommen. Im April ist Saisonstart. Dann können Kunden einmal in der Woche ihre Gemüsekisten abholen, die sie jetzt schon abonnieren können. Passende Rezeptvorschläge gibt es dazu.

Kölner Unternehmer setzten auf Handgeräte statt Maschinen

Die Produkte der Humuswerkstatt sind etwas Besonderes, denn die Freunde arbeiten nach den Grundsätzen der Permakultur und vor allem dem „No-Dig-Prinzip“, das heißt sie gärtnern, ohne umzugraben, mit dem Einsatz von Kompost und ausschließlich mit Handgeräten, ohne Maschinen zu benutzten. „Wir bearbeiten den Boden nicht. Wir füttern ihn“, beschreibt Frey. „Dabei wird das Pilzmyzel im Boden nicht gestört und die dort lebenden Tiere werden nicht getötet. Wir brauchen keinen Treibstoff, keinen Platz für Maschinen und müssen keine Investitionen dafür tätigen.“

Umweltschonende Permakultur

Die Permakultur setzt auf eine Form von Landwirtschaft, die möglichst wenig Energie benötigt und die Umwelt möglichst wenig belastet. Das möchten die Landwirte erreichen, indem sie biologische Ressourcen nutzen und den Boden so bepflanzen, dass der Anbau den natürlichen Ökosystemen nachempfunden ist. Dabei setzen sie auf die Erkenntnisse wissenschaftlicher Ökologie und das traditionelle Wissen indigener Völker. Wie beim ökologischen Landbau wird auf Monokulturen und den Einsatz chemisch-synthetischer Dünger und Pestizide verzichtet.

Durch Ansiedlung unterschiedlicher Pflanzen und Tiere soll die natürliche Artenvielfalt gefördert werden. So sollen durch geschlossene Stoffkreisläufe langfristig stabile Ökosysteme entstehen, die sich selbst erhalten und nur noch minimaler menschlicher Eingriffe bedürfen. (se)

Weil keine Fahrzeuge und andere Geräte auf den Feldern unterwegs sind, haben sie dort mehr Platz und können in engeren Abständen pflanzen. „Unser Ertrag ist dadurch sehr viel höher als auf herkömmlich genutzten Flächen“, sagt Frey. Verschiedenste Kulturen möchten sie auf ihrem Land anbauen, Gemüse- und Obstsorten wie Jostabeeren und Pflaumen. Erste Kostproben haben Frey, Worth und ihr Auszubildender Leon Sikora in Sülz an die Büdchenkunden verteilt: Kohlrabi- und Salatsetzlinge zum Einpflanzen und Feldsalat.

Alles, was die Saison zu bieten hat

In wenigen Wochen werden dann andere Gemüsesorten folgen, wie Wirsing, Spitzkohl Frühlingszwiebeln, Salate, Stielmus, frischer Knoblauch, Porree, Spinat. Im Sommer gibt es Tomaten, Auberginen, Gurken und Paprika. Was die Saison so hergibt, kommt in den Gemüsekorb. Kräuter gehören ebenfalls zum Sortiment. Um den Kunden auch Kartoffeln anzubieten, planen die Gärtner von der Humuswerkstatt eine Kooperation mit dem Wiesengut der Uni Bonn.

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„Ihnen hat allerdings der Starkregen in der vergangenen Saison die Ernte verdorben“, berichtet Frey. Die in Folge des Klimawandels zunehmenden Wetterextreme haben sie miteingeplant: „Wir vereinbaren mit unseren Kunden, dass sie tolerieren, wenn aufgrund der Regenfälle oder Dürre die Ernte eines Produktes ausfällt, ganz ähnlich wie bei dem Modell der solidarischen Landwirtschaft.“

Unperfektes Gemüse wird nicht weggeschmissen

Gemüse, das aufgrund von Hagelschäden nicht mehr ganz so schön aussieht, kommt in die Körbe und wird nicht weggeschmissen. Dafür sollen die Produkte deutlich besser schmecken als Supermarktgemüse. „Wir setzen bei der Auswahl nicht wie die Supermarktketten vor allem auf Haltbarkeit und Transportierbarkeit, sondern auf Geschmack“, so Marius Frey. Hundert Euro kostet ein Abo im Monat. Jede Kiste enthält Gemüse, Kräuter und ein wenig Obst für zwei bis drei Personen.

In den vergangenen zwei Jahren habe die Gärtner ihr Angebot bereits an einigen Kunden getestet: Martina und Mark Burks gehören dazu und sind auch heute zum Büdchen gekommen, um sich die Kostproben abzuholen. Sie freuen sich bereits auf den Saisonstart am 21. April. „Ich finde die Gemüsekiste großartig und habe sie im Winter richtig vermisst“, kommentiert Martina Burks. „Ich habe noch nie so abwechslungsreich und gesund gegessen.“ Das Kochen mache ihr nun deutlich mehr Spaß. Ob ihr Mann ebenso begeistert am Herd steht? „Ich bin eher die Kaltmamsell“, antwortet Mark Burks. „Ich wasche und schneide das Gemüse.“ Aber auch er freut sich bereits auf seine Aufgabe.

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