Fußballverein in KölnVorwärts Spoho aus Müngersdorf boykottiert WM in Katar

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Die zweite Vorsitzende des Vereins Vorwärts Spoho Lea Wippermann mit einem Fußball auf dem Platz.

Der Müngersdorfer Fußballverein Vorwärts Spoho bezieht deutlich Stellung zur Fußball-WM der Männer in Katar.

Demo und Kneipenquiz statt Nationalmannschaft – die Vereinsmitglieder von Vorwärts Spoho können ihre Werte nicht mit der Fußball-WM der Männer in Katar vereinen. Deshalb fällt das gemeinsame Fußballgucken dieses Mal aus.

Bei der kommenden Fußball-WM der Männer in Katar werden die Mitglieder des Fußballvereins Vorwärts Spoho in Müngersdorf eines tun: Sie werden darauf verzichten, gemeinsam die Spiele im Fernsehen zu verfolgen.

Das sonst bei Weltmeisterschaften übliche Rudelgucken im Vereinsheim fällt aus. Stattdessen werden wohl einige Vereinsmitglieder während des WM-Eröffnungsspiels am 20. November auf die Straße gehen. Denn der Fußballverein hat sich der Bewegung „#Boycott Qatar 2022“ angeschlossen. „Wir möchten Euch herzlichen zu der Zentraldemo in Köln mobilisieren und einladen“, heißt es in einem Schreiben des Vereins an seine Mitglieder.

Alternativprogramm in Köln Müngersdorf

Um sie darüber hinwegzutrösten, dass sie nun nicht zusammen bei den Spielen der deutschen Nationalmannschaft mitfiebern können, hat der Verein an ihren Spieltagen ein Alternativprogramm vorgesehen. So gibt es während des zweiten Matches der Deutschen im Vereinsheim ein Kneipenquiz rund um das Thema „Menschenrechte“.

Am dritten Spieltag findet das zweite Netzwerktreffen der vereinseigenen Arbeitsgemeinschaft Nachhaltige Entwicklung statt, zu der der Verein alle interessierten Mitglieder eingeladen hat. Gleichzeitig stellt er ihnen zahlreiche Informationen zur Verfügung, um sich selbst eine Meinung zu der WM und ihrem Austragungsort zu machen und dann zu entscheiden, ob er oder sie die Spiele im Fernsehen verfolgen möchte oder nicht.

Boykott aus ökologischen und sozialen Gründen

Die Position, die der Verein bezieht, ist die Folge eines anderen Engagements: Vor einiger Zeit hat er die AG Nachhaltige Entwicklung gegründet und sich mit den Themen ökologische und soziale Nachhaltigkeit besonders auseinandergesetzt. „Wir haben das Thema in der AG diskutiert und sind dann zu der Überzeugung gekommen, dass wir uns der Bewegung „#Boycott Qatar 2022“ anschließen“, schildert Lea Wippermann, zweite Vorsitzende des Vereins und Mitinitiatorin der Arbeitsgemeinschaft. „Wir finden es aus mehreren Gründen mit unseren Werten als Verein nicht vereinbar, die WM als Zuschauer zu unterstützen“.

Eine der Mannschaften des Vereins Vorwärts Spoho beim Training auf dem vereinseigenen Kunstrasenplatz.

Der Verein Vorwärts Spoho engagiert sich schon seit einiger Zeit für ökologische und soziale Nachhaltigkeit.

Diese Überzeugung haben sie zum einen aus ökologischen Gründen. „In einem Land, wo Temperaturen von 40 Grad herrschen, werden die Stadien auf 26 Grad heruntergekühlt“, führt Wippermann aus. Das sei angesichts des Klimawandels ein nicht vertretbarer Verbrauch von Ressourcen. In sozialer Hinsicht hat der Verein ebenso wichtige Kritikpunkte, angefangen bei den Arbeitsbedingungen bis hin zu Diskriminierung von Minderheiten. „Der katarische WM-Botschafter hat kürzlich in einem Interview Homosexualität als geistigen Schaden bezeichnet“, sagt Wippermann. „Damit können wir uns überhaupt nicht identifizieren. Wir sind ein offener und toleranter Verein.“

Auch das Frauenbild sei in Katar problematisch. „Fußball sollte nicht politisch sein“, betont Wippermann. „Er wird aber immer politischer und deswegen müssen wir als Verein auch eine klare Haltung dazu haben.“ Letztendlich stehe es aber natürlich jedem Vereinsmitglied frei, privat die WM zu schauen.

Kölner Sportvereine beziehen Stellung

Andere Fußballvereine im Stadtbezirk Lindenthal möchten sich selbst nicht offiziell positionieren. „Wir werden das gesellschaftliche Engagement unserer Mitglieder nicht in bestimmte Richtungen lenken“, schreibt der Vereinsvorstand des Vereins DJK Südwest. Aber selbstverständlich seien unter seinen Sportlern auch solche, die die Auswüchse des kommerzialisierten Fußballs kritisieren. Die 2200 Vereinsmitglieder seien in jeder Hinsicht bunt, im Hinblick auf Alter, Ausbildung, Geschlecht oder Herkunft, und interessierten sich für die unterschiedlichsten politischen, sozialen und religiösen Fragen. Das unterstütze der Verein.

Auch der Sportverein Lövenich/Widdersdorf nimmt von einer eigenen Stellungnahme Abstand. „Unser Verein verhält sich neutral und möchte sich aus dieser Diskussion heraushalten“, schreibt der 1. Vorsitzende Karsten Schütz. „Wenn wir vom Vorstand politisch tätig werden, egal in welche Richtung, ist es immer die Meinung des ganzen Vereines. Das können wir aber gar nicht vertreten.“ Der Verein sei bunt, die Ansichten seien vielfältig. „Unsere rund 2500 Mitgliedern stammen aus vielen Nationen und allen Altersgruppen“, so Schütz.

Von Ehrenfelder Vereinen gab es auf Anfragen keine Reaktionen. Allerdings gibt es dort kaum größere Clubheime, wo es gemeinsame Fußball-Fernseh-Abende geben könnte. Anonym bleiben möchte ein Vorsitzender, der klarstellte, dass ein Verein seinen Mitgliedern nicht vorschreiben könne, ob man WM-Spiele gucken solle oder nicht. Jetzt sei es aber ohnehin zu spät. Bereits die Vergabe der Weltmeisterschaft nach Katar hätte infrage gestellt werden müssen.

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