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Max Mutzke im Interview„In Köln spielen ist wie nach Hause kommen“

7 min
Die SWR Big Band freut sich auf die große Deutschlandtour mit dem Sänger Max Mutzke.

Eine hochmotivierte Truppe: Max Mutzke und die SWR Big Band spielen am 15. und 16. Oktober in der Stadthalle Köln-Mülheim. 

Der Sänger Max Mutzke geht mit der SWR Big Band auf Deutschlandtour. Für Köln, die zweite „Zuhausestadt“ des Sängers, sind zwei Konzerte geplant. 

Herr Mutzke, Sie machen ja schon ziemlich lange Musik, haben sich bereits mit sechs Jahren musikalisch ausprobiert. Jetzt sind Sie seit über 20 Jahren in der Branche erfolgreich. Was gibt Musik Ihnen?

Ich glaube, die Musik ist meine Berufung. Irgendwie ist das genau mein Platz, das ist da, wo ich sein muss und wo ich wahrscheinlich mehr brillieren kann als mit allem anderen, was ich sonst so mache. Die Musikbranche ist eine Industrie, in der man sich oft Gedanken darüber machen muss, wie man sein Geld verdient. Die Zahlen, die Platzierung, alles muss stimmen. Manchmal vergisst man dabei, warum man macht, was man macht. Und dann hat man zwischendurch Momente, die das einem wieder klarmachen. Und diese Momente, die waren auch der Ursprung der Musik, die ich in mir spüre. Die meisten Musikerinnen und Musiker haben ja nicht angefangen, weil sie auf Videos gut aussehen möchten, sondern weil sie Menschen bewegen wollen. Und so geht es mir auch. Mir ist bewusst, dass ich sehr gesegnet bin mit diesem Glück, diesen Beruf so ausüben zu können und zu dürfen, aber für mich ist Musik wirklich Leidenschaft.

Gibt es einen dieser guten Momente, an den Sie sich besonders gerne erinnern?

Es gibt einen Moment, da kommen mir heute noch die Tränen. Bei einem Konzert vor ungefähr 15 Jahren waren ein Mädchen und ihre Mutter in der ersten Reihe. Das Mädchen saß im Rollstuhl und konnte nicht sprechen. Ich habe die beiden danach backstage getroffen, habe mich lange mit der Mutter unterhalten und später den beiden noch etwas vorgesungen. Ungefähr zehn Jahre später saßen Mutter und Tochter dann wieder im Publikum, ich habe sie sofort wiedererkannt. Wir haben uns nach dem Konzert wieder getroffen und plötzlich spricht mich das Mädchen, jetzt fast erwachsen, direkt an. Ich war baff, dachte erst, ich hätte sie verwechselt. Und dann hat mir die Mutter unter Tränen erzählt, dass ihre Tochter kurz nach dem Konzert vor 15 Jahren angefangen hatte, langsam sprechen zu lernen. Anscheinend wollte sie immer singen lernen und hat nach unserem Treffen irgendwie damit angefangen und dadurch auch zu sprechen gelernt.

Seit Ihren Anfängen 2004 bei der „SSDSGPS“-Castingshow von Stefan Raab hat sich viel getan: Sie sind Vater geworden, haben Bücher geschrieben und über 1000 Konzerte gespielt. Wie stehen Sie heute zum Rampenlicht?

Wenn man sich meine Anfänge anschaut, dann bin ich ja tatsächlich eher so reingestolpert. Ich war in Köln in der Castingshow, dann plötzlich in Istanbul beim ESC. Meine Karriere ist gegründet worden unter Dauerstress. Am Anfang macht man erstmal alles mit, hat auch noch von nichts eine Ahnung. Mittlerweile hat sich auf jeden Fall das eigene Know-how verändert. Man versteht vieles besser, kann freier entscheiden. Aber dazu kommt eben auch, dass ich mir jetzt ganz andere Gedanken mache und auch machen muss als früher. Die Motivation, Musik zu machen, hat nochmal mehr Dimensionen bekommen. Früher war es nur: Ich will Musik machen, weil ich Musik machen will. Aber heute bin ich 44, ich habe eine Familie, ein ganz anderes Leben. Und da denkt man dann automatisch auch ökonomisch und vor allem für die Kinder mit. Aber ungebrochen, und das macht mich so dankbar, ist es immer noch so, dass ich darüber gar nicht so oft nachdenke. Meistens denke ich einfach nur, dass ich Musik mache, weil ich es so krass liebe und dass es so ein Privileg ist, dass tun zu können. Vordergründig ist die Liebe zur Musik immer das Hauptgefühl.

Im Herbst steht eine große Tour mit der SWR Big Band an, die größte gemeinsame Tour bisher. Sie werdet zwei Monate fast täglich auf der Bühne stehen. Wie macht man sowas?

Wenn man mehrere Monate auf Tour geht, dann muss man von der ersten Sekunde an aufmerksam sein. Man muss gut auf sich aufpassen. Das heißt, man muss sich gut ernähren oder man muss früh ins Bett. Ich als Sänger sollte zum Beispiel auch nicht zu viel reden backstage. Gerade letzteres fällt mir wirklich am schwersten. Aber man muss eben nicht nur mit sich, sondern auch mit der ganzen Mannschaft gut umgehen. Man muss gewissermaßen mit feinen Antennen an so eine Tour rangehen. Aufmerksam sein, dass alle gut drauf sind, dass es niemandem zu viel ist, dass alle sich wohlfühlen. Man muss seinem Team dankbar sein und das auch zeigen. Das müssen alle spüren, von der Technikerin bis zum Big-Band-Mitglied. Dafür muss man viel miteinander sprechen und es braucht auch eine gewisse Erfahrung.

Wie sieht so ein typischer Tag auf Tour aus?

Das ist immer etwas unterschiedlich. Wenn wir zum Beispiel in der Nähe von Köln oder der Nähe vom Schwarzwald spielen – meinen beiden Lebensmittelpunkten – dann werde ich auch immer einplanen, abends nach Hause zu fahren. Ich will nicht, dass sich die Tour anfühlt, wie: Der Papa war zwei Monate nicht da. Aber wenn wir weiter im Osten oder im Norden spielen, kann ich nicht einfach heimfahren. Dann verbringen wir als Team auch die Off-Zeiten, also die Zeiten vor und nach dem Konzert zusammen. Ich nehme zum Beispiel immer meine Joggingschuhe mit, dann habe ich die Stadt wenigstens mal gesehen, gerochen und gespürt.

Sie hatten damals Ihren Durchbruch hier in Köln, sind dann während der Castingshow ständig zwischen Köln und Ihrem Heimatdorf im Schwarzwald gependelt. Heute sagen Sie selbst, Köln sei mittlerweile einer Ihrer Lebensmittelpunkte. Wie wurde Köln für einen Schwarzwälder zur Heimat?

In Köln spielen ist wie nach Hause kommen. Hier habe ich mittlerweile richtig Familie und Freunde. Köln ist meine zweite Zuhausestadt. Der Unterschied zwischen meinen beiden Lieblingsorten sind eine Million Menschen in Köln und 40 Individuen in meinem Dörfchen im Schwarzwald. Das heißt, in dem Haus, in dem wir in Köln leben, leben mehr Menschen als in meinem ganzen Dorf im Schwarzwald. Auch die Leute sind anders. Ich bin Schwarzwälder, ich liebe die Schwarzwälder, aber die Kölner sind auf jeden Fall ein offeneres Volk. Darum mag ich es so in Köln. Meine Familie und die Leute machen Köln zur Heimat. Wenn ich in Köln bin, fühle ich mich sehr wohl und zuhause, aber mein Herz schlägt eben einfach für den Schwarzwald.

Auch mit der SWR Big Band werden Sie nach Köln kommen. Worauf können sich die Kölner Fans freuen?

Auf eine hochmotivierte, große Truppe. Wir haben nicht nur die SWR Big Band mit 25 Leuten dabei, sondern zum Beispiel auch das Backgroundsänger-Duo „Die Sugardaddys“ oder den Perkussionisten Rahni Krija. Auf die und die Big Band dürfen sich die Kölner definitv freuen. Die Spielfreude und Qualität sind auf absolut höchstem Niveau. Es ist unbeschreiblich, was da auf der Bühne passiert, was dir da um die Ohren fliegt. Als Publikum spürt man das auch physisch: Es fühlt sich an, als würde so ein Containerschiff durch die Wand brechen und dann am Nebelhorn ziehen, weil eine große, gute Band so einen Druck hat. Und trotzdem: Auf der Bühne ist die SWR Big Band Weltliga und hinter der Bühne wird schwäbisch geschwätzt. Gerade weil sie so gut auf der Bühne sind, sind sie hinter der Bühne so entspannt. Ich liebe dieses schwäbische Understatement, weil man weiß, was man draufhat. Und wenn dann das alles zusammenkommt, was wir geplant haben, bin ich mir sicher, dass die Konzerte im Herzen bleiben werden.

Was würden Sie angehenden Musikerinnen und Musikern mitgeben wollen?

Ich glaube, die Voraussetzung für eine Karriere hängt von zwei Sachen ab. Das eine ist die Qualität. Du musst irgendetwas besonders gut können, was die Menschen berührt. Aber wenn du das hast, heißt das noch nicht direkt Erfolg. Ganz vieles, was einen im Leben trägt, ist ja sehr zufällig passiert. Und bei der Musikkarriere ist es das Gleiche. Es braucht diesen Zufallsmoment, den man erleben darf und der einen anschiebt. Das ist dann praktisch die zweite Voraussetzung. Wäre ich nicht zur richtigen Zeit in die richtige Show gegangen oder hätte die richtigen Leute getroffen, dann weiß ich nicht, ob ich heute hier über die Tour reden würde. Wenn man an sich und seine Karriere glaubt, dann muss man dranbleiben. Man muss diesen Moment erleben dürfen. Den kann man aber nicht unbedingt provozieren. Man kann ihn vielleicht so ein bisschen wahrscheinlicher machen, indem man die Augen und Ohren offenhält. Aber diesen echten Glücksmoment, der eine Karriere anstößt, den hat man nicht in der Hand. Den muss man abwarten.

Die SWR Big Band und Max Mutzke treten am 15. und 16. Oktober um 20 Uhr in der Stadthalle Köln-Mülheim auf. Tickets gibt es ab 61,40 Euro, zum Beispiel unter www.swr-bigband.reservix.de .