Mit Humor und Liebe die Depression besiegt

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Beatmesse in der Johanneskirche

Beatmesse in der Johanneskirche

Klettenberg – Diakon Willibert Pauels wandelt bei seiner Predigt zwischen zwei Sphären, an der seitlich platzierten Kanzel witzelt er fromm, am Mikrofonständer in der Mitte des Altarraumes eher unverhohlen. Bei der ökumenischen Beatmesse „Licht und Schatten meiner Seele“ in der Johanneskirche der evangelischen Kirchengemeinde Klettenberg wirkt „Ne bergische Jung“ zum ersten Mal mit, seine persönlichen Erfahrung mit dem Thema Depressionen machen ihn zu einem authentischen Mitgestalter.

Durch einen Depressionsschub vor sechs Jahren hat Willibert Pauels „von der heilenden Kraft eines Perspektivwechsels“ profitiert. Bevor er sich in die anekdotisch-besinnliche Schilderung seines Leidens- und Heilungsweges begibt, hat der evangelische Pfarrer Ivo Masanek die Problematik einfühlsam vorgestellt.Die Dunkelheit einer Depression gemeinsam auszuhalten hält Pfarrer Masanek für den Auftrag der Gemeinde, die Betroffenen nicht in ihrer Isolation zu belassen hat oberste Priorität im Kampf gegen die Krankheit. Der Brief einer Betroffenen wird vorgelesen, die Krankheit befällt sie unvermittelt, wehrlos ist sie ihr ausgeliefert. Freudlos, handlungsunfähig und ruhelos zugleich macht sie. Allein in Deutschland erkranken jährlich über fünf Millionen Menschen an Depressionen. Eine Meditation soll die Gläubigen erden, fest zwischen Himmel und Erde verankern, das Ein- und Ausatmen von Gott und Mensch als einen wechselseitigen Austausch erkennbar machen. Die wohl durchdachten Wortbeiträge, wie die von Dominikanerpater Diethard Zils, und die rockig-poppigen Arrangements der Band Ruhama verbinden sich zu einer spannungsreichen Mixtur. Tatsächlich prägen die acht Musiker die Beatmesse, fast alle Stücke sind Eigenkompositionen der Bandmitglieder. „Dunkelheit zerbricht“ oder „Wegen euch – damit ihr Hoffnung habt“ bringen die Gemeinde in Bewegung. In den Bänken singen die Besucher dank der im Programmheft abgedruckten Liedtexte begeistert mit.Dynamisch tritt dann auch Willibert Pauels ans Pult, mit dem offenen Bericht über seine Therapie in der Psychiatrie beweist er Mut. Viele lehnen diesen Schritt wegen des Stigmas, das ihm noch immer anhaftet, kategorisch ab. Beim professionellen Kabarettisten und ehemaligen Büttenredner Pauels hat Manfred Lütz den Widerstand schnell gebrochen, der damalige Chef des Alexianer-Krankenhauses appellierte an seine Vernunft, nannte Optionen. Natürlich gerät diese Predigt in großen Teilen zur Humoreske, Gott sei Dank, möchte man sagen, denn schließlich lässt sich selbst das schwierigste Thema in witziger Gestalt leichter verdauen. Im Minimalkostüm, den Talar nur mit Pappnase und dickem Brillengestell modifiziert, setzt er Tünnes und Schäl in einen Wiederauferstehungskontext, erzählt die „wirklich passierte“ Geschichte vom evangelischen Ruhrpott-Kumpel, der sich beim Besuch des katholischen Bischofs in der Kohlezeche als einziger nicht hinknien will.Immer wieder lässt er es zum Bruch mit dem reinen Klamauk kommen, zieht prominente Beispiele aus Literatur und Bibel heran, um die „Höllenkrankheit“ mit „Grübelzwang“ nachvollziehbar darzustellen.

Willibert Pauels entdramatisiert den Zustand der Depression, indem er von seinem ersten Gespräch mit seinem Psychiater erzählt. „Ist nicht schlimm. Das kriegen wir in den Griff“, habe der lapidar dahingesagt. Zunächst sei eine Depression eine organische Störung der Botenstoffe, eine Stoffwechselstörung, und, so betont Pauels mehrfach, mit „guten, nicht gefährlichen Medikamenten“ behandelbar. Als zweite Säule der Behandlung hilft die Psychotherapie, dunkle in helle Gedanken zu verwandeln. „Letztlich sind nicht die Dinge entscheidend, sondern wie wir die Dinge sehen“, zitiert Willibert Pauels aus dem Wissensschatz des griechischen Philosophen Epiktet. Ohne Arroganz und Oberflächlichkeit, sondern mit Liebe und Humor über den Dingen stehen zu können, hält der Humorist für das beste trainierbare Therapieziel überhaupt.

Kabarettist und Diakon: Willibert Pauels bei seiner Predigt

Kabarettist und Diakon: Willibert Pauels bei seiner Predigt

Willibert Pauels

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