Wegen einer unvollständigen Baumaßnahme und Feuchtigkeit drohen Mehrfamilienhäuser unbewohnbar zu werden.
Köln-FlittardDach undicht – Mieter zur Räumung ihrer Wohnungen aufgefordert

Das betroffene Haus in Köln-Flittard.
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„Bei jedem Regen dreht sich mir der Magen um“, sagt Christiane Klingenburg-Steinhausen. Ihre Sorge gilt den Bewohnern der Hausnummern 7 und 9 der Eduard-Heis-Straße, denn das Dach des Mehrfamilienhauses liegt nach einer unvollendeten Umbau-Maßnahme offen: Regenwasser dringt ungehindert ein, die Stadt hat schwere Feuchtigkeitsschäden festgestellt. Nachdem Bewohner Ende August von Stromausfällen berichtet hatten, hatte die Hausverwaltung den Strom gleich ganz abstellen lassen.
Einige Tage später erhielten die Bewohner per Post die nächste Hiobsbotschaft: Aufgrund von „Gefahr im Verzug“ wurden sie von der Stadt Köln aufgefordert, das Haus zu räumen. Zwar stellt ihnen die Verwaltung eine Notunterkunft zur Verfügung, doch die befindet sich in Rodenkirchen, am anderen Ende der Stadt – einige der Mietparteien, vor allem die mit schulpflichtigen Kindern, wollen ihr Zuhause daher nicht verlassen. Ohne Strom harren sie in den nassen Wohnungen aus.
Vor eineinhalb Jahren standen die Mieter schon einmal vor dem gleichen Problem, weiß Klingenburg-Steinhausen. Als langjährige Lehrerin an der Willy-Brandt-Gesamtschule hat sie eine Schulpatenschaft für einen Schüler aus dem Haus übernommen und steht in engem Kontakt mit dessen Familie. „Im Juli 2023 hatte die Eigentümergesellschaft begonnen, das Haus zu dämmen und gleichzeitig das Dach aufzustocken“, sagt sie. „Von außen sah es fast fertig aus, aber es wurde offensichtlich nicht fertig abgedeckt, denn im Winter 23 passierte das, was jetzt auch wieder passiert.“ Nachdem bereits damals in allen Wohnungen Schimmelbildung festgestellt worden waren, hatte die Stadt Köln die Eigentümergesellschaft verpflichtet, eine Dachgerüsthaube anzubringen. Das schuf zunächst Abhilfe, die Wohnungen trockneten wieder.

Auch im Schlafzimmer sind die heftigen Wasserschäden an Decke und Wänden deutlich sichtbar.
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Insolvenz stoppt Sanierung am Dach
Das vergangene Jahr hatten die Mieter genutzt, um ihre Wohnungen auf eigene Kosten zu renovieren. Die Eigentümergesellschaft hingegen hatte im Frühjahr dieses Jahres Insolvenz angemeldet, berichteten sie, und im zurückliegenden Sommer wurde die Dachgerüsthaube wieder abgebaut. „Eine offizielle Begründung wurde nicht genannt – wir vermuten, dass fällige Zahlungen nicht geleistet wurden“, so Klingenburg-Steinhausen. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten.
In ihrer Sitzung Anfang September hatte die Bezirksvertretung Mülheim die Verwaltung in einem gemeinsamen Dringlichkeitsantrag einstimmig aufgefordert, unverzüglich gebäudeschützende Maßnahmen durchzuführen, um irreversible Schäden an der Bausubstanz zu verhindern und die Bewohner vor Obdachlosigkeit zu bewahren. Nur zwei Tage später erhielten die Bewohner die Aufforderung zur Räumung ihrer Wohnungen. Zwei der Mietparteien hätten die angebotene Notunterkunft in Rodenkirchen inspiziert und daraufhin beschlossen, in den eigenen Wohnungen zu bleiben, berichtet Klingenburg-Steinhausen. „Für die Kinder sei der Schulweg dann viel zu weit, sagen sie.“
Die zurückbleibenden Mieter greifen zur Selbsthilfe – eine von ihnen etwa hat einen Generator auf dem Balkon aufgestellt und versorgt Nachbarn mit. Klingenburg-Steinburg und weitere Unterstützer helfen aus, indem sie für die Bewohner kochen oder mobile Gasheizungen zur Verfügung stellen.
Von einer zwangsweisen Räumung, wie sie zwischenzeitlich befürchtet wurde, sieht die Stadt Köln „derzeit“ ab, gleichwohl hätten die Mietparteien nach wie vor die Pflicht zur Räumung. Die Verwaltung appelliert daher an die Bewohner, das Angebot des Wohnungsamtes anzunehmen, oder, sich andere Alternativen zu suchen. Den Verantwortlichen wurde bereits die Auflage gestellt, wieder eine vertretbare Wohnsituation herzustellen, doch auf Seiten der Eigentümer fehle eine Ansprechperson. Das Gebäude selbst zu kaufen und zu sanieren, beabsichtigt die Stadt derzeit nicht. „Die Bewohner versuchen jetzt, untereinander Geld zu sammeln, um die Haube selbst wieder auf das Dach setzen zu lassen“, sagt Klingenburg-Steinhausen.