Mietern in Köln-Mülheim droht eine Zwangsräumung. Helfen kann nur die Eigentümerin, aber auf sie warten die Mieter auf der Wallstraße wohl vergeblich.
„Rücksichtsloses Vorgehen eines Großunternehmens“Für Mieter im Kölner Ex-Hotel rückt die Räumung näher

Mieter Wolfgang Bergmann an seiner Wohnungstür in Köln-Mülheim
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Wolfgang Bergmann bezeichnet sich selbst als Optimisten. „Deshalb gebe ich die Hoffnung nicht auf, hier bleiben zu können“, sagt er. Doch die Aussichten, dass der 68-Jährige und die anderen fünf Mietparteien in der Wallstraße in Köln-Mülheim in ihren Wohnungen bleiben können, verdüstern sich zusehends – es droht die Zwangsräumung. Die Schuldige ist für ihn eindeutig auszumachen: „Die Eigentümerin will uns hier raus haben. Was uns geschieht, ist für mich ein Beispiel für das rücksichtslose Vorgehen eines Großunternehmens.“
Seit dreizehn Jahren lebt Bergmann mit seiner Partnerin in den Räumen einer ehemaligen Hotelgaststätte in der Wallstraße 31 in Köln-Mülheim. 2019 wurde die Stadt darauf aufmerksam, dass Bergmann und die anderen Mieterinnen und Mieter illegal in dem Haus leben – es fehlt eine Baugenehmigung für Wohnzwecke. Seitdem droht ihnen die Zwangsräumung. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete.
Stadt Köln widerspricht Darstellung der Eigentümerin
Helfen kann in dieser Situation nur die Eigentümerin, die im Auftrag einer Immobilienfirma aus Köln arbeitet. Sie müsste einen Bauantrag bei der Stadt stellen. Doch in einem Brief vom 16. Juni, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, kündigt der Anwalt der Immobilienfirma den Mieterinnen und Mietern an, dass es dazu nicht kommen werde.
„Es ist – voraussichtlich dauerhaft – nicht möglich, das Objekt in einen genehmigungsfähigen Zustand zu versetzen“, heißt es darin. Deswegen empfiehlt er den Mietparteien, „sich zeitnah nach Ersatzwohnraum umzusehen“. Der Anwalt führt aus, dass zwar zunächst ein Bauantrag gestellt worden ist, dieser aber wieder zurückgezogen wurde, weil die Chancen auf eine Genehmigung zu gering seien.
Robert Baumanns, Sprecher der Stadt Köln, widerspricht dieser Darstellung: „Bei der Stadt Köln ist in diesem Jahr kein Bauantrag eingegangen und konnte daher seitens der Eigentümerin auch nicht zurückgezogen werden.“ Zu einem Bauantrag könne man die Eigentümerin nicht zwingen, man stehe ihr aber jederzeit für Hilfe beim Antrag zur Verfügung. Baumanns betont: „Die Stadt Köln hat großes Interesse daran, dass die Menschen in dem Haus wohnen bleiben können.“
Fraglich ist, wie groß dieses Interesse seitens der Eigentümerin ist. Das Anwaltsschreiben enthält eine lange Liste von Baumängeln, die angeblich nicht behoben werden können. So sei die Wohnung von Wolfgang Bergmann im Erdgeschoss „auf allen Seiten auf dem Grundstück der Nachbarn errichtet. Es liegt eine Grenzüberbauung vor“. Die Eigentümerin hätte versucht, eine Einigung mit den Nachbarn zu erzielen, dies sei bisher allerdings nicht gelungen.
Fünf Parteien an der Wallstraße bereits ausgezogen
Das Haus an der Wallstraße 31 grenzt an vier Grundstücke. Mit einem der Eigentümer der Nachbargrundstücke konnte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ sprechen. Kontakt mit der Eigentümerin an der Wallstraße 31 wegen der vermeintlichen Grenzüberbauung hätte es bisher allerdings nicht gegeben.
In den Obergeschossen, so heißt es in dem Anwaltsschreiben weiter, fehlten zudem Fluchtwege, die nicht gebaut werden könnten. Für Bergmann ebenfalls unverständlich, schließlich gebe es seit ein paar Jahren eine provisorische Feuerleiter im Hof.

Wolfgang Bergmann an der provisorischen Feuerleiter im Hof
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Für Bergmann sind die Baumängel, die der Anwalt ausführt, sowieso nur vorgeschobene Argumente, um ihn und die anderen Mietparteien loszuwerden.
Kontakt in der Sache habe er mit der Eigentümerin bisher nur über den Anwalt gehabt. Vier Parteien in dem Haus seien wegen des fehlenden Bauantrages bereits ausgezogen. Bergmann hofft, dass es für seine Partnerin und ihn nicht so weit kommt. Denn obwohl er Optimist ist – wie er sich eine neue Wohnung leisten soll, dafür fehlt ihm die Fantasie. „Die Preise hier im Viertel sind in den letzten Jahren explodiert.“
Im schlimmsten Fall droht ihm und den anderen Mietparteien die Obdachlosigkeit. Anfragen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat das Immobilienunternehmen unbeantwortet gelassen.