Science Slam MeisterschaftAus dem Labor auf die Kölner Bühne

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Der Opa von Neurowissenschaftlerin Verena Dzialas ist dement, was teilweise zu kuriosen Situationen führt.

Köln-Mülheim – Science Slams sind regelmäßige Kulturangebote an Hochschulen. Im Wesentlichen verlaufen sie wie ein Poetry Slam. Doch tragen hier keine Künstler Verse oder Prosa vor, sondern Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen versuchen, auf möglichst unterhaltsame Weise ihr Forschungsthema zu vermitteln. Wie im Hörsaal hilft dabei eine Präsentation. Das Publikum erhält so einen Einblick in das Fachgebiet – und viel zu Lachen.

Kandidat Nummer Eins an diesem Abend im Gebäude 9 heißt Lukas Biesen und ist Chemiker. Er forscht in Düsseldorf zu Molekülen, oder wie es wissenschaftlich heißt: aggregations-induzierte Emissionen. Seine Arbeit kam voran, als er einmal versehentlich ein Komma verschob. „Bei uns ist Irren etwas Gutes“, verkündet Biesen. Schließlich habe der Astrophysiker Harald Lesch einmal gesagt: „Wir irren uns empor.“ Biesen zeigt zur Begeisterung des Publikums, wie bestimmte Moleküle unter UV-Licht und bei Zugabe von destilliertem Wasser dessen Farbe verändern.

Neurowissenschaftlerin erforscht in Köln das Gehirn

Dominik Pridöhl will den Zuhörerinnen und Zuhörern weismachen, dass man einen Teilchendetektor ganz leicht selbst bauen kann. „Dazu braucht man nur 320 Röhrenfernseher, einen Kilometer Kupferkabel, eine sechs Meter hohe Getränkedose und vier handelsübliche Sonnenschirme.“ Zumindest im Modell. Das Original, an dem er und seine Kollegen und Kolleginnen an der RWTH Aachen forschen, soll irgendwann einmal ins All geschossen werden – im Idealfall ab dem Jahr 2045. Es soll dann das Gewicht von Teilchen messen.

Neurowissenschaftlerin Verena Dziales erforscht in Köln das menschliche Gehirn. „Dieser arrogante Fleischklumpen, der von sich behauptet, das wichtigste Organ von allen zu sein, erinnert mich nicht mal daran, meine Mülltonnen rauszustellen“, sagt sie. Um zu zeigen, wie Synapsen arbeiten, lässt sie das Publikum Karnevalslieder singen – da reicht schon eine einziges Wort. Dzialas beschäftigt sich mit der Erforschung von Parkinson und Alzheimer, nicht zuletzt aus persönlichen Gründen, denn ihr Opa ist dement. Mit der „Motorischen Reserve“, erklärt sie, würden Synapsen trainiert und Gehirnschäden abgemildert.

Dortmunder erforscht Intervalltraining an Kölner Sporthochschule

Der Dortmunder Oliver Quittmann erarbeitet an der Sporthochschule Köln das effektivste Intervalltraining. Und das ist viel: „Dazu gibt jede Menge Studien. Und Studien, die die Studien zusammenfassen.“ Für seinen Vortrag hat Quittmann einen Avatar kreiert, der statt seiner einen virtuellen Berg hoch radelt. „Radfahren ist gut: In China ist die Todesrate im Straßenverkehr deswegen um 50 Prozent zurückgegangen. Nachteil: Man lebt in China“, witzelt er.

Manuel Maidorn aus Göttingen kennt die „Macht des Donuts“. Der Biochemiker weiß: Ein Mensch besteht allein aus 86 Milliarden Neuronen – egal wie schlau er ist. „Das Problem: Wir können nichts messen, was kleiner als 200 Nanometer ist – das Licht ist zu groß.“

Das bedeute, dass das Licht eine größere Wellenlänge habe als die Neuronen. Unter dem Mikroskop würden sie unscharf. Grenze man den Fokus ein, könnten auch kleinere Neuronen vermessen werden. Maidorn demonstriert das auf unterhaltsame Weise mit einem Schwimmreifen und einem Probanden aus dem Publikum, der eine Lichterkette umgelegt bekommt.

Kölner Sieger fahren zur Deutschen Meisterschaft

Lebensmittelchemiker Georg Dierkes aus Koblenz untersucht Mikroplastik, darunter Kunststoffe mit lustigen Namen wie Pipamperon. „Wenn wir Mikroplastik erzeugen wollen, müssen wir Kunststoffe verbrennen. Echte Kunststoff-Sommeliere können die Art anhand des Geruchs erkennen.“ Dierkes ist durch ein spezielles Messverfahren in der Lage, die Mikroplastik-Konzentration in einem Soff festzulegen. Seinen Vortrag veranschaulicht er mit Bildern aus einer Miniaturlandschaft, die er selbst gestaltet hat.

Das Publikum stimmt nach jedem Auftritt mit insgesamt zehn willkürlich verteilten Punktetafeln ab. Manuel Maidorn geht dabei als knapper Sieger hervor, doch Georg Dierkes und Verena Dzialas liegen gleichauf. Eine erneute Stichwahl muss entscheiden. Die Zuhörerinnen und Zuhörer recken erneut die Punktetafeln empor und legen sich fest: Dierkes fährt nach Hamburg und kämpft am 9. Dezember um den Titel des Deutschen Meisters im Science Slam.

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