Nach ÜberflutungKölner bauen den Eifel-Zoo auf

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Im vergangenen Jahr versank das Gelände im Schlamm.

Köln – Etwa eineinhalb Stunden südlich von Köln kaufte Hans Wallpott vor mehr als 50 Jahren das Gelände einer stillgelegten Fischzucht. Der Kaufmann, Inhaber eines Herrenmodegeschäfts aus Ehrenfeld, baute dort, in Lünebach bei Prüm, einen privaten Tierpark auf: den Eifel-Zoo. Wallpott, begeisterter Karnevalist und langjähriger Präsident des Traditionskorps Bürgergarde blau-gold, starb im Mai 2017 im Alter von 89 Jahren.

Er erlebte damit nicht mehr, wie etwa ein Jahr später, am 1. Juni 2018, eine Katastrophe über den Zoo hereinbrach. Binnen weniger Minuten wurden die Bäche auf dem Gelände zu reißenden Strömen. Sie zogen eine Schneise der Verwüstung durch die Gehege, Hunderte Tiere starben qualvoll. Fast ein Jahr später ist von der Schlammwüste nichts mehr zu sehen. Witwe Annemie Wallpott ist es gelungen, dem Erbe ihres Mannes neues Leben einzuhauchen – mit tatkräftiger Unterstützung aus Köln.

Dies ist nicht nur die Geschichte eines kleinen Wildgeheges in der Eifel, das den Naturgewalten zum Opfer fiel. Es ist ein Beispiel dafür, dass viele Hände zusammen Großartiges leisten können. Dass Freundschaft kein hohles Wort ist und dass Karnevalisten ihre Vorsitzenden ehren – bis über den Tod hinaus.

Tigern stand das Wasser bis zum Hals

Noch heute fällt es Annemie Wallpott schwer, über die Katastrophe zu sprechen. Eine falsche Wolke zur falschen Zeit. Diese Wassermassen, die Tiere, die elendig verendeten – Skunks, Schnee-Eulen, Prärielöwen, Hirschziegen, Antilopen. Und dann natürlich Mike, der Kragenbär, fast 30 Jahre alt – er musste erschossen werden. „Er war mein Lieblingstier, aber es gab keine andere Wahl“, sagt die 78-Jährige dem „Express“. Weltweit geriet der Eifel-Zoo damals in die Schlagzeilen – weil angeblich die Raubkatzen ausgebrochen waren. Das stimmte nicht, es war nur der Bär. „Den Tigern stand in ihrem Haus das Wasser bis zum Hals. Wir dachten, wir hätten sie gerettet, aber sie hatten wohl zu viel Schlamm geschluckt“, sagt Wallpott.

Ein Wildgehege mit exotischen Tieren in den 60er Jahren, mitten in der Eifel. „Was für eine spinnerte Idee, habe ich gedacht“, erinnert sich Annemie Wallpott. Doch ihr Mann setzte sich durch, und die Wallpotts pendelten fortan zwischen Eifel und Rheinland. „Montags musste ich mich oft vom Wochenende erholen“, sagt die Geschäftsfrau und lacht. „Aber selbst auf unserem Balkon in Ehrenfeld habe ich Löwen, Tiger und Wildschweinchen mit der Flasche aufgezogen.“

Tochter Isabelle zog nach dem Unwetter einen Schlussstrich unter das Zoo-Kapitel, dem sie ihr Leben gewidmet hatte. Und Annemie? Die versuchte, zumindest nach außen hin ganz stark zu sein. Denn ihr Sohn Markus, Eventmanager und als Chef der Bürgergarde blau-gold Nachfolger des Vaters, hatte sechs Wochen nach der Katastrophe die Devise ausgegeben: „Wir machen weiter.“ Alle packten mit an: Die drei Enkel und ihre Freunde griffen jedes Wochenende zum Spaten, die Bürgervereinigung Ehrenfeld, die Karnevalisten. „Der Grundschullehrer meiner Kinder, Johannes Maubach, hat sogar eine Spendenaktion gestartet“, sagt Annemie Wallpott.

Doch bei all der Aufregung spielte das Herz nicht mehr mit. „Ich hatte Anfang August einen Infarkt, habe jetzt drei Bypässe. Da kam wohl alles raus. Toi, toi, toi – heute geht’s mir wieder gut.“ Dazu tragen sicherlich zwei „Multitask-Männer“ bei: Ken Reise, heute Eventmanager in der Agentur ihres Sohnes, aber auch gelernter Gärtner, der einst im Kölner Zoo arbeitete. Er hat den Kopf voller Ideen für Events, ist sich für keine Arbeit zu schade. Und Stefan Terlinden, Tierpfleger mit Berufserfahrung in Australien – und obendrein gelernter Tischler. Er sieht seinen Job als Berufung, macht sich mit Feuereifer daran, das fünf Hektar große Gelände zeitgemäßer zu gestalten.

Einige Tiere fehlen noch

Wie die Zukunft des Tierparks aussieht? Weg vom Zoo, hin zum Tiergehege. „Wir haben uns überlegt, was kann uns von großen Zoos abheben?“, sagt Reise. „Das sind die idyllische, unvergleichliche Lage und die Nähe zum Tier, die wir vor allem Kindern anbieten können. „Hier gibt es Schubkarre und Striegel, Möhrchen zum Füttern und nebenbei ganz viel Bildung.“ Weg von den fünf großen Zootieren – Menschenaffe, Giraffe, Elefant, Nashorn und Bär – hin zu ganz normalen Tieren aus der Eifel. Dazu eine Wisentherde aus Europa, Haustiere der nördlichen Erdkugel wie Yaks und Trampeltier, thematisch gegliedert. Weg von hohen Zäunen, stattdessen Elektrozäune in der Erde, Erdwälle und Wassergräben, um den natürlichen Eindruck zu verstärken.

Aber natürlich rumpelt auch weiterhin die Lok durchs Gelände. Auf sie ist Verlass: Beim Unwetter stand sie komplett im Wasser, lief aber schon ein paar Stunden später wieder.

Schon jetzt ist das Gehege zum Teil eröffnet. Vieles ist zwar noch nicht fertig, und diverse Tiere fehlen noch, doch es wird langsam. „Auf die Kölner ist Verlass“, sagt Annemie Wallpott schmunzelnd. „Die lassen uns nicht im Stich.“ (red) 

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