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Namensvetterin von Angela MerkelFlüchtlingskind Angela geht jetzt in Köln zur Schule

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Vater Ezzat mit Angela und Mutter Media werden von Beginn an von den Eheleuten Angelika und Markus Schöneberger (Mitte) unterstützt.

Köln-Süd – Nach ihrer Einschulung am 11. August war Angela wohl kurzzeitig das bekannteste I-Dötzchen in Köln. Denn Angela  gehört zur ersten Flüchtlingsgeneration, die in Deutschland geboren wurde und jetzt hier zur Schule geht. Ihre kurdische Familie stammt  aus dem syrischen Hasaka, wo immer noch Kämpfe toben. Die Mutter war im siebten Monat mit dem Mädchen schwanger, als es mit einem völlig überfüllten Schlauchboot im Jahr 2015 übers Mittelmeer ging, dann mehrere Wochen über die Balkanroute nach Österreich und Deutschland.

In Köln fand die Familie zunächst ein Aufnahmelager in Rondorf und wurde dort von Ehrenamtlichen der katholischen Kirchengemeinde betreut. Im Dezember, zwei Tage vor Weihnachten, kam die kleine Angela zur Welt. Ihre Eltern, Vater Ezzat und Mutter Media, gaben dem Mädchen den Namen Angela, aus Dankbarkeit dafür, dass die damalige deutsche Kanzlerin Angela Merkel sich in jenem Krisenjahr für die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Bürgerkriegsland engagiert hatte.

Familie erlebt immer noch Anfeindungen 

Der Vater erinnert sich: „Ihr Satz, «wir schaffen das» hat auch uns viel Mut gemacht!“ Zur Einschulung bekam sie jetzt prompt Post und ein Foto von der Kanzlerin zugeschickt. Es steht im kleinen Flur der Dreizimmerwohnung im Kölner Süden. Wo genau soll nicht in der Zeitung stehen.  „Die Eltern werden mitunter immer noch angefeindet“, erzählt Markus Schöneberger. Er und seine Frau Angelika kümmern sich seit sieben Jahren  um die Familie. „Es ist unsere Ersatzfamilie hier in Deutschland“, sagt Ezzat.

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Einträchtig sitzen sie mit ihren „Zieheltern“ auf der Couch im spärlich eingerichteten Wohnzimmer und trinken syrischen Kaffee. Schöneberger hat sich schon zu DDR-Zeiten mit dem Thema Flüchtlinge beschäftigt. „Viele sind auf der Suche nach Freiheit, einem eigenständigen und autarken Leben. Man muss wissen, derzeit sind weltweit rund 100 Millionen Menschen auf der Flucht“, sagt der Rondorfer. Seine Frau Angelika ist durch die Nähe zur damaligen Flüchtlingsunterkunft  auf die Familie aufmerksam geworden.

30 Quadratmeter für drei Personen

„Sie wohnten auf 30 Quadratmetern, die kleine Angela hatte nicht einmal ein eigenes Bettchen“, erinnert sich die diplomierte Mathematikerin. Fünf Monate hat es gedauert, eine Wohnung für die Familie zu finden, insgesamt 55 Anfragen hat sie geschrieben. Mobiliar wurde über Spenden zusammen gesucht. Die Schönebergers haben die Familie zum Jobcenter oder zum  Ausländeramt begleitet. „Wer diesen Kindern aus Flüchtlingsfamilien hilft auf ihrem Weg ins Leben, durch gute Bildung, der hilft auch unserem Land, voranzukommen. Denn Deutschland braucht gut ausgebildete Köpfe mehr denn je. Wir haben alle etwas davon“, sagt Schöneberger.

Angela kuschelt sich an ihre Mama. Die Schule gefällt ihr gut. Was ihr noch fehlt, ist ein kleiner Schreibtisch, an dem sie schreiben und malen kann. Den hätte sie gerne. „Und einen Stuhl“, ergänzt sie dann mit einem energischen Nicken. 2017 wurde ihr Bruder Joseph geboren. Er schläft auf einer Matratze unter ihrem Hochbett. Die beiden teilen sich ein kleines Zimmer.  Vater Ezzat hat im April seinen Gabelstaplerschein gemacht und arbeitet jetzt als Lagerist in einem Lebensmittelunternehmen. Die Familie kommt knapp über die Runden. Deshalb sind sie gerade dabei, sich von der finanziellen Unterstützung des Jobcenters zu verabschieden.

Der Traum vom Bäckerberuf

Seine Frau Media ist gelernte Archäologin und leidenschaftliche Bäckerin. Am liebsten würde die 29-Jährige den Bäckerberuf lernen. „Ich weiß, dass ich keinen Beruf in Teilzeit erlernen kann“, sagt sie dann lächelnd. Die Schönebergers haben sich für ihre „zweite Familie“ eine große Aufgabe gestellt. „Wir wollen, dass sie die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen“, erzählen sie. Und auch aus der Ferne wollen sie „ihre“ syrische Familie weiter unterstützen, denn die Schönbergers kehren Köln den Rücken zu, um in ihre Heimat nach Hamburg zurückziehen. Ezzat wird beim Umzug helfen. Nicht nur, weil er handwerklich geschickt ist. „Es sind meine deutschen Eltern“, sagt der junge Familienvater.

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