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„Es war total aufregend“Kölner Comedian über die Leidenschaft der Improvisation

Lesezeit 4 Minuten
Timo Klebanowski

  1. Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?
  2. Dieser Frage geht Susanne Hengesbach regelmäßig nach. Heute spricht sie mit Timo Klebanowski über Humor.
  3. Der 28-Jährige angehende Online-Redakteur ist Stand-up-Comedian und moderiert eine Impro-Show in Ehrenfeld.

Köln – In einer Zeit, in der wir täglich mit schrecklichen Nachrichten konfrontiert werden, erscheint mir diese Begegnung als besonderer Glücksfall. Ich kann ja oft mit meinen Gesprächspartnern lachen, aber selten so herzerfrischend wie mit diesem Mann, den ich kurz vor seiner Abfahrt nach Berlin am Bahnhofsvorplatz anspreche und ins Galestro dirigieren kann.

Kölner Comedian: Von „Nightwash“-Show inspirierte ihn

Dort erzählt Timo Klebanowski von seinen bevorstehenden Auftritten in der Bundeshauptstadt und in Hamburg, von seinem künftigen Beruf als Online-Redakteur, von seinem vorherigen, nicht zu Ende gebrachtem Studium im Bereich Soziale Arbeit und von seiner Leidenschaft für Stand-up-Comedy. Letzteres interessiert mich natürlich besonders, also frage ich den 28-Jährigen, wie und wann er gemerkt hat, dass es einen Wunsch oder gar Drang zur Bühne gibt.

Klebanowski berichtet von dem Moment, in dem es ihn erwischt hat. Das war vor fünf Jahren, als er sich aus Spaß mal eine dieser Kult-Comedy-Shows im „Nightwash“ anschauen wollte und total begeistert“ rauskam. Das Verb „infiziert“ benutzt man in Corona-Zeiten ja nicht mehr gerne, aber genau das ist damals passiert.

„Ich nenne es nicht leiden“

In Köln gibt es rund ein Dutzend offener Bühnen, und die hat Klebanowski sich dann näher angeschaut, bis er im Oktober 2020 erstmals selber auf solch einer Bühne stand. „Es war total aufregend. Da hat man jahrelang diesen Gedanken und möchte was Witziges erzählen, und dann kommt die Realität und es fühlt sich ganz anders an als in der Vorstellung“, sagt der Mann aus Erkelenz über seine Premiere im „Boing!“

„Was war Ihr Thema?“, frage ich und bekomme eine Antwort, die mich losprusten lässt: „Ich rede über meine Rückenhaare!“ – Ursprünglich sei das ein Betätigungsfeld seiner Mutter gewesen. Nach seinem Auszug und Umzug nach Köln habe er sich im Internet ein Rückenhaar-Rasiergerät bestellt, sagt mein Gegenüber, erhebt sich dabei ein wenig, um mir zu demonstrieren, wie er sich mit Hilfe des Geräts und dessen meterlangem Stil unter der Dusche zum Zielgebiet vorarbeitete. Ich kann es mir gut vorstellen. Tage später habe er im Schwimmbad beim Vorbeimarsch an einem Spiegel „gesehen, dass ich eine komplette Bahn vergessen habe“.

Tendenz zur Klugscheißerei

„Ich schmeiß mich weg“, sage ich lachend, sehe den Streifen bildlich vor mir und frage: „Leiden Sie da drunter, also unter dem Rückenhaar?“ – „Ich nenne es nicht leiden, aber wenn es nicht da wäre, wäre es auch okay“, entgegnet Klebanowski grinsend. Wir sprechen dann ganz allgemein über Humor, der beim Deutschen „sehr durchrationalisiert, sehr viel kühler und überlegter“ ist als etwa beim Südeuropäer, wie mein Gegenüber findet.

Der Deutsche stehe oft unter dem Druck, „bloß nichts falsches sagen“. Auf der anderen Seite tendiere er zur Besserwisserei und zum Andere-niedermachen. „Je höher der Bildungsgrad, umso klugscheißerischer käme er daher“, meint der 28-Jährige: „Ich weiß mehr als du, und das möchte ich dir jetzt zeigen!“

Impro-Show in der Bar Liebefeld

Vieles von dem, was man im Comedy-Kontext höre, „sind keine Jokes, sondern reine Beleidigungen“, sagt Klebanowski. „Die Meta-Ebene fehlt vielfach.“ Ich stimme ihm zu. „Ich finde es so schade“, erkläre ich, „dass gerade unter Männern die Spezies der Geschichten-Erzähler zunehmend abhandenkommt. Man trifft fast nur noch auf Dozenten, Lehrer und Belehrer“, sage ich und ernte von meinem Gegenüber ein heftiges, zustimmendes Kopfnicken. Dann kommen wir auf Klebanowskis Spezialgebiet, nämlich die Improvisation zu sprechen.

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„Ich stelle mir das echt schwierig vor!“ – Mein Gegenüber nickt erneut. „Das Improvisatorische ist schon eine große Herausforderung“, stimmt er zu. „Wie erzähle ich über einen Begriff, den ich gerade erst gelesen habe, eine Geschichte, die lustig ist und unterhält?“ Ich bitte um ein Beispiel, und er sagt: „Stehplatz im Flugzeug“… Auch die Show, die Klebanowski zusammen mit seinem Partner Philipp Siedau einmal monatlich in der Ehrenfelder Bar „Liebefeld“ veranstaltet und moderiert, funktioniert so, dass da keine Zeit ist zum Nachdenken.

Unter dem Motto „Ich hab‘ da mal nichts vorbereitet“, müssen sechs Comedians aus dem Stegreif zeigen, was sie drauf haben. Eigentlich sollte diese Impro-Veranstaltung schon viel früher an den Start gehen, dann hat der Lockdown dazwischen gegrätscht. Jetzt freut sich Klebanowski nach seiner Rückkehr aus Hamburg auf ein hoffentlich lustiges Kölner Heimspiel am 30. März.