Abo

Neues Stück „Annemie ich kann nit mih“Samy Orfgen rettet die Premiere im Millowitsch-Theater

4 min

Samy Orgfen und Peter Millowitsch im neuen Stück „Annemie ich kann nit mih“.

Köln – Sie sprühte sichtlich vor Spielfreude und das mit einer beeindruckenden Bühnenpräsenz, mit reichlich Sprachwitz („Nä, nit dä do, do dä“), flotten Sprüchen („Wo früher deinen Leber war, ist heute eine Minibar“) und vor allem einem spürbar kölschen Herz: Samy Orfgen (63) rettete die Premiere des neuen Stückes „Annemie ich kann nit mih“ im Millowitsch-Theater.

Für sie gab es vom Premierenpublikum – darunter Katharina und Mariele Millowitsch, die Ex-Anrheiner-Kollegen Claus Janzen und Giovanni Luzz sowie der frühere Dompropst Norbert Feldhoff - den meisten Schlussapplaus. Zu Recht.

Als Gräfin und Hausherrin auf der Burg Sistenich organisiert sie dort schon seit 20 Jahren alljährlich ein Märchenspiel, bei dem die Angestellten und das halbe Dorf mitspielen. Dabei nimmt sie es mit den Vorgaben der Brüder Grimm nicht so genau. „In Schneewittchen spielt doch kein Frosch mit“, protestiert Peter Millowitsch, der ihren vermögenden Ehemann spielt. „In meiner Bearbeitung schon.“ Daher muss der Graf nach krankheitsbedingten Ausfällen in der Laienspielschar in der letzten Probenphase den Part des Froschkönigs übernehmen.

Und so läuft Millowitsch fast das gesamte Stück über in einem Frosch-Kostüm umher – das wirkt optisch schon recht komisch. Dabei hat der gute Mann ganz andere Sorgen. Gerade vom einer turbulenten Versammlung des Deutschen Bauerntages aus Köln zurückgekehrt, tauchen auf der Burg unerwartet sein Schweizer Bankberater (Ivan Robert) sowie eine Staatssekretärin aus dem Finanzministerium (Ariana Weil) auf, die von einem Ministerposten in der Regierung träumt.

Im leicht verwirrenden Handlungsablauf geht es um Steuer-CDs und vertauschte Koffer, um die Angst der Grafen als Steuerhinterzieher im Gefängnis zu landen und um Gedächtnislücken bei einigen handelnden Personen. Diese Ausfälle sind auf den Konsum von Hasch-Keksen zurückzuführen, die Burg-Hausmeister Matthias Hemmersbach (Leo Mader) gebacken hatte. Dieser leicht dusselige Hausangestellte (Millowitsch: „Manchmal habe ich das Gefühl, deine Eltern waren Geschwister“) mimt im Märchenspiel einen Prinzen und seiht sich zudem stets von Außerirdischen verfolgt.

Man kennt sich, man hilft sich

Klamaukartig gerät das Bühnengeschehen, wenn die Stimme der Regisseurin des Märchenspiels (aus dem Off gesprochen von Peters Ehefrau Barbie) in gereimten Versen die Darsteller zu den Proben bittet, wenn Millowitsch auf sächsisch loslegt („In dem Tonfall hab ich einst als gestiefelter Kater große Erfolge gefeiert“) und vor allem als der Graf auf Grund diverser Andeutungen vermutet, er habe seit 20 Jahre ein uneheliches Kind - mit Angela Merkel. Für die Gräfin ein Grund, den Anwalt einzuschalten. „Ich lasse mich scheiden und gehe zurück zu meiner Mutter.“ „Wie? Du ziehst nach Melaten?“

Doch der damalige Brief „Hallo Papa, ich bin da“, den der Graf stets verheimlicht und aufgrund dessen er 18 Jahre Alimente nach Düsseldorf überwiesen hatte, bezog sich auf einen Hund. Das vermeintliche Kind (Carolin Karnuth) - als Schneewittchen im Einsatz – erweist sich als eine kleptoman veranlagte Tochter der Staatssekretärin aus einem 20 Jahre zurückliegenden Verhältnis mit dem Schweizer Banker. Ach ja, alles klar. Und da der Graf nicht die Presse über ihre abgeschrieben Doktorarbeit informieren will, verspricht sie, über das Konto in der Schweiz und die Steuerhinterziehungen zu schweigen. Man kennt sich, man hilft sich.

Ein versöhnliches Schlussbild hilft über einige Schwächen im Handlungsablauf mit Verwirrungen und Verwechslungen, Missverständnissen und sprachlichen Verdrehungen sowie einer Vielzahl an Kostümen hinweg. Vielleicht braucht das neuformierte Ensemble auch noch einige Zeit, um sich einzuspielen. Denn bei der Premiere wirkten die männliche Neuzugänge noch recht blass. Es fehlte ihnen vor allem an Komik und Spielfreude. Ein Mann im Kleid oder im Hosenanzug der Kanzlerin reichen nicht aus. Da trauerten so manche Premierenbesucher den langjährigen Ensemble-Mitgliedern Claus Janzen und Dmitri Alexandrov nach, die für die neue Produktion nicht mehr engagiert worden waren.

„Annemie ich kann nit mih“ wird noch bis Ende März jeweils Mittwoch bis Freitag um 20 Uhr, an Samstagen um 17 Uhr und um 20 Uhr sowie sonntags um 17 Uhr gespielt. Eintrittskarten (15,50 bis 25,50 Euro plus Gebühr) gibt es im Vorverkauf, an der Theaterkasse oder übers Internet.