Himperich schließt FilialeMetzger-Innung sucht dringend Fleischer für Riehl

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Die nunmehr leeren Geschäftsräume an der Stammheimer Straße 98. An Karnevalssamstag hatte die Metzgerei letztmals geöffnet.

Die nunmehr leeren Geschäftsräume an der Stammheimer Straße 98. An Karnevalssamstag hatte die Metzgerei letztmals geöffnet.

  • Klagen über zunehmende Geschäftsaufgaben - Nach nur 14 Monaten schloss jetzt auch die Riehler Fleischerei-Filiale

Köln-Riehl – Kurz bevor sich im Februar der Riehler Samstags-Veedelszoch durch den Ort bahnte, war an der Stammheimer Straße 98 – wegen des närrischen Trubels fast unbemerkt – bereits „alles vorbei“. Die Metzgerei Himperich, die den Laden erst 14 Monate zuvor von Fleischer-Meisterin Rita Motz übernahm – sie hatte sich ihrerseits nach 31 Jahren als Inhaberin zur Ruhe gesetzt –, schloss für immer die Türen.

Im Laden-Innern erblickt man noch Mobiliar und die ans Schaufenster gelehnte Werbetafel für die hausgemachten Feinkostsalate, die es aber bis auf Weiteres nicht mehr geben wird. An der Tür hängt das Abschiedsschreiben an die Riehler. „Schweren Herzens haben wir uns aus gesundheitlichen und altersbedingten Gründen dazu entschlossen, unseren Betrieb aufzugeben“, schreibt dort Inhaber Bernd Himperich.

Bereits seit 1880 ist der Betrieb in Bergisch Gladbach-Bensberg ansässig; am dortigen Stammhaus läuft der Verkauf noch bis Ende März weiter. Nach dem Ostersamstag ist, nach fünf Generationen im Fleischerhandwerk, auch dort Schluss, wie die Metzgerei dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigte.

Bis 2010 zwei Metzgereien in Riehl

Für Riehl ist der Verlust besonders bitter: Noch bis 2010 hatte das Veedel, mit Motz und Frangenberg, sogar zwei Metzgereien gehabt. Die Übernahme des Ladens Ende 2016 durch Himperich war nur mit einiger Mühe und Einsatz zustande gekommen – denn obwohl der Nachfolger für Rita Motz schon bereit stand, gab es im Haus wegen eventuellen Betriebslärms Widerstand, wie sich Karl-Heinz Lanz, Vorsitzender des Veedelsvereins Rig, erinnert. „Durch eine gemeinsame Intervention mit Ratsherr Ralf Heinen, dem Landtagsabgeordneten Christian Möbius und dem Kölner Fleischer-Innungschef Artur Tybussek haben wir damals auf die Vermieter, die LEG NRW, eingewirkt, dass der Metzgerei-Standort erhalten bleiben kann.“

Die Fleischer-Innung will nun über ein Mitglieder-Rundschreiben versuchen, erneut einen Betreiber zu finden. „Wir waren damals sehr froh, Himperich gefunden zu haben; momentan haben wir noch keinen Interessenten“, so Geschäftsführer Artur Tybussek. „Wir bemühen uns aber, einen Nachfolger zu finden und ich führe etliche Gespräche. Es wäre sehr schade, wenn es in Riehl keinen Fleischerladen mehr gäbe.“

Die Betriebsaufgaben in Riehl stehen zugleich für einen stadt- und landesweiten Trend: Ähnlich wie bei den Bäckereien, sinkt auch die Zahl der Metzgereien seit Jahren – ob, wie meist, wegen Ruhestand und fehlendem Nachwuchs, oder auch aus wirtschaftlichen Gründen. Während es 1950 noch 510 Fleischer-Betriebe in Köln gab, sind es aktuell noch rund 40.

Konkurrenz ist groß

Als Ursache viel bedeutender als der über die Jahrzehnte leicht rückläufige Fleischkonsum ist die Konkurrenz durch große Handelsketten: Supermärkte und Discounter werben offensiv mit niedrigen Preisen für Fleisch- und Wurstwaren, um Kunden anzulocken – meist gleich auf Seite eins ihrer Prospekte, sowie in TV und Radio. Mit den Preisen für industriell hergestellte Ware kann jedoch kein Metzgermeister mithalten.

„1990, zu Beginn meiner 27 Jahre als Geschäftsführer der Innung, hatten wir in Köln noch 170 Metzger“, erinnert sich Tybussek. „In den nächsten Jahren werden wir leider wohl noch einen Teil der Betriebe verlieren. In Zukunft könnte es sich bei 20 einpendeln.“ Eine Metzgerei im eigenen Stadtteil sei dann natürlich die Ausnahme. Auch die häufiger werdende Spezialisierung auf Bio-Produkte – wie ihn in Köln etwa die Betriebe Hennes, Krentzel und Jansen vollzogen haben–- könne allein den Trend nicht drehen. „Die Bio-Fleischer haben ihre Nische gefunden, aber nur mit diesen kriegen wir das Metzgerhandwerk nicht über Wasser gehalten.“

Fleischer-Anzahl sinkt

41 Mitgliedsbetriebe auf Kölner Gebiet, dazu drei im Umland, zählt die Kölner Fleischer-Innung derzeit noch. Sechs davon sind im Stadtbezirk Nippes: die Metzgerei Heinen (Weidenpesch), Stock und Kleist (Nippes), Immendorf (ebenfalls Nippes, jedoch nur noch mit Stand auf dem Markt am Wilhelmplatz), Kremser (Niehl) und Gruner (Longerich).

In den vergangenen Jahren haben mehrere Fleischer geschlossen, darunter die Metzgerei Seuwen und auch der Folgebetrieb Food Look Deli (Weidenpesch), Brosius (Nippes), Frangenberg, Motz und nun auch ihr Laden-Nachfolger Himperich (Riehl).

Bundesweit gab es 2016 laut des Deutschen Fleischer-Verbands 12 797 eigenständige Metzgerei-Betriebe, dazu noch 8532 nicht-selbstständige Filialen. Binnen zehn Jahren ist die Zahl der Betriebe um rund 4500 zurückgegangen. Bei der Zahl der Verkaufsstellen (Betriebe plus Filialen) liegt NRW mit 15 pro 100 000 Einwohnern deutlich unter dem Bundesschnitt von 26. Hier ist ein starkes „Nord-Süd-Gefälle“ zu beobachten; an der Spitze liegen Thüringen und Bayern mit 45 beziehungsweise 42 Betrieben pro 100 000 Einwohnern. (bes)

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