Der Rheindüker soll bis 2028 fertiggestellt sein und künftig 6000 Liter Abwasser pro Sekunde ins Großklärwerk transportieren.
Bauen in 25 Metern TiefeZwischen Niehl und Stammheim entsteht in Köln ein Jahrhundert-Abwassertunnel

Die Stadtentwässerungsbetriebe bauen einen neuen Rheindüker zwischen Stammheim und Niehl, Christian Heinze ist Ingenieur und Projektleiter.
Copyright: Uwe Weiser
Nahe dem Rheinufer in Stammheim befindet sich die Baustelle für eines der bedeutendsten Infrastrukturprojekte der Kölner Abwasserwirtschaft seit 100 Jahren: der Zugangsschacht für den neuen Rheindüker – ein Abwasserkanal unter dem Rhein zwischen dem rechtsrheinischen Köln und Niehl.

Durch den neuen Tunnel unter dem Rhein soll künftig Abwasser fließen.
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Die Arbeiten laufen hier rund um die Uhr. Permanent ist ein leises Surren in dem neuen Abwasserschacht bis zu 25 Meter tief unter dem Rhein zu vernehmen. Denn die 200 Betonelemente, aus denen der Tunnel zusammengesetzt wird, werden mit starkem Druck Stück für Stück geschoben.
Gefällt sorgt für Ausgleich
Wenn Ingenieur Christian Heinze, sein Team der Kölner Stadtentwässerungs-Betriebe (Steb) und Mitarbeiter der Bauunternehmen den Eingang an der Stammheimer Deichstraße betreten, werden sie also kaum merklich im Schacht mit voranbewegt. Über ein leichtes Gefälle geht es bis zu 25 Meter tief in die Erde. „Die Vortriebsmaschine mit einem Durchmesser von 3,20 Metern wird rund 940 Meter unter dem Rhein zurücklegen“, erklärt Bauleiter Heinze bei einem Ortstermin.

Heinze erklärt den Anwesenden Funktionsweise und Bau des Dükers.
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Das Gefälle sorgt durch die Kraft der Physik für einen natürlichen Ausgleich der Höhenunterschiede des Abwassers zwischen beiden Endseiten des Dükers – dadurch wird weniger Energie benötigt, um es vom links- zum rechtsrheinischen Köln zu leiten.

Die Großbaustelle aus der Luft.
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Zahlreiche kleinere Leitungen, Kabel und Rohre sind in der Schachtanlage installiert. „Hier laufen Strom, aber auch Schmier- und Zusatzstoffe für den Vortrieb sowie zur Versorgung und Absicherung des gesamten Arbeitsbetriebs durch“, erläutert Heinze.

Der Zugang zum Abwasserkanal an der Stammheimer Deichstraße
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Nach der geplanten Inbetriebnahme im Jahr 2028 soll der neue Düker das linksrheinische Abwasser unter dem Rhein hindurch zum Großklärwerk in Köln-Stammheim leiten. Dort würden mehr als 80 Prozent des Kölner Abwassers gereinigt und aufbereitet, so Heinze. „Die bisherigen Leitungen stammen aus dem Jahr 1928 und sind den heutigen Anforderungen längst nicht mehr gewachsen“, sagt der 54-Jährige. Die Steb investierten laut Heinze rund 110 Millionen Euro in den Ersatzneubau. Für den 54-jährigen Projektleiter ist es ein „Jahrhundertbauwerk“, an dem er „froh und stolz“ mitarbeiten dürfe.
Rohr-Elemente wiegen 42 Tonnen
Von Mai bis Ende Juni wurden die 200 je 42 Tonnen schweren Rohr-Teile für den Düker-Neubau nachts per Lkw von Mülheim zur Baustelle gebracht – wegen Größe und Gewicht als Sondertransporte. „Wir kommen hier gut voran, bislang sind keine nennenswerten Rückschritte oder Probleme zu beklagen“, sagt Christian Heinze. Er legt einen Stopp ein, um zu zeigen, wo zusätzlich zu den Zugängen in Riehl und Stammheim ein Kontrollzugang entsteht. „Wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, wird der Düker aufgefüllt, dann kann hier mit Kameras und Technik die Kontrolle des Betriebs vorgenommen werden“, sagt der Ingenieur.

Blick ins Innere
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Insgesamt werden zwei große Dükerrohre vorangetrieben. In das große Rohr werden zwei kleinere Röhren eingezogen, jeweils mit verschiedenen Transport- und Schutzaufträgen. „Ziel ist es, mit den neuen und breiteren Rohren eine deutlich größere Abflussmenge durchleiten zu können, um der deutlich gewachsenen Bevölkerung Kölns Rechnung zu tragen und damit die Ansprüche einer modernen Großstadt zu erfüllen“, sagt er. Bis zu 6000 Liter Abwasser pro Sekunde sollen künftig durch die drei Rohre zum Groß-Klärwerk fließen.
„Glück auf“ – ganz normal beim Schachtbau
Dass am Eingang des Schachts ein Schild mit der Aufschrift „Glück auf!“ prangt, will Ingenieur Christian Heinze ausdrücklich nicht als Aberglaube verstanden wissen. Es handele sich lediglich um eine Bergbau-Tradition, die bei einem Schachtbau dazu gehöre – auch wenn der Schacht unter einem Fluss gebaut wird.
Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat das Projekt symbolisch unterstützt: Sie übernahm die Patenschaft für die Vortriebsmaschine „Henriette“ und sagte bei der Taufe: „Der neue Rheindüker ist ein entscheidender Baustein für die Lebensqualität aller Kölnerinnen und Kölner.“ Die Stadt werde in den nächsten Jahrzehnten weiter wachsen und sich entwickeln. Angesichts des erwarteten Wachstums der Stadt stelle der Bau sicher, „dass die Abwasserentsorgung auch im nächsten Jahrhundert zuverlässig funktioniert und unsere Umwelt, insbesondere der Rhein, geschützt bleibt.“
Weitere Informationen im Internet unter https://steb-koeln.de