Markus Burghardt lebt in einer kleinen Wohnung in Köln, nachdem Corona seine Rückkehr aus Sri Lanka vereitelt hatte.
So wohnt Köln„Nur ein Koffer“ – Markus Burghardt lebt in Nippes auf 42 Quadratmetern

Markus Burghardt braucht eine Bar im Wohnzimmer.
Copyright: Sandra Milden
„Es ist nur ein Koffer. Herzlich willkommen“, sagt Markus Burghardt und deutet eine leichte Verbeugung an. Vom kleinen Flur geht der Blick ins Bad, die Miniatur-Küche und den Wohnschlaf-Bereich. Nicht nur der Flur ist verspiegelt, um ihn optisch zu vergrößern. 42 Quadratmeter hat der „Koffer“ in Nippes. Die Wohnung verfügt über einen Balkon, der nur über die Küche zu erreichen ist. Der 72-Jährige hat den Balkon wohnlich eingerichtet, um ihn mitzunutzen. „Falls mal die Sonne in Köln scheint.“

Der Wohn- und Schlafbereich.
Copyright: Sandra Milden
Sein Vater kam aus Barbados, die Mutter war eine Kölnerin. Er landete im Heim, wurde aber mit zwei Jahren von einer Pfarrersfamilie in Pflege genommen und zwischen Gladbach und Krefeld groß. Mit 16 Jahren riss er von Zuhause aus, wohnte in einer WG in Köln bei einem Künstlerehepaar, Christoph Schenk und Rainer Schenk-Siebrasse. Da hatte er seine Lehre als Großhandelskaufmann schon in der Tasche. Mit knapp 18 Jahren begab er sich auf Weltreise, war eingeladen nach Sri Lanka, wo jemand einen „Bulli“-Fahrer suchte.
Er fuhr quer durch Indien nach Sri Lanka und dann zurück. Damit hatte er seine Traumdestination gefunden: Mit 40 Jahren wollte er in Sri Lanka leben. Mit 39 Jahren war er dann weg, baute sich eine Existenz mit einem exklusiven Guesthouse in Negombo auf. Zwei Häuser auf einem Anwesen auf 2000 Quadratmetern, mit Pool, drei Gästezimmern, Badegarten. Die Klientel: Eher exquisit und schwul.
Alles zum Thema Corona
- Fatigue-Gefahr Präsentismus: Krank zur Arbeit kann langwierige Folgen haben
- So wohnt Köln „Nur ein Koffer“ – Markus Burghardt lebt in Nippes auf 42 Quadratmetern
- 16,6 Millionen Euro erbeutet Betrug mit Coronatests – mutmaßlicher Gehilfe in Köln vor Gericht
- Beschäftigung Umfragen uneins zu Aussichten am Arbeitsmarkt
- Fernsehen Auf der Suche nach Halt - das Jugenddrama „Polizei“
- Gerd Fätkenheuer Kölner Mediziner erklärt Sinn der Grippeimpfung – und die niedrigen Zahlen
Von Sexshops zur kleinen Wohnung in Nippes
Das Geld verdiente er in der Zwischenzeit mit verschiedenen Jobs. Mit einem Freund zusammen hatte er in den 1990er Jahren zusammen 18 Sexshops (Kinos und Kabinen) betrieben. In die Domstadt kam er 2020 eigentlich nur zurück, um sich von seinen Freunden zu verabschieden, das Grab seiner Eltern noch einmal besuchen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich hier noch einmal in Köln strande. Ich wollte noch einmal nach Deutschland kommen und dann nie mehr zurück“, sagt er und lümmelt sich dabei auf seiner ledernen Chaiselongue. Dann kam Corona und alle Flieger standen still. Was tun, außer in der alten Heimat eine Bleibe finden?

Markus Burghardt in seinem Wohnzimmer. Er wohnt auf 42 Quadratmetern.
Copyright: Sandra Milden
Mit dem Gepäck aus dem Flieger zog er auf seine 42 Quadratmeter, damaliger Kostenpunkt 420 kalt. Mittlerweile kostet die kleine Wohnung fast 800 Euro warm. Die Wohnung war gerade saniert, allerdings weder tapeziert noch gab es Bodenbeläge. Über Kleinanzeigen schaffte er einiges an, kaufte Teppiche aus zweiter Hand, holte Teile seiner Möbel später aus Sri Lanka.
Viele der Kunstwerke an den Wänden hat er von seinen Freunden. Sie stapeln sich bis an die Decke. Überfrachtet wirkt es nicht. „Ich hatte schon in Asien ein Händchen für Einrichtung“, meint er. Auch seine eigenen Klamotten, die er im Flur hinter einem Vorhang versteckt, kauft er Secondhand. Zwei Uhren trägt er. Die Smartwatch, weil man damit bezahlt. Und eine Luxusuhr, weil er schöne Dinge liebt.
Zwischen Köln und Sri Lanka – ein Leben voller Kontraste
Heute arbeitet er als Model und Komparse. Nur herumsitzen kann er nicht. „Ich habe ja keine Freunde hier“. Auch hilft er als Fahrer aus. Bei einem Klassentreffen war er schockiert („Die sind ja alle nur noch alt.“) Er selbst versteht die Frage bewusst nicht, wo er herkommt. „Ich bin ne kölsche Jung. Das sieht man doch.“
Nicht alle Sachen haben es aus Asien zurückgeschafft. In Sri Lanka hat er vieles verschenkt, ein ganzer Container steht noch in seiner Wahlheimat, voll gepackt mit Möbeln aus den beiden Häusern, die er eingerichtet hatte. Zurück will er heute allerdings nicht mehr. „Zu weit und wirtschaftlich kaputt“, sagt er. Die Nachfolger des Guesthouses hätten es ihm mit einer Übernahme allerdings einfach gemacht.

Markus Burghardt hat eine Auswahl an Parfums im Bad.
Copyright: Sandra Milden
Der Rundgang ist schnell beendet. Die Kissen auf dem Bett sind aus Indien. Die Spiegel hat er selbst eingebaut, um die Optik zu vergrößern. Die Küche? „Ist die nicht furchtbar?“, fragt er und stellt sich vor den Kühlschrank, der nur schräg Platz findet. Wieso in einem winzigen Bad eine Badewanne eingebaut werden muss, versteht Burghardt noch weniger. „Ich habe mir so einen Krückstockstuhl einbauen lassen, damit ich nicht stürze.“
Dafür gibt es im Bad ordentlich was zu schnuppern. Westliche und arabische Düfte machen einer kleinen Parfümerie Konkurrenz. Der Koffer ist eigentlich sein Lebensmotto. Einen festen Lebenspartner hatte er nie, nur beste Freunde. „Ich konnte mein Leben lang einfach immer einen Koffer packen, ohne jemandem Bescheid zu sagen.“
Ob er jemals wieder geht? Wohl fühlt er sich nicht. Ihm gefallen weder das Wetter noch die Leute. Asien prägt, sagt er: „Da geht es den Leuten schlechter, aber sie sind viel zufriedener.“ Aus geht er auch selten. Er steht lieber an der eigenen Bar. Die Sonne fehlt ihm. Dreimal die Woche geht er auf die Sonnenbank. Nicht der Bräunung wegen. Es tut ihm nur gut.

