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16,6 Millionen Euro erbeutetBetrug mit Coronatests –  mutmaßlicher Gehilfe in Köln vor Gericht

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ARCHIV - 25.11.2020, Baden-Württemberg, Nürtingen: ILLUSTRATION - Ein Mitarbeiter eines Corona-Testzentrums zeigt einen Abstrich. Die Schäden wegen Abrechnungsbetrugs im Zusammenhang mit angeblichen Corona-Testzentren liegen in Baden-Württemberg bei mindestens 76 Millionen Euro. (zu dpa: «Mehr als 700 Steuerbetrugsfälle in Corona-Testzentren in NRW») Foto: Tom Weller/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Ein Mitarbeiter eines Corona-Testzentrums zeigt einen Abstrich.

Dem 59-jährigen Beschuldigten wird gewerbsmäßige Geldwäsche vorgeworfen. Er äußerte sich zum Prozessbeginn.

Die Corona-Pandemie nutzten kriminelle Banden für großangelegten Betrug mit den damals wie Pilze aus dem Boden schießenden Testzentren. Vor dem Kölner Landgericht wird seit Montag der wohl dreisteste Komplex aus Nordrhein-Westfalen verhandelt. Die Täter sollen vom Staat 16,6 Millionen Euro mit abgerechneten Schnelltests ergaunert haben. Die angeblichen Teststellen in Köln und Langenfeld existierten nur auf dem Papier. Während die Haupttäter bereits verurteilt wurden, muss sich ein mutmaßlicher Gehilfe nun dem Vorwurf der gewerbsmäßigen Geldwäsche stellen.

Köln: Angeklagter streitet Vorwurf der Geldwäsche ab

Die Gruppierung soll bei der Kassenärztlichen Vereinigung 1,8 Millionen Bürgertests abgerechnet haben, die laut Staatsanwaltschaft tatsächlich gar nicht durchgeführt wurden. 21,4 Millionen Euro hätten die Betrüger geltend gemacht und 16,6 Millionen Euro erhalten. Der Angeklagte sei aus Italien angeworben worden und habe den Haupttätern Bankkonten zur Verfügung gestellt. Darüber seien 2,8 Millionen Euro geflossen. Die Hälfte sei als Vergütung vereinbart worden. Durch die Transaktionen sollten die illegal erlangten Gelder laut Anklage in den legalen Geldkreislauf transferiert werden.

Der 59-jährige Angeklagte mit seinem Verteidiger beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht

Der 59-jährige Angeklagte mit seinem Verteidiger beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht

Die Behörden hätten immerhin 1,8 Millionen Euro durch Einfrieren eines Kontos sicherstellen können, erklärte die Staatsanwältin beim Prozessauftakt in Saal 27 des Landgerichts. Obwohl vom Verteidiger laut Richterin ein Teilgeständnis angekündigt war, wies der Angeklagte über seinen Anwalt plötzlich alle Vorwürfe zurück. Der 59-Jährige habe mit weiteren Personen lediglich eine Baufirma gegründet, die wieder aufgelöst werden sollte. „Ich hatte nie Zugang zu den Konten“, ließ er verlauten. Er sprach auch einen von ihm genutzten Audi Q5 an. Diesen SUV habe er aber aus eigenen Mitteln erworben.

Köln: Haupttäter bereits zu hohen Haftstrafen verurteilt

Im Dezember soll das Urteil im aktuellen Fall gesprochen werden. Die beiden Haupttäter hatte das Landgericht bereits vor zwei Jahren zu Haftstrafen von sieben Jahren und drei Monaten sowie sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Die Männer hätten die deutschlandweite Notlage in der Pandemie ausgenutzt, in der schnelles und unbürokratisches Handeln erforderlich gewesen sei. Das Gericht wertete diesen Umstand als strafverschärfend. Die Kassenärztliche Vereinigung habe es Betrügern laut Urteil durch mangelhafte Kontrolle zwar leicht gemacht, doch sie sei auch völlig überlastet gewesen.

Nach Einschätzung des Bundes der Steuerzahler kosteten die Coronatests den Bund insgesamt rund 18 Milliarden Euro. Zwar seien die Tests in der Pandemie grundsätzlich notwendig gewesen, das Abrechnungssystem habe sich jedoch als hochgradig betrugsanfällig erwiesen. Dem Steuerzahler sei ein Schaden in Milliardenhöhe entstanden. Bereits einfache Prüfungen, wie der Vergleich zwischen gemeldeten positiven Fällen und der Gesamtzahl abgerechneter Tests oder die Auswertung von Metadaten der IT-Dienstleister, hätten Hinweise auf Betrug liefern können, kritisiert der Verein.

Köln: Fahnder deckten auch 720 Fälle von Steuerbetrug auf

In Nordrhein-Westfalen hatte es während der Corona-Pandemie auch zahlreiche Versuche des Steuerbetrugs im Zusammenhang mit dem Betrieb von Testzentren gegeben. In manchen Fällen hätten Unternehmer Corona-Testzentren gegründet und innerhalb kürzester Zeit sechsstellige Summen erwirtschaftet – ohne dass der Betrieb der Zentren der Finanzverwaltung auch nur angezeigt worden sei, teilte das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität mit. Rund 720 Betrugsfälle wurden aufgedeckt und immerhin rund 106 Millionen Euro an Steuern eingetrieben.

Auch wegen der hohen eingetriebenen Steuersumme seien die Ermittlungen gegen Testzentrumsbetrüger ein Erfolg, betonte NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU). „Unser kriminelles Gegenüber ist allzeit bereit, jedes sich öffnende Schlupfloch für seine Betrügereien zu nutzen. Der Rechtsstaat muss hier wachsam bleiben und von allen Seiten hinschauen“, sagte Optendrenk. Im Falle des massiven landesweiten Betrugs mit Corona-Testzentren habe auch die Kooperation zwischen Steuerfahndung und kommunalen Gesundheitsbehörden effektiv funktioniert.