Bombenmaterial beschafftSEK durchsucht Wohnungen von Rechtsextremen in Köln

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SEk Nippes

Das SEK beim Einsatz in Nippes.

Köln-Nippes – Die vier Männer in Nippes, Holweide und Mülheim ahnten nicht, dass die Polizei sie seit einigen Wochen auf dem Radar hatte. Die Ermittlungen liefen verdeckt. Es gab Observationen und Telefonüberwachungen, und so bekam die Polizei nicht nur mit, dass die Verdächtigen offenbar versuchten, sich Substanzen zu beschafften, mit denen man Sprengkörper herstellen kann. Sondern auch, wie ein Behältnis mit mutmaßlichen Grundstoffen für den Bombenbau unter den vieren den Besitzer gewechselt haben soll.

Hinzu kamen Informationen anderer Sicherheitsbehörden darüber, dass mindestens zwei der vier der rechtsextremen Szene nahestehen. Die Kölner Ermittler entschlossen sich, keinen Tag länger zu warten. „Die Gesamtlage war beunruhigend, wir wollten bewusst frühzeitig einschreiten“, berichtet Kriminaldirektor Michael Esser, Leiter der Abteilung Staatsschutz bei der Polizei. Eine „gewisse Terrorgefahr“ habe zumindest nicht ausgeschlossen werden können.

SEK überrumpelte Verdächtige im Schlaf

Am Donnerstagmorgen stürmten Spezialeinsatzkräfte die Wohnungen der Männer. In Nippes holten sie zum Beispiel den überraschten Mike Z. aus dem Bett, seinen Kumpel überrumpelten sie in dessen Wohnung auf der Bergisch Gladbacher Straße. Bei den anschließenden Durchsuchungen der Appartements fanden die Ermittler Böller, die mutmaßlich selbst gebaut wurden, außerdem chemische Grundstoffe, aus denen Sprengstoff, aber auch Rauschgift hergestellt werden kann, größere Mengen Drogen sowie rechtsextreme Devotionalien.

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Die vier Männer mit deutscher Staatsangehörigkeit im Alter von 36 bis 53 Jahren wurden festgenommen. Wegen der Drogenfunde sei angedacht, Haftbefehle gegen alle Vier zu beantragen, sagte ein Polizeisprecher. Es bestehe der Verdacht, dass die Männer den Sprengstoff – möglicherweise in Form selbst gebastelter „Polenböller“ – zwischen Weihnachten und Silvester zum Einsatz bringen oder auch mit ihnen handeln wollten, sagte Kriminaldirektor Esser. Auch das Bauen von nicht zugelassenen Böllern, nicht erst das Zünden, kann unter Umständen schon strafbar sein.

Hinweise auf einen bevorstehenden Anschlag lägen dagegen bislang nicht vor, betonte Esser. Ebenso wenig gebe es nach bisherigen Ermittlungen Anhaltspunkte dafür, dass die Männer den Sprengstoff gegen Menschen einsetzen wollten. In den Wohnungen seien keine „größeren Sprengkörper“ gefunden worden, die „sofort umsetzungsfähig“ gewesen wären. Die Befragungen seien allerdings noch nicht abgeschlossen. Auch die Untersuchungen der chemischen Substanzen durch das Landeskriminalamt liefen noch. Zudem würden in den nächsten Tagen die Handys und weitere Datenträger ausgewertet, die in den Wohnungen sichergestellt wurden. Die Ermittler wollen unter anderem herausfinden, mit wem die Festgenommenen in den vergangenen Wochen Kontakt hatten.

Verdächtige waren Polizei als Kleinkriminelle bekannt

Alle vier waren der Polizei schon vor dem Einsatz am Donnerstag als Kleinkriminelle bekannt, heißt es. Sie sollen sich seit geraumer Zeit kennen und „im Bereich Betäubungsmittel“ zusammengearbeitet haben. Mit politischen Straftaten sei bislang aber keiner von ihnen in Erscheinung getreten. Einer soll sich im Umfeld der NPD bewegen. Wie tief er und die anderen sich tatsächlich in der Szene bewegten, sei Gegenstand der Ermittlungen.

In der Nachbarschaft von Mike Z. in Nippes machte sich am Donnerstag eine gewisse Unruhe breit. Viele Anwohner haben den SEK-Einsatz am frühen Morgen miterlebt, manche kennen Z. vom Sehen oder von kurzen Begegnungen. Er habe einsam und zurückgezogen gelebt, berichtet eine Nachbarin. Sie habe sich oft geärgert, weil er extrem laut Musik gehört habe. Vor einiger Zeit hätte man ihm seinen Hund weggenommen, weil Z. sich nicht vernünftig um das Tier gekümmert haben soll.

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