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Für demokratische ZielePorzer Arbeitskreis der Religionen appelliert an den Willen zum Miteinander

4 min
Die Organisatoren und Gäste der Veranstaltung für Demokratie machten sich für ein engagiertes, friedliches Miteinander stark.

Die Organisatoren und Gäste der Veranstaltung für Demokratie machten sich für ein engagiertes, friedliches Miteinander stark.

Demokratie erfordert aktive Beteiligung. Porzer Religionsvertreter plädieren für Dialog und gemeinsames Handeln zum Erhalt demokratischer Werte.

Was die Demokratie wert ist, hinterfragen viele Bürgerinnen und Bürger gerade im Vorfeld der kommenden Kommunalwahlen. Im Wettstreit von Parteien geht es viel um Macht und ums Recht haben, nicht selten reden Menschen unterschiedlicher Meinung kaum mehr miteinander, sondern oft nur noch übereinander. Wie es auch anders geht, zeigte eine Veranstaltung des Arbeitskreises der Porzer Religionen jetzt in der Fußgängerzone vor der Pfarrkirche Sankt Josef.

Als „Wahlkampfpause“ bezeichnete Diakon Matthias Gill die Zusammenkunft, zu der sich mehrere Hundert Menschen eingefunden hatten, um ein Zeichen für Demokratie zu setzen. Mit Pfarrer Rolf Theobold moderierte Gill die Veranstaltung, bei der Sprecher der unterschiedlichsten in Porz vertretenen Religionsgemeinschaften leidenschaftliche Plädoyers für ein demokratisches Miteinander hielten.

Demokratie braucht Haltung und Engagement

„Demokratie ist eine Lebenshaltung“, formulierte Theobold zu Beginn, „und nicht Waffe zur Durchsetzung eigener Ziele.“ Das Ringen darum, was möglichst gut für alle sein, mache den Kern der politischen Kultur aus. Das Grundgesetz der Bundesrepublik, vor allem die beiden ersten Absätze, benenne die unauflöslichen Werte, für die Demokraten einstünden. Diese Werte gelte es zu verteidigen, denn es gebe im öffentlichen Diskurs zunehmend Meinungen, die der Demokratie gefährlich würden und Anlass zur Sorge böten. In der Familie, am Arbeitsplatz, in Vereinen, Nachbarschaften, Religionsgemeinschaften, sei jede und jeder aufgerufen, die Demokratie mitzugestalten und zu verteidigen.

Vertreterinnen und Vertreter diverser politischer Parteien aus Rat und Bezirksvertretung zeigten durch ihre Anwesenheit bei der Veranstaltung Zuspruch zu den gemeinsamen Zielen. Ihnen danken die Veranstalter und auch das Publikum mit Beifall für die ehrenamtlich geleistete, herausfordernde Arbeit. Doch machte Pfarrer Rolf Theobold auch deutlich: „Demokratie funktioniert nicht ohne uns alle. Wir alle müssen Verantwortung für ein gelingendes Leben in Freiheit und Würde übernehmen“.

Mehrere Hundert Gäste besuchten die Demokratie-Veranstaltung, zu der die Arbeitsgemeinschaft der Porzer Religionen eingeladen hatte.

Mehrere Hundert Gäste besuchten die Demokratie-Veranstaltung, zu der die Arbeitsgemeinschaft der Porzer Religionen eingeladen hatte.

Poetry-Slam als Weckruf

Die ehemalige langjährige Präsidentin des Deutschen Bundestages und erfahrene Kämpferin für Demokratie, Professor Rita Süssmuth, musste ihre Teilnahme an der Veranstaltung aus Gesundheitsgründen absagen. Ihren unermüdlichen Einsatz gerade für die Rechte Schwächerer würdigten die Gäste aber mit anhaltendem Applaus.

Ganz junge Stimmen mit ihren Wünschen an die Demokratie kamen von den Poetry-Slammern Isil und Daniel. Isil machte auf die Gräben zwischen demokratisch verbrieften Rechten aller Menschen und der gelebten Wirklichkeit beispielsweise für hier lebende Menschen mit ausländischen Wurzeln oder für Frauen aufmerksam. Hass im Alltag, fehlende Chancengleichheit, Gleichgültigkeit bedrohten das gesellschaftliche Klima und drohten zur gefährlichen Überhitzung zu führen, sagt die junge Frau. Ihr Poetry-Mitstreiter Daniel machte deutlich, dass Demokratie so wichtig wie die Luft zum Atmen sei.

Mit Grußworten und Appellen meldeten sich die Vertreter und Vertreterinnen aus dem Porzer Arbeitskreis der Religionen zu Wort. Dazu gehören Aleviten, Bahá’í-Gemeinde, Evangelische Gemeinden, Interkult, Katholische Kirchengemeinden, Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Moschee-Gemeinde, Synagogen-Gemeinde und der Verein Köln-Tel Aviv. Sie erinnerten durchaus auch an großes Leid, das Menschen im Namen von Religionen zugefügt worden ist und zugefügt wird. Es geht hier und jetzt nicht um Machtkämpfe, sondern um das gemeinsame Anliegen, eine lebenswerte Zukunft für alle zu schaffen und um Respekt. Dazu sei Offenheit notwendig, machte der Sprecher der Mevlana-Moschee deutlich: Das Göttliche wohne schließlich „nicht in Mauern, sondern im Herzen jedes Menschen“.

Als Gast auf der Bühne bewies der Porzer Comedian Guido Cantz, dass er auch sehr ernstzunehmende Fragen unterhaltsam beleuchten kann. Mit Meckern alleine komme man nicht weiter, kommentierte Cantz seine Beobachtung, dass sehr viele Menschen mit ihrer Kritik nicht hinterm Berg halten, zu eigenem Engagement aber wenig bereit sein. Er sprach sich für Beiträge zu Demokratie Haus, die beispielsweise junge Menschen leisten sollten. Dass Demokratie wirklich kein Kinderspiel sei, werde ihm und seiner Frau im Zusammenleben mit einem Teenager-Sohn immer wieder vor Augen geführt, merkte der Entertainer humorvoll an. Doch in der Familie wie in der Politik gelte: „Demokratie ist keine Einbahnstraße, wir schaffen es nur zusammen“. Für die Bedeutung der freiheitlichen Werte fand Cantz mit dem Blick auf Diktaturen weltweit einen eingängigen Vergleich: „Demokratie ist wie WLAN“, sagte er, „man merkt erst, wie wichtig sie ist, wenn sie weg ist.“