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Neues Frauenherzzentrum in PorzKölner Fachärztin enthüllt Herz-Unterschiede

4 min
Conchita Ruiz-Mohné, Fachärztin für Innere Medizin in der Klinik für Kardiologie, Elektrophysiologie und Rhythmologie am Krankenhaus Porz am Rhein.

Conchita Ruiz-Mohné, Fachärztin für Innere Medizin in der Klinik für Kardiologie, Elektrophysiologie und Rhythmologie am Krankenhaus Porz am Rhein.

Dr. Conchita Ruiz-Mohné leitet das neue Frauenherzzentrum in Köln-Porz. Ein Interview über Männer- und Frauenherzen und geschlechtersensible Medizin.

Am Krankenhaus Porz am Rhein gibt es in der Kardiologie seit August ein Frauenherzzentrum. Initiiert haben das Chefarzt Professor Marc Horlitz und Dr. Conchita Ruiz-Mohné. Die Fachärztin für Innere Medizin leitet das neue Zentrum. Ein Gespräch mit ihr über Unterschiede zwischen Männer- und Frauenherzen, Wechseljahre und geschlechtersensible Medizin.

Warum ist ein Frauenherzzentrum nötig? Ist Herz nicht gleich Herz?

In der Medizin sind wir lange davon ausgegangen, dass das Herz bei Männern und Frauen ähnlich arbeitet und annähernd gleich ist. Durch Forschungsarbeiten konnten mittlerweile viele neue Erkenntnisse gewonnen werden. Es finden sich zum Beispiel Rezeptoren für männliche und weibliche Geschlechtshormone an eigentlich allen Zellen des Herz-Kreislauf-Systems. Es gibt eklatante Unterschiede in der Ausprägung von Herzerkrankungen, in der Entstehung von Herzerkrankungen, in Symptomen, in Risikofaktoren.

Wie macht sich das bemerkbar?

Wir haben uns zum Beispiel lange gefragt, warum kommen die Frauen im Schnitt rund drei Stunden später in die Notaufnahme als die Männer, wenn sie einen Herzinfarkt haben. Der Grund ist, dass die Symptome bei einer Frau anders sind als bei einem Mann.

Es muss also nicht der Schmerz in der Brust sein, der in die Arme ausstrahlt?

Nein. Bei der Frau ist es leider oft so, dass sie nicht diese klassischen Symptome hat. Die Frau sagt: ‚Ich fühle mich heute gar nicht so gut, irgendwie ist es mir komisch, ich habe Rückenschmerzen, ich kriege nicht gut Luft, ich habe Bauchschmerzen und irgendwie ist es mir übel.‘

Mit solchen Symptomen legt man sich eher mal ne Stunde hin…

Und das ist dann dieser gefährliche Moment. Da geht wichtige Zeit verloren. Denn je später jemand zum Arzt kommt, geht immer mehr Herzmuskelgewebe kaputt und es kommt zu einem irreversiblen Schaden am Herzen.

Jetzt ist aber nicht jeder Rückenschmerz gleich bei einer Frau ein Anzeichen davon, dass irgendwas mit dem Herzen nicht stimmt.

Es ist nicht so, dass jetzt jede Frau Panik haben muss. Frauen haben eigentlich schon auch ein relativ gutes Körpergefühl. Aber wenn sie merken, heute ist wirklich irgendwas anders, als es sonst, das kenne ich so nicht, dann soll sie trotzdem Alarm schlagen. Lieber einmal zu viel als zu wenig.

Es muss also nicht nur ein Umdenken bei Ärzten und Medizinstudenten stattfinden, sondern…

…auch in der Bevölkerung. Die Frau muss sich dessen bewusst werden, dass es ganz große Unterschiede gibt. Die Frau ist durch die weiblichen Hormone lange Zeit vor der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen geschützt. Herz-Kreislauf-Erkrankungen ereignen sie in aller Regel später als die Männer.

Der Grund dafür ist?

Der Zeitpunkt der Wechseljahre. Dann kommt es zu ganz großen Veränderungen.

Schweißausbrüche, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen…

Das sind die Dinge, die einem direkt beim Thema Wechseljahre einfallen. Aber, dass sich da auf zellulärer Ebene was ganz Neues abspielt, das ist den meisten Menschen gar nicht bewusst. Und das ist eben der Punkt. Die Frau ist lange geschützt, kommt jetzt in die Phase der Wechseljahre, der Prämenopause, Postmenopause und so weiter. Das heißt, auf einmal kommt es zu Veränderungen, die sie nicht bemerkt, die man aber erkennen muss, um die Frau zu schützen.

Das heißt, Frauen in dieser Phase sind auch anfälliger für Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Genau das ist der springende Punkt. Und das ist das, was man herausarbeiten muss. Die Frau kämpft seit Jahren für eine Gleichbehandlung. Auf politischer, juristischer, beruflicher Ebene, zu Hause. In der Medizin ist die Gleichbehandlung aber überhaupt nicht zielführend. Die Frau muss ganz besonders betrachtet werden.

Stichwort geschlechtersensible Medizin.

Ja. Da spielt rein, dass Erkrankungen immer mit Blick auf die Geschlechter untersucht werden muss, ob es Unterschiede gibt. Wir Mediziner arbeiten strukturiert. Wir haben Leitlinien, Behandlungsalgorithmen.

Da scheint ein großes Aber über der Sache zu schweben…

Ja, denn die meisten Daten, die wir haben, sind in allererster Linie an Männern erhoben worden. Bei den großen Arzneimittelstudien sind 75 Prozent Männer und nur 25 Prozent Frauen vertreten. Wir behandeln Frauen leitliniengerecht, aber wir wissen eigentlich gar nicht, ob die Datenlage so richtig stimmt und, ob das überhaupt für die Frauen das Richtige ist. Deshalb müssen wir genau auf die Frauen gucken.

Und wie machen Sie das am Frauenherzzentrum in Porz?

Bei Belastungsuntersuchungen wissen wir genau, wo wir drauf achten müssen. Wir gehen besonders auf Medikamente ein. Denn laut Studien sind Frauen oftmals unter therapiert. Auch arbeiten wir eng mit der Gynäkologie zusammen, weil es eben bei der Frau diese Phase gibt, in der sich Hormone  verändern. So haben wir die Spezialisten für eine mögliche Hormonersatztherapie direkt an unserer Seite.


Veranstaltungstipp: Über das weibliche Herz und das Frauen-Herzzentrum spricht Dr. Conchita Ruiz-Mohné auch beim 15. Herz- und Gefäßtag des Porzer Krankenhauses. Der findet statt am Samstag, 27. September, von 10 bis 13.30 Uhr im großen Saal des Gürzenich. Bei der kostenfreien Veranstaltung wird es auch Kurzvorträge zu den Themen „Abnehmspritze“, neue Herzschrittmachersysteme, OP- und Kathetertechniken sowie Smartwatch und KI bei der Erkennung und Verhinderung von Vorhofflimmern und Schlaganfall geben. Zudem steht auch ein Prominentengespräch mit Ludwig Sebus auf dem Programm. https://khporz.de/wp-content/uploads/2025/08/Programm-Herz-und-Gefaesstag-Guerzenich-27-09-2025-Horlitz.pdf