Soja aus Libur ist gut fürs Frühstücksei

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Libur/Rheidt –  Mit dem Anbau von Soja auf Feldern rings um Libur geht Landwirt Bernd Bulich neue Wege, er trägt zur Boden- und Wassergesundheit bei und bietet einem Geflügelhof im benachbarten Niederkassel-Rheidt regionales, gentechnikfreies, auf kurzen Wegen verfügbares Futter an. Zehn Jahre nach den ersten Versuchen ist die Erfahrung mit den im Rheinland bisher kaum kultivierten Sojabohnen aus den Kinderschuhen heraus. Der Soja-Anbau gehört für Bulichs Betrieb mittlerweile zur festen Fruchtfolge. Der Arbeitskreis Drüber und Drunter, in dem sowohl Bulich als auch Franz-Josef Telohe, der Betriebsleiter des Geflügelhofs, Mitglieder sind, stellte das Projekt jetzt direkt vor einem üppig grünen Sojafeld vor.

Telohe, der die Eier seiner 10 000 Legehennen regional vermarktet, zeigt sich sehr froh über die Anbau-Erfolge des Porzer Landwirts Bulich. Gerste und Mais, Sonnenblumen und Luzerne, Muschelkalk, Hafer und Weizen – das Futter für die Legehennen im Rheidter Geflügelhof Wirtz wird sorgfältig zusammengestellt. Schließlich trägt es nach den Worten von Betriebsleiter Telohe dazu bei, dass die Eier wohlschmeckend sind und vor allem schadstofffrei. Bei den heimischen Getreiden, die Telohe ins Futter mischt, achtet er selbst auf regionale, geprüfte Qualität. Beim Soja, das als sehr guter Eiweißlieferant im Hühnerfutter gilt, war das bisher nicht möglich.

„Wir können auf Soja nicht verzichten – das haben diverse Futter-Experimente gezeigt“, sagt der Fachmann. Der hohe Rohproteingehalt sei für die Gesundheit der Tiere und ihre Legefreudigkeit unersetzlich.

Die Sojabohnen kamen bisher allerdings zumeist aus Übersee. Der lange Transportweg und nicht zuletzt der umweltschädlichen Anbau in den Herkunftsländern führen zu einer schlechten Ökobilanz, erklärt Jürgen Lowis, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft „Drüber und Drunter“, deren Mitglieder im Langeler Boden zum Schutz von Boden und Wasser zusammenarbeiten. Zudem sei bei Soja aus Übersee nie auszuschließen, dass die Pflanzen gentechnisch verändert wurden. „Das würde sich über das Hühnerfutter in den Eiern niederschlagen“, erläutert Franz-Josef Telohe. Die gesundheitsbewussten Kunden, die für die Eier von Freiland-Hühnern aus der Region durchaus einen etwas höheren Preis zu zahlen bereit seien, hätten aber ein Recht auf gentechnikfreie Eier. Deshalb sei die heimische Sojabohnen-Produktion mit garantiert genfreiem Saatgut eine tolle Alternative.

Im Herbst werden die insgesamt 15 Hektar großen Sojafelder mit dem Mähdrescher abgeerntet, die Sojabohnen werden geröstet und zu Hühnerfutter verarbeitet. Der Rest der Pflanze wird untergepflügt. Auf den so vorbereiteten Feldern kann Landwirt Bulich im folgenden Jahr dann vorzugsweise Winterroggen oder ein anderes Getreide einsäen.

Von der Erweiterung der Fruchtfolge um das Produkt Soja ist „Drüber und Drunter“-Vorstandsmitglied Martin Kaupe begeistert. Als Leiter der zentralen Aufgaben Wasserwirtschaft der Rhein-Energie ist ihm der Schutz des Trinkwassers, das im Langeler Bogen gewonnen wird, sehr wichtig. Durch den Soja-Anbau werde die Bodengesundheit gefördert, es gerieten zudem weniger Schadstoffe ins Grundwasser.

Landwirt Bulich bestätigt, dass Sojaanbau deutlich weniger Pflanzenschutzmittel-Einsatz erfordere als beispielsweise Winterweizen. Dennoch sei es für ihn schwierig gewesen, die fürs Rheinland neue Soja-Kultur in die Gänge zu bringen. Pioniergeist und Durchhaltevermögen seien dafür nötig gewesen. In den ersten Jahren habe er tatsächlich nur die Hälfte der Anbauflächen zur Ernte geführt. Inzwischen habe er aber genügend Erfahrung beispielsweise mit dem besten Saatzeitpunkt, um Fraßschäden durch Tauben einzuschränken, und mit den wenigen Pflanzenschutzmitteln, die in Deutschland für Soja zugelassen und geeignet seien. Die gute Ertragslage seines Hofes habe ihm erlaubt, mit Soja zu experimentieren und auch ein paar Fehlschläge zu verkraften – jetzt stellten sich die Erfolge ein. Bulich zufolge ist Sojaanbau im Rheinland in Zeiten des Klimawandels gut möglich, weil die Pflanze zeitweilige Trockenheit und Hitze besser vertrage als manche andere Feldfrucht. Ein Allheilmittel für Dürre-Sorgen in der Landwirtschaft sei dies aber nicht. Auch Soja brauche Regen. Der Anbau funktioniere im milden Klima nahe am Rhein gut, sei in den Höhen des begischen Landes oder der Eifel aber schon nicht mehr ratsam.

Die Hühner im Geflügelhof Wirtz – 10 000 Tiere der legefreudigen Rasse Lohmann Brown – fressen das regional erzeugte Futter gern, versichert Telohe. Geröstet rieche das Soja für die Tierfutterproduktion sogar für Menschen frisch und lecker. Ein regionaler Anbau von Soja-Sorten, die vorwiegend für den menschlichen Genuss gedacht sind, ist im Langeler Bogen aber derzeit nicht in Planung.

Franz-Josef Telohe vom

Geflügelhof Wirtz

Gemeinsam für Boden- und Gewässerschutz

Mehr als 40 Landwirte im Rechtsrheinischen Köln, davon ein großer Teil in Porz, engagieren sich auch für den Boden- und Gewässerschutz. Sie werden im Arbeitskreis „Drüber und drunter“ bei Methoden einer umweltverträglichen Landwirtschaft von Agrarberatern unterstützt. Auch hinsichtlich des Klimawandels informieren sich die Landwirte über veränderte Anbaumethoden und Sortenauswahl. In ihrem Gebiet wird Trinkwasser für mehr als eine halbe Million Menschen gewonnen.

Rund 2000 Hektar Land wird von „Drüber und drunter“- Landwirten in Porz bewirtschaftet, insgesamt sind es im Gebiet des Arbeitskreises rund 4500 Hektar. Die Arbeit hat zu spürbaren Erfolgen geführt. So ist das Grundwasser im Gebiet frei von Pflanzenbehandlungsmitteln aus der Landwirtschaft. Im Raum Köln und Niederkassel wurden die Nitratwerte im Grundwasser durch die Bemühungen des Arbeitskreises um teilweise mehr als 60 Prozent gesenkt.

Für sein Konzept und die Aktivitäten hat der Arbeitskreis nach den Worten von Sprecher Jürgen Lowis schon mehrere Umweltpreise gewonnen. (bl)

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