Rizin-ProzessSief Allah H. bestreitet Anschlagspläne

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Der mutmaßliche Rizin-Bomber wird festgenommen

Der mutmaßliche Rizin-Bomber wird festgenommen

Düsseldorf – Sief Allah H., dem zur Last gelegt wird, von Herbst 2017 an gemeinsam mit seiner Frau Yasmin H. in Chorweiler einen islamistischen Terroranschlag mit einer Bombe vorbereitet zu haben, hat am Montag vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht den Anklagevorwurf bestritten. Zum ersten Mal äußerte er sich im so genannten Rizinbomber-Prozess, der im Juni begonnen hat, zur Person und zur Sache. Seinen Verteidiger Serkan Alkan ließ er am 22. Verhandlungstag eine 44 Seiten starke Einlassung verlesen. Darin heißt es, er habe „zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Objekte ausgespäht", um dort ein Attentat zu begehen.

Allerdings gibt der 31-Jährige zu, dass er sich in seiner Heimat Tunesien als junger Mann dem Islam in seiner salafistischen Spielart zugewandt hat. Aufgewachsen in zerrütteten Familienverhältnissen, habe er früh Gewalt erlebt, vor allem durch seinen „unglaublich brutalen“ Vater, der ihn häufig geschlagen habe. Mit 26 sei er von Salafisten angesprochen worden, bei denen er die „Herzenswärme und Zuneigung“ erfahren habe, die ihm in der Kindheit gefehlt hätten. Von der Polizei im nachrevolutionären Tunesien seien Moslems willkürlich drangsaliert, verhaftet, erniedrigt und misshandelt worden. Eine „Foltererfahrung“ sei für der „Wendepunkt“ gewesen. Von da an habe er sich nur noch rächen wollen; die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sei ihm als „Quelle der Kraft“ erschienen.

Prozess wird im November fortgesetzt

Im Oktober 2015 heiratete Sief Allah H. Yasmin H., die er zunächst über das Internet kennen gelernt hatte, im November 2016 kam er nach Deutschland. Bald habe er die Idee gehabt, nach Syrien auszuwandern, in vom IS kontrolliertes Gebiet, das ihm als „bessere, gerechtere Welt“ erschienen sei. Zwei Versuche, über die Türkei einzureisen, seien gescheitert. Danach sei er über soziale Medien in Kontakt zu einem IS-Angehörigen gekommen, von dem er sich Hilfe für die Ausreise versprochen habe. Der Mann habe ihm unter anderem Anleitungen zum Bombenbau geschickt. Um ihm „etwas vorzuweisen“ und seine Bereitschaft zum Dschihad zu demonstrieren, habe er angefangen, herumzuexperimentieren, räumte Sief Allah H. ein. Doch niemals habe er vorgehabt, in Deutschland einen terroristischen Anschlag zu verüben.

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Damals habe er naiv geglaubt, dass der IS „im Recht" sei. Heute aber distanziere er sich von dessen Ideologie. Inzwischen sei er „aus einem Trancezustand aufgewacht", ließ der Angeklagte den Anwalt vortragen. „Gott weiß, dass ich nie die Absicht hatte, meiner Familie und anderen Schaden zuzufügen." Sief Allah H. entschuldigte sich bei Yasmin H., die er in seiner Einlassung nicht mitbelastet, und seinen beiden Kindern; er hoffe, dass sie ihm „eines Tages verzeihen" könnten. Der Verteidiger kündigte an, sein Mandant werde kein Nachfragen des Staatsschutzsenats zulassen. Der Prozess wird am 5. November fortgesetzt.

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