„Schwimmen war schon damals ein Tabu”Sürther Rheinufer – die Alternative zur Riviera

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Idyllisch, aber auch ein wenig geheimnisvoll ist der Auenwald entlang der Sürther Buchten.

Idyllisch, aber auch ein wenig geheimnisvoll ist der Auenwald entlang der Sürther Buchten.

Köln-Sürth – Zugegeben, weiter nördlich an der Rodenkirchener Riviera ist der Sand am Strand feiner und fast karibisch weiß. Das hat schon was. Aber der Rodenkirchener Bezirksbürgermeister Mike Homann mag die idyllischen Buchten am Sürther Rheinufer südlich der Panzerrampe lieber. „Hier kann ich mich mitten in der Natur ungestört entspannen, wenn ich eine kleine Verschnaufpause brauche“, sagt der Bezirksbürgermeister und Anwalt. Mit seinem Hund Molly, einem Golden Retriever, geht er dort unter den schattigen Bäumen spazieren oder sitzt am Strand, schaut auf den vorbeiplätschernden Fluss und genießt die fast meditative Ruhe – wenn nicht ausgerechnet ein paar lärmige Jetboote auf dem Rhein vorbei brettern.

Barfuß am Rhein: Mike Homann

Barfuß am Rhein: Mike Homann

Vor allem eine kleine „geheime“ Stelle am Fluss direkt unterhalb des Sürther Rheinauen-Spielplatzes hat es ihm angetan. „Als ich 14 war, bin ich nach Sürth gezogen“, erzählt der 43-Jährige, der jetzt in Rodenkirchen wohnt. An dieser Bucht habe er mit seiner Familie und mit Freunden viel Zeit verbracht. „Wir haben gespielt, Musik gehört, ein bisschen Party gemacht und keiner hat sich beschwert“, sagt er in Anspielung auf das dicht bebaute Rodenkirchener Rheinufer, wo es oft Ärger wegen allzu viel Partylärm gibt. 

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„Höchstens bis zu den Knien sind wir als Kinder ins Wasser gegangen“, erzählt er. Schwimmen war schon damals ein Tabu und ist es heute mehr denn je. Denn durch die Zunahme des Schiffsverkehrs und die tiefe Fahrrinne ist der Rhein mit seinen ungeahnten Sogwirkungen noch gefährlicher geworden. Auch mit seiner eigenen Familie hat sich Mike Homann gern an seinem Lieblingsplatz aufgehalten, als die vier Kinder noch klein waren. Sie haben an Wochenenden gemeinsam gepicknickt und geplanscht, freilich bei striktem Schwimmverbot. Zwischen acht und 15 Jahre alt ist der Nachwuchs heute. 

So schön die Erinnerung an die natur-idyllische Badebucht auch sein mag – derzeit präsentiert sich das Ufer trostlos. Durch die langanhaltende Trockenperiode hat sich der Rhein weit zurückgezogen und zeigt sein überbreites, karges Kieselbett. Mike Homann will seine Füße trotzdem ins kühle Nass halten. Eine Wohltat ist das holprige Hinübergehen zum Fluss über die Steine nicht, vor allem nicht barfuß und im schwarzen Anzug. Er macht es trotzdem. Ganz grob bei 1,50 Metern liegt der momentane Kölner Pegel, aber es geht noch schlimmer. Mike Homann erinnert sich an das Jahr 2003 – es war der heißeste Sommer seit 1901. Bei gerade einmal 0,81 Meter lag der Rheinpegel, die Schifffahrt war stark eingeschränkt. Normalerweise beträgt der Kölner Mittelwert 3,21 Meter.

Weil der Genusswert am Sürther Rheinstrand derzeit eher mäßig ist, zieht es ihn, wenn immer möglich, ins Münsterland. Auf einem Campingplatz haben die Homanns ein Wochenendhäuschen direkt an einem kleinen Badesee. Dort hat er schon mit seinen Großeltern die Ferien verbracht, dort hat er im Sandkasten seine heutige Frau Bianca kennengelernt. Das war vor 38 Jahren. Insofern ist der Sürther Strand eigentlich nur der Zweitlieblingsort.  

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