Erinnerung an Kölner MalerKarin Siemens eröffnet Online-Galerie

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Figurativ-expressionistisch war Wolfgang Siemens' Malstil. 

Raderberg – Der Kölner Künstler Wolfgang Siemens malte bereits als Kind. Seinem Vater sagte er mit gerade einmal zwölf Jahren, er wolle Maler werden und machte sich selbständig auf den Weg nach Paris, in die Stadt der Kunst und Künstler. Zwar kam Siemens damals nur bis zur belgischen Grenze, ein Künstler ist er später dann aber trotzdem geworden: Ab 1961 studierte er an den Kölner Werkschulen Freie Malerei als Meisterschüler von Friedrich Vordemberge und als Schüler von Professor Karl Marx.

Atelier in Köln-Bickendorf

Sein Metier waren figurativ-expressionistische Gemälde, die er in seinem Atelier in der Bickendorfer Teichstraße auf großformatigen Leinwänden festhielt. Später konzentrierte sich der Künstler auf digitale Gemälde, die er selbst "Tagesblätter" nannte - seine fortschreitende Krankheit machte die Arbeit an den Leinwänden zu einem Kraftakt, dem er bald nicht mehr nachkommen konnte. Siemens litt unter Asthma und COPD, einer chronischen und irreparablen Erkrankung der Lunge: "Wolfgang hat bis kurz vor seinem Tod gemalt", erzählt seine Witwe Karin Siemens, "nach seinem letzten digitalen Gemälde klappte er den Laptop zu und sagte zu mir: So, das war's. Er wusste es." Am 29. Februar 2016  verstarb der Maler im Alter von 71 Jahren in der spanischen Stadt Benidorm, in der er und seine Frau Karin viel Zeit verbrachten.

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Bild aus glücklichen Tagen: Karin und Wolfgang Siemens

Karin Siemens verwaltet den Nachlass

Kennengelernt hatten sich die beiden Anfang der 90er Jahre: Sie arbeitete als Leiterin eines Bildungswerks der Arbeiterwohlfahrt, in dem er Malkurse für angehende Künstlerinnen und Künstler gab. Sie wurden ein Paar und heirateten fünfzehn Jahre später. In seiner Monografie schreibt Siemens: "1990 habe ich das ganz große Los gezogen: Karin." Und auch sie erinnert sich heute: "Für mich war das eine sehr prägende Zeit. Vor ihm hatte ich nicht so einen Zugang zur Kunst." Nach dem Tod ihres Mannes begann Karin Siemens mit der Aufarbeitung seines Nachlasses: Sie dokumentierte sämtliche Gemälde und Zeichnungen, digitale Bilder, Plakate, Drucke sowie Gouachen ihres Gatten. Mittlerweile füllen ihre Aufzeichnungen ganze Aktenordner, die Werke sind in einem professionellen Lagerhaus für Kunstgegenstände untergebracht.

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Wolfgang Siemens selbst war das Malen immer wichtiger, als seine Bilder zu präsentieren. Zwar wollte er, dass Menschen seine Werke sehen, bewahrte sich jedoch stets eine gewisse Skepsis vor dem Galerie-Wesen und dem Ausstellungsbetrieb: "Wolfgang hätte sich nie irgendwelchen Zwängen untergeordnet, er wollte lieber frei sein", erzählt seine Frau. Überhaupt war Siemens' Verhältnis zu seiner eigenen Kunst ein kritisches: Er war ein Perfektionist, der seine Gemälde in der Regel mehrfach übermalte, bevor er ansatzweise zufrieden mit ihnen war.

Witwe öffnete Online-Galerie

In den 80er-Jahren durchlebte der Künstler zudem eine schwere persönliche und schöpferische Krise, während der er einen Teil seines Oeuvres zerstörte: "In dieser Phase hat er seine Bilder an sich in Frage gestellt", so Karin Siemens. Sie ist von der Qualität der Gemälde überzeugt. Nachdem sie den Künstlernachlass ihres Gatten erbte, überlegte sie, wie man seine Werke der Öffentlichkeit präsentieren könnte: "Ich will, dass die Leute diese Kunst sehen und habe mir gedacht, dass ich eine Online-Galerie gründe."

Künstlernachlässe im Internet präsentieren

Unter dem Namen Siemens Art Estate präsentiert die gelernte Kauffrau und Diplom-Sozialarbeiterin die Werke ihres verstorbenen Ehemannes im Internet. Durch ihre Arbeit möchte sie auch andere Erben von Künstlernachlässen dazu motivieren, es ihr gleichzutun. Es wäre schließlich zu schade, wenn die Werke verstorbener Künstler auf Dachböden und in Kellern verstaubten: "Das ist ein Gebiet, das meiner Meinung nach dringend aufgearbeitet werden muss", sagt sie und lässt den Blick durch ihre Wohnung schweifen. An den Wänden hängen Kunstwerke ihres Mannes, die bestätigen, was der italienische Maler Michelangelo einst sagte: "Die Liebe ist stärker als der Tod." Die Kunst ist es auch. siemens-art-estate.com

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