Die Familie von Wilhelm Wirtz züchtet seit vielen Jahren Gänse im Hahnwald. Jetzt bereitet er sich darauf vor, seine Tiere im Stall zu halten.
Risiko VogelgrippeKölner Gänsebauer reagiert auf Warnungen

Die Gänse auf einer großen Wiese an der Bonner Landstraße gehören dem Wilhelm Wirtz und werden jetzt wegen der Vogelgrippewarnung vorsorglich eingestallt
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„Noch hat sich das Veterinäramt bei uns nicht gemeldet, aber wir bereiten alles vor, um unsere Gänse von der Wiese in den Stall zu treiben“, sagt Wilhelm Wirtz vom Hermannshof im Hahnwald. Rund 600 Gänse tummeln sich jedes Jahr ab September auf einer großen Freilandfläche an der Bonner Landstraße. Wenn die große Gänseschar immer kleiner wird und irgendwann gänzlich verschwunden ist, dann steht Weihnachten vor der Tür.
In diesem Jahr ist alles anders: Wegen der amtlichen Warnungen vor der Vogelgrippe möchte Gänse-Bauer Wirtz kein Risiko eingehen und will seine Tiere vorsorglich einstallen. „Auch wenn es in unserer Gegend nicht so viele Wildvögel gibt wie etwa in Norddeutschland, nehme ich die amtlichen Warnungen ernst. Wenn mal eine Gans ohne Kopf auf der Weide liegt, dann war es der Fuchs, mehrere tote Gänse mit Kopf das wäre fatal. Die Weihnachtsgans ist für unseren Familienbetrieb eine wichtige Existenzgrundlage“, sagt er.
Die Gänse vom Hermannshof sind die freie Weide gewohnt – sie leben draußen, selbst bei Wind und Wetter. Die Weidehaltung fördert die Gesundheit und Robustheit der Gänse, stärkt die Muskulatur und sorgt für ein aromatisches, reifes Fleisch. „Unsere Tiere laufen normalerweise die Wiese zehnmal rauf und runter“, erklärt Wirtz. „Wenn die Gänse plötzlich im Stall stehen, ist das erst einmal Stress. Wer drei Wochen nur im Bett liegt, verliert ja auch an Muskeln und an Gewicht “, sagt Wirtz mit einem Schmunzeln. Ein Kilo Gewichtsverlust pro Gans bei Stallhaltung ist laut Wirtz keine Seltenheit. „Das klingt nach wenig, aber bei 600 Gänsen summiert sich das schnell zu einem fünfstelligen Minusbetrag“, rechnet der Landwirt vor.
Tierwohl und Seuchenschutz
Für kleine Geflügelhöfe wie den Hermannshof ist die Situation besonders schwierig: Zwischen Tierwohl, wirtschaftlichem Druck und Seuchenschutz bleibt kaum Spielraum. „Natürlich ist das Einstallen für uns ein finanzielles Minus“, sagt Wirtz. „Aber wir wollen auf Nummer sicher gehen. Eine Infektion im Bestand wäre der Super-Gau – nicht nur für uns, sondern für alle Geflügelhalter in der Region.“
Weil zwischen der Weidefläche und dem Hof die vielbefahrene Bonner Landstraße liegt, wird Wirtz seine rund 600 Gänse an einem der nächsten Sonntage über die Straße in den vorbereiteten Stall treiben – eine logistische Herausforderung, die der Landwirt mit Routine angeht. Seine Frau Christa Wirtz hält die Maßnahme für absolut notwendig, hat aber eine andere Sorge: „Ich hoffe nur, dass unsere Kundinnen und Kunden dann nicht denken, dass es dieses Jahr keine Gänse mehr gibt. Sie werden zwar nicht mehr zu sehen sein, sind aber da, gesund und kräftig und können gekauft werden." Um Missverständnissen vorzubeugen, will die Familie auf der Weide ein Hinweisschild aufstellen.
Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) breitet sich die Vogelgrippe in diesem Herbst europaweit wieder stark aus. Besonders betroffen sind Zug- und Wasservögel wie Wildgänse, Wildenten, Schwäne und Kraniche – sie gelten als Überträger des Virus, können den Erreger über weite Strecken tragen und so neue Regionen erreichen. Das Risiko, dass Nutzgeflügel auf offenen Weiden infiziert wird, steigt dadurch deutlich an. Wie sich die Lage in den kommenden Wochen entwickeln wird, bleibt ungewiss. Für den Menschen besteht laut FLI derzeit nur ein geringes Risiko. Das Landesumweltamt NRW empfiehlt Geflügelhaltern in betroffenen Regionen, ihre Tiere in geschlossenen Ställen oder unter überdachten Ausläufen zu halten. Zudem gelten strenge Hygieneregeln, etwa das Wechseln von Kleidung und Schuhen sowie die regelmäßige Desinfektion von Geräten.
„Wir tun alles, was möglich ist und hoffen, dass wir gut durch die Saison kommen und ohne Krankheit und ohne Panik auch in diesem Jahr wieder gesunde, regionale Weihnachtsgänse auf die Tische bringen“, sagt Bauer Wirtz. „Mehr als einstallen können wir im Moment nicht machen.“

