Die Rolle ihres LebensAusstellung anlässlich Christoph Siebrasses 80. Geburtstag

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Zwei Männer (einer davon im Rollstuhl) stehen neben einer bemalten und beschriebenen Stoffbahn.

Anlässlich seines 80. Geburtstags stellt die Kulturkirche Rondorf Werke des Künstlers Christoph Siebrasse (im Rollstuhl) und seines Mannes Rainer Siebrasse-Schenk aus.

Die  Lebensgeschichten der Künstler Christoph R. Siebrasse und Rainer Siebrasse-Schenk sind auf 80 Meter Stoffbahn in der Kulturkirche in Rondorf nachzulesen.

Zwei Ausstellungen würdigen das Werk des Künstlers Christoph R. Siebrasse und seines Lebenspartners Rainer Siebrasse-Schenk anlässlich Siebrasses 80. Geburtstag. In der Kulturkirche in Rondorf zeigen die zwei ihr wahrscheinlich letztes Werk, die „Rolle ihres Lebens“. Fast acht Stoffrollen sind es mittlerweile, die das Ehepaar beschrieben und bemalt hat. Je zehn Meter lang, mit Ereignissen, Erinnerungen, Begegnungen, Zwischenfällen und Zeitgeschehen.

Vor anderthalb Jahren haben die beiden begonnen, ihr Leben künstlerisch festzuhalten. In der Kulturkirche liegen die Rollen auf einem großen Tisch aus und laden ein, die Inhalte zu ergründen und sich selbst einen Einblick in die gemeinsame Künstlervergangenheit zu verschaffen. Dazu sind drei Originalmöbelstücke aus den 1980er Jahren, der Freidenker, zwei Sensilla Stühle und die Liege Contemplation, ausgestellt. Martin Bohn, Galerist von „Formformsuche“ am Filzengraben, hält heute die Lizenz, diese Möbel, im Original aus Marmor und Stahl, nach Wünschen der Kunden nachbauen zu lassen. Damit eröffnet sich für Kunstinteressierte die Möglichkeit, ein Künstlerunikat zu erwerben. Dazu stellt Schenk-Siebrasse einen Teil seiner Bilder aus.

Eine lange Rolle liegt auf einem sehr langen Tisch. Eine Besucherin begutachtet sie.

Auf insgesamt acht zehn Meter langen Leinwänden haben die Künstler Christoph Siebrasse und Rainer Siebrasse-Schenk ihr Leben aufgeschrieben.

Eine passende, nicht nur optische Symbiose, die den Kirchenraum füllt. Die ausgestellten Werke sind Ausdruck der Verbundenheit der beiden  als Paar. Die Lebensrollen sind eine „Hommage“ an über 50 Jahre Schaffen und sie konnten nur im Zusammenspiel entstehen. Aufgrund seiner fortgeschrittenen Parkinson-Erkrankung ist für den 80-Jährigen seit einigen Jahren in der Ausübung seiner Kunst nicht mehr alles möglich. Aber er versucht, seine Hände im Ruhetremor sinnvoll einzusetzen. Fundholzstöcke hat Siebrasse geschnitzt und gemeinsam mit seinem Mann zu einer Ausstellung „Stockwerk als Lebenswerk“ zusammen gestellt. Auch sie sind Teil der Ausstellung. Ein besonders gelungenes Exemplar, das in Höhe und Form passt, nutzt der Künstler als Krückstock.

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Stühle, eine Liege und Bilder sind in einem Kirchenraum ausgestellt.

Die Originale (von links aus dem Jahr 1988): Der Freidenker, die Sensilla-Stühle, die Liege Contemplation, werden in kleiner Manufaktur noch heute hergestellt.

Das Schreiben fällt dem 80-Jährigen schwer. Für die Lebensrolle hat er angefangen, in Druckbuchstaben zu schreiben. Dafür braucht er Ruhe und Zeit. Aber Zeit ist für ihn wichtig geworden. „Die ganze Welt ist doch verrückt geworden. Wem kann man noch trauen?“, fragt er. Künstliche Intelligenz macht ihm Angst. „Unser Vermächtnis hier, niedergeschrieben, ist nicht veränderbar." Das Zeitgeschehen verarbeitet Siebrasse in der Rolle. „Wenn ich morgens etwas in der Zeitung lese, dann muss ich einen Kommentar schreiben." Schlechte Erfahrung lässt der Künstler aus. „Mit 80 verzweifelt man nicht mehr.“

Sein Mann, Rainer Siebrasse-Schenk, leidet an Legasthenie. Groß- und Kleinschreibung, die Grammatik fallen ihm schwer. Also schreibt er vor und sein Mann korrigiert, oder er geht seiner Berufung nach und malt. Der Krankheit versuchen sie, Positives abzugewinnen. „Parkinson bringt uns auch weiter“, sagt Siebrasse und versucht, seine Hände im Zaum zu halten. Die Rollen waren ursprünglich eine Buch-Idee. „Kunstbücher sind gerade ein Thema. Walther König, der Buchhändler an der Ehrenstraße, ist ein guter Freund. Aber die Krankheit und Rainers Legasthenie sind keine gute Grundlage für ein Buch“, sagt Bohn. Aus den Rollen hat er jetzt limitierte Drucke zu je 30 Blatt anfertigen lassen.

Das letzte Werk Siebrasses im öffentlichen Raum ist eine dreiteilige Arbeit, eine Triade. Sie entstand 2020 für die Trinitatiskirche in Köln. Parallel wurde eine Großskulptur Siebrasses anlässlich seines 80. Geburtstags am 25. Januar mit einer Ausstellung im Haus der Kirche an der Kartäusergasse gewürdigt. Eine Woche war hier der 1990 entstandene Pentagon-Dodekaeder ausgestellt.


Die Ausstellung in der Kulturkirche soll nach Aussage der Künstler ihre letzte sein. An den Rollen schreiben sie weiter, so lange sie können.

Die Ausstellung in der Kulturkirche, Rondorfer Hauptstraße 45, ist wochentags, von 15 bis 18 Uhr, oder nach Vereinbarung bis Sonntag, 25. Februar, geöffnet.

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