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Gnadenhochzeit in Köln-ZollstockGefunkt hat es auf der Kirmes in der Elsaßstraße

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Ein Paar sitzt an einem Tisch.

Margarete und Rolf Essers lernten sich in der Südstadt kennen und heirateten am 22. November 1955.

Aufgewachsen im Köln der Kriegszeit, fanden sie sich auf der Kirmes – und blieben ein Leben lang zusammen. Margarete und Rolf Essers heirateten vor 70 Jahren.

Es war im Sommer 1955, als auf der Kirmes in der Elsaßstraße zwei junge Menschen einander fanden: Margarete, geboren 1938 in der Südstadt, und Paul Rudolf, genannt Rolf, vier Jahre älter und in Zollstock groß geworden. Es funkte sofort. „Ich habe ihr am zweiten Abend gesagt, dass ich immer überlegt habe, wie meine zukünftige Frau aussehen wird. Ich habe sie angesehen und gesagt: Jetzt weiß ich es“, erzählt der 91-Jährige. „Mir hat seine nette und freundliche Art gut gefallen“, erinnert sich Margarete. Beide hatten als kleine Kinder ihre Väter verloren, die Bombennächte in Köln erlebt und Hunger und Kälte kennengelernt – Erlebnisse, die zusammenschweißten.

Bereits wenige Monate später – am 22. November – heirateten die beiden. Rolf hatte eine kleine Wohnung in Zollstock gefunden – ein Glücksfall in der Nachkriegszeit. Die damals erst 16-jährige Margarete brauchte für die Hochzeit die Zustimmung ihrer Mutter. „Ich dachte, sie würde wütend, aber sie hat zugestimmt“, berichtet die bald 87-Jährige. Eine Woche nach der Hochzeit wurde das junge Mädchen 17.

Kummervolle Weihnachten 1960

1957 kam Tochter Martina zur Welt. Als das kleine Mädchen mit dreieinhalb Jahren schwer an Kinderlähmung und Masern erkrankte und sechs Wochen im Krankenhaus bleiben musste, verbrachten die Eltern Wochen voller Angst. „Es war kurz vor Weihnachten. Wir wollten nichts wissen von Feiern. An Heiligabend sind wir einfach nur durch die Straßen gelaufen“, erzählt Margarete.

Ein Schwarz-Weiß-Bild zeigt das Hochzeitsfoto eines jungen Paares.

Margarete und Rolf Essers heirateten am 22. November 1955.

In Zollstock lebte die Familie beengt, es gab kein Bad und nur eine Toilette für alle Hausbewohner. 1961 zog sie in eine Dachgeschosswohnung in der Brühler Straße. „60 Quadratmeter, ein eigenes Bad – ich fühlte mich wie eine Königin“, sagt Margarete. 1965 wurde die zweite Tochter Britta geboren. Die kleine Wohnung, in der die Essers bis heute leben, reichte ihnen. „Die Kinder hatten ein Kinderzimmer, wir schliefen in einem Schrankbett“, schildert Rolf.

Er arbeitete als Stuckateur, später als Fahrer und am Empfang bei der Sparkasse. Margarete kümmerte sich tagsüber um Kinder und Haushalt und arbeitete abends als Reinigungskraft bei der Stadt, später als Briefsortiererin bei der Post, „Wenn Rolf kam, ging ich zur Arbeit“, erzählt sie.

Rolf ist seit Jugendzeiten FC-Fan, Margarete tanzt Folklore

Rolf ist seit Jugendzeiten glühender FC-Fan, hatte lange Jahre seinen Stammplatz in der Südkurve des Stadions. Heute schaut er die Spiele im „Kölschhaus“, seiner Stammkneipe in der Brühler Straße. Margarete entdeckte mit 60 das Folkloretanzen, musste jedoch nach zwei Stürzen mit Wirbelbrüchen in diesem Jahr oft pausieren. Beide erkrankten im Alter an Krebs – und überstanden auch diese schweren Zeiten gemeinsam. „Wir konnten uns immer aufeinander verlassen, uns vertrauen und waren ehrlich zueinander“, sagt Margarete. Das sei das Geheimnis ihrer langen Ehe.

Am Samstag feiern sie ihre Gnadenhochzeit in ihrer Stammkneipe – mit Töchtern, Schwiegersöhnen, vier Enkeln, Freunden und Nachbarn. Ihren größten Wunsch beschreiben die beiden so: „Dass unsere Enkel keinen Krieg, Hunger und Kälte erleben müssen, so wie wir.“