Rührende Aktion in Köln-SürthNachbarn verabschieden ihren langjährigen Postboten

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Jürgen Lange im Kreise seiner betrübten Kunden, die ihn nur ungern ziehen lassen.

Jürgen Lange im Kreise seiner betrübten Kunden, die ihn nur ungern ziehen lassen.

Sürth – Viele Nachbarn vom Ober Buschweg, von der Ulmen- und Rotdornallee, vom Eschenweg mögen es gar nicht glauben: „Ihr“ Postbote wird versetzt – „ihr“ Jürgen Lange, der dort 30 Jahre lang Briefe und Päckchen ausgetragen hat. Äußerst zuverlässig und freundlich sei er gewesen und habe immer Zeit für ein kurzes Schwätzchen gehabt. „Wir werden ihn vermissen“, sagen Mona Bahnassawy, Ulrich und Renate Naumann, Bernhard Helmes und einige andere Anwohner. Bilder wurden schon für ihn gemalt und Gedichte verfasst und auch mit allen Hunden seiner Postempfänger hat er sich gut vertragen.

Zum Abschied haben sich ungefähr 20 Nachbarn versammelt, um ihm ein kleines Dankeschön für all die Jahre zu überreichen. „Schlecht gelaunt kennen wir ihn nicht“, sagt Mona Bahnassawy, die die kleine Abschiedsrunde organisiert hatte und den Briefträger immerhin seit 15 Jahren kennt. Eine Zeit des persönlichen Miteinanders, eine idyllische „Bullerbü-Ära“ gehe zu Ende, bedauert sie.

Jürgen Lange war 30 Jahre in seinem Sürther Bezirk die Post ein. 

Jürgen Lange war 30 Jahre in seinem Sürther Bezirk die Post ein. 

Auch dem Briefträger fällt das Aufhören in seinem angestammten Bezirk sichtlich schwer. „Ich bin mehr als gerührt“, gibt der 59-Jährige zu, der jetzt vier Jahre vor seinem Ruhestand einen anderen Bezirk in Rodenkirchen übernehmen muss. Ein wenig habe er schon geahnt, dass sein letzter Arbeitstag nicht ganz sang- und klanglos verlaufen werde. Aber er sei dann doch überrascht gewesen, wie viele Leute ihn mit so freundlichen Worten verabschiedet hätten.

30 Jahre in Sürth 

Jürgen Lange arbeitet seit 41 Jahren bei der Post. Zuerst war er in der Innenstadt unterwegs, in den vergangenen 30 Jahren als verbeamteter Briefträger im Sürther Revier, zu dem vor einer Neuordnung der Zustellbezirke auch noch die Berg- und die Falderstraße gehörten.

„Früher haben manchmal Kinder samstags auf mich gewartet, um mit mir die Post austragen zu können“, erzählt er. Dafür habe er ihnen dann ein Eis spendiert. Eine allzu große Freundlichkeit gegenüber Kindern sei heutzutage allerdings nicht mehr angebracht, meint er. Da halte er sich zurück. Aber der gute Kontakt zu den früheren Kindern, deren Lebensläufe er begleitet hat und die heute selber schon Kinder haben, sei bestehen geblieben. „Wenn ich einmal die Post falsch eingeworfen habe, hat man mir das verziehen“, sagt er. Freilich sei die Arbeit insgesamt anonymer geworden.

Früher war immer jemand zu Hause

„Früher war im Gegensatz zu heute immer jemand im Haus, wenigstens die Tante oder die Oma“, schildert er. Heute seien die meisten Eltern berufstätig, die Kleinen in der Kita oder Schule. Familienbetreuung sei selten geworden. Gelegenheiten zum Plaudern gebe es nicht mehr so viel, auch weil die Belastung insgesamt zugenommen habe.

Dennoch liebt er seinen Beruf, es sei ein gesunder Job mit viel Bewegung an der frischen Luft. Das E-Bike, das er seit ein paar Jahren als Dienstfahrzeug benutze, sei allerdings eine willkommene Erleichterung. Schon um halb sechs Uhr morgens fängt er freiwillig an, und weil er mit seiner Familie in der Eifel wohnt, steht er täglich schon um vier Uhr auf. Fertig ist er normalerweise um 15 Uhr, also nach neuneinhalb Stunden. Und dann ist manchmal noch nicht Schluss für ihn. Ein- bis zweimal in der Woche liefert er noch Getränke in seinem Quartier aus.

Sein neuer Zustellbezirk wird im Bereich Maternus- und Brückenstraße liegen. „Seinen“ Sürther Bezirk wird nach einer Umstrukturierung und Anpassung von einem Teilzeitmitarbeiter bedient, wie es bei der Deutschen Post heißt. Mona Bahnassawy hatte sich an das Unternehmen gewandt und nachgefragt, ob es möglich sei, Jürgen Langer bis zu seiner Rente noch im bisherigen Bereich zu behalten. Mit ihrer Anfrage hatte sie allerdings keinen Erfolg – zum Leidwesen der gesamten Nachbarschaft.

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