Neuer MasterplanKöln will Wohnungslosigkeit aktiv bekämpfen – Vorbild Berlin

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Masterplan wohungslosigkeit

Das Fachkolloquium befasste sich mit dem Hilfesystem und dessen Weiterentwicklung.

Köln – „Was vorher normal war, wird auf einmal ganz schwer und unerreichbar“, sagte George Heidbrink über seine Zeit als Obdachloser. Zunächst hatte er noch bei seiner Freundin wohnen können, dann landete er auf der Straße. „Die Menschen wollen einen gar nicht sehen, das ist kein schönes Gefühl.“

Kurz wohnte er im Johanneshaus, einer Einrichtung für wohnungslose Männer, die er als „traurigen Ort“ erlebte. Vor einem Dreivierteljahr fand er über die Begegnungsstätte und Beratungsstelle Vringstreff Aufnahme in das Projekt „Housing First.“ Das Konzept sieht vor, dass obdachlosen Menschen eine Wohnung mit eigenem Mietvertrag ohne Vorbedingungen vermittelt wird.

„Ich bin superfroh, dass es in Köln Housing First gibt“, sagte Heidbrink am Dienstag im Bürgerhaus Stollwerck. Dort richtete das Dezernat für Soziales, Gesundheit und Wohnen den zweiten Teil des Fachkolloquiums zur „nachhaltigen Bekämpfung der Wohnungslosigkeit“ aus. Im ersten Teil hatten Beiträge über Erfahrungen in anderen deutschen und europäischen Städten Impulse gesetzt. Im zweiten Teil ging es um das Hilfesystem in Köln und die Möglichkeiten der Weiterentwicklung.

Vorbild ist der Berliner Masterplan

Sozialdezernent Harald Rau sprach von der „steilen Vision“ einer Stadt, „in der alle Menschen angemessenen Wohnraum haben“. „Steil“ deshalb, weil ihm klar sei,, dass „wir ein Stück weit davon weg sind“. Damit sich der Abstand zur „Vision“ verringert, hat die Stadtarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenpolitik im vorigen Oktober eine „Task Force“ mit elf Unterarbeitsgruppen eingerichtet, die einen Masterplan zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit erarbeitet.

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Vorbild ist ein gleichartiger Masterplan in Berlin. Es gelte, „bewährte Hilfsinstrumente“ beizubehalten und „etliche Lücken“ zu schließen, sagte Rau. Mit „starken Menschen und Organisationen“ habe Köln „ein Pfund, mit dem wir wuchern können“. Freilich gebe es ein großes Hemmnis: den Mangel an Wohnraum. Dass es Ungeduld und Kritik an Politik und Verwaltung gibt, griff Rau als „treibende Unzufriedenheit“ auf, die von Nutzen sei: „Wir können um den besten Weg streiten.“ Passend dazu fanden die Besucher auf den Stühlen ein kritisches Flugblatt des „Aktionsbündnisses gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung“ vor.

Rund 8500 Wohnungslose in Köln

Laut Patricia Frommer, Leiterin der Abteilung Wohnungshilfe im Amt für Soziales, Arbeit und Senioren, gibt es zur Zeit rund 8500 Wohnungslose in Köln. In sogenannten Einfachhotels halte die Stadt 1456 Plätze vor. Zu den weiteren Hilfsangeboten zählen mehrere Dutzend Notschlafstellen. Hinzu kommen unter anderem Kontakt- und Beratungsstellen, Krankenwohnungen für Drogenabhängige und die finanzielle Unterstützung der Angebote von Trägern aus der freien Wohlfahrtspflege.

Jörg Zeyßig von der Liga der Wohlfahrtsverbände Köln nannte Beispiele wie die Überlebensstation Gulliver am Hauptbahnhof, das Wohnraumvermittlungsprojekt Viadukt und eben auch Housing First. Bei allem seien individuell passende Hilfen nötig, die die Selbstbestimmtheit der Betroffen berücksichtigen. Auch Zeyßig sprach das Grundproblem an, dass es notorisch an Wohnraum mangelt. Es zu lösen sei Aufgabe der Kommune.

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