Stichwahl in Köln95-Jährige ist älteste Wahlhelferin – IT-Panne sorgt für Nervosität

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Lydia Mörs-Plattes (r.) bekommt von Wahlleiterin Dörte Diemert einen Blumenstrauß und bedankt sich mit einem Stück Seife.

Lydia Mörs-Plattes (r.) bekommt von Wahlleiterin Dörte Diemert einen Blumenstrauß und bedankt sich mit einem Stück Seife.

  • Bei der Stichwahl am Sonntag sind wieder viele Wahlhelfer in den Wahllokalen und im Briefwahlzentrum in Einsatz,
  • Wahlleiterin Dörte Diemert hat im Rahmen dessen die älteste Wahlhelferin besucht: Die 95 Jahre alte Lydia Mörs-Plattes.
  • Doch auch Corona machte sich bei der Stichwahl bemerkbar. Etliche Wahlhelfer sagten ihre Mitarbeit kurzfristig ab.

Köln – In den 70er Jahren war Lydia Mörs-Plattes in der Friedensbewegung aktiv. Sie hat im Alten Wartesaal am Hauptbahnhof Obdachlose mit Weihnachtsessen versorgt und am Telefon Suchtgefährdete beraten. Alles ehrenamtlich natürlich. Nun sitzt sie in der Johannes-Gutenberg-Realschule in Godorf an einem Schultisch und hilft Wählern dabei, ihre Stimmzettel korrekt in die Urne zu werfen. Bei Bedarf gibt sie desinfizierte Kugelschreiber aus, schließlich geht immer noch Corona um.

Es ist Stichwahl in Köln und Lydia Mörs-Plattes, fast 96 Jahre alt, hellwach, schlagfertig und auch körperlich in guter Verfassung, will ihren Teil dazu beitragen, dass alles gut über die Bühne geht. Dafür ist sie schon um 7.30 Uhr mit dem Taxi zum Kuckucksweg gefahren: „Mir macht das Spaß“, sagt die Godorferin über ihren Job, den sie zum vierten Mal ausübt. Sie wolle eben helfen.

Älteste Wahlhelferin am Tag der Entscheidung in Köln

Weil sie die älteste Wahlhelferin am Tag der Entscheidung zwischen Kossiski und Reker ist, kommt um 11 Uhr Wahlleiterin Dörte Diemert vorbei und überreicht der ehemaligen Versicherungsangestellten einen Blumenstrauß. Die wiederum schenkt Diemert ein schön verpacktes Stück Seife und fügt hinzu: „Ich hoffe, dass Sie das bis heute Abend aushalten.“

Tatsächlich hat Diemert anstrengende Tage seit der Hauptwahl am 13. September hinter sich, die 46-Jährige spricht von einem Marathon: „Diese zwei Wochen sind für die Organisation einer Wahl, insbesondere unter Corona-Bedingungen, extrem sportlich bemessen.“ Das gelte vor allem für eine Metropole wie Köln. Das Land solle doch mal über eine Verlängerung der Abstände nachdenken.

IT-Probleme sorgen für Nervosität beim Wahlteam

Wie schnell der Zeitplan aus den Fugen geraten kann, zeigte sich am Freitagabend, als bei der Übertragung der Wählerverzeichnisse in die Druckfassung IT-Probleme für Nervosität beim Wahlteam der Stadt sorgten. „Die Druckfahnen waren nicht korrekt“, so Diemert. Die Wählerverzeichnisse hätten deshalb nicht wie geplant in der Nacht von Freitag auf Samstag gedruckt werden können, sondern erst am Samstagvormittag.

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Die Schriftführer der Wahlvorstände konnten in der Folge am Samstag erst verspätet die Unterlagen von den Bezirksrathäusern abholen, sie sollen für ihren Mehraufwand mit 20 Euro entschädigt werden. Auf die Wahl habe die Verzögerung zwar keine Auswirkung gehabt, sagt Diemert, doch die Panne zeige: „Es gibt keinen zeitlichen Puffer.“ Ein früherer Druck der Verzeichnisse wäre nicht möglich gewesen, da die Kölner Wahlberechtigten noch bis Freitagabend Briefwahl beantragen konnten und in den Verzeichnissen entsprechende Sperrvermerke eingefügt werden mussten.

Wahlhelfer sagen Mitarbeit wegen Corona kurzfristig ab

Auch Corona machte sich bei der Stichwahl bemerkbar. Zum einen war die Nachfrage nach Briefwahlunterlagen einmal mehr sehr groß – bis Samstag waren 163.000 Stimmzettel bei der Stadt eingegangen (bei der vergangenen Kommunalwahl 2014 waren es nur 140.000).

Zum anderen sagten etliche Wahlhelfer ihre Mitarbeit kurzfristig ab, was Diemert mit der Erkältungszeit in Zusammenhang brachte. Zahlreiche Umschichtungen in Wahlvorständen seien nötig gewesen sowie die Aktivierung von Reservekräften. Insgesamt waren 7000 Helfer im Einsatz, 5500 in den Wahllokalen, der Rest im Briefwahlzentrum in der Messe.

Ob Lydia Mörs-Plattes auch 2021 an der Wahlurne in Godorf sitzen wird, wenn die nächste Bundestagswahl ansteht, ließ sie offen: „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.“ Dörte Diemert warb aber schonmal um sie: „Wir können immer erfahrene Kräfte gebrauchen.“

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