Streit um KleingartenordnungKölner Pächter wehren sich gegen Baumhöhe-Vorgaben

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Die Kölner Kleingartenordnung wird überarbeitet.

Köln – Eigentlich sollte sie in diesem Jahr geklärt werden, die Zukunft von Bäumen, Hecken und Totholz für Insekten in den 115 Kölner Kleingärten. Denn für 2021 stand eigentlich eine neue Kleingartenordnung auf der Agenda und mit ihr die Frage, wie ökologisch die 50.000 Kölner Kleingärtnerinnen und Kleingärtner ihre Flächen bestellen sollen und dürfen. Aber: Die Materie ist konflikt- und debattenintensiv und daher dauert es deutlich länger als geplant.

„Idealerweise sind wir jetzt im April kommenden Jahres so weit, den Entwurf der überarbeiteten Kleingartenordnung im Umweltausschuss vorzustellen“, sagt Robert Schallehn, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Rat. Akribisch hat eine Arbeitsgruppe, in der neben Vertretern aller Fraktionen und des Kreisverbandes Kölner Gartenfreunde unter anderem auch der BUND vertreten war, die umfangreiche Kleingartenordnung gemeinsam Punkt für Punkt diskutiert.

Streng definierte Wuchshöhen

Wo die Knackpunkte liegen, hat ein Blick auf das vergangene Jahr deutlich gezeigt: Immer öfter gibt es Streitigkeiten zwischen einzelnen Kleingärtnern und den Vorständen der Kleingärtenvereine. Immer wieder geht es vor allem um die streng definierten Wuchshöhen. Ab vier Meter Höhe müssen die Obstbäume derzeit zurückgeschnitten werden. Die Heckenhöhe ist bislang auf 1,25 Meter begrenzt.

Was dazu geführt hat, dass etwa allein in einer Kleingartenanlage in Klettenberg 90 der 469 Kleingärtner Abmahnungen erhalten haben, weil sie Hecken oder Bäume nicht auf die regelkonformen Höhen zurückgeschnitten hatten. Die meisten von ihnen nicht etwa aus Nachlässigkeit, sondern aus Gründen des Naturschutzes. In immer mehr Kölner Kleingärtnervereinen – unter anderem auch in Ehrenfeld und Zollstock – wehren sich Pächter aufgrund des gewachsenen Umweltbewusstseins gegen die Aufforderung der Vorstände, alte Bäume abzuholzen oder radikal zu stutzen. BUND und Nabu fordern schon länger, die Belange des Natur- und Umweltschutzes stärker in den Kleingartenordnungen zu verankern.

„Weniger Heckenschere, mehr Natur"

Ordnung und Schutz vor Verschattung auf der einen Seite versus Ökologie und Klimaschutz auf der anderen Seite – so laufen die Konfliktlinien. Kleingärtner wie Susanne Fredrich, in deren Garten ein Pflaumenbaum steht, sieht den geforderten Rückschnitt des inzwischen über vier Meter hohen Baumes kritisch. Wenn sie das mache, seien sämtliche Äste, an denen etwas blüht oder die Früchte tragen, weg. Zurück bliebe ein lebloser Stumpf, so wie man das in den Parzellen folgsamer Pächter besichtigen könne, die der Auflage nachgekommen sind.

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Schon 2020 hatten die Grünen beantragt, dass die Kleingartenordnung überarbeitet wird, um mehr Ökologie hineinzubringen und Kleingärtnern eine naturnähere Bewirtschaftung zu ermöglichen. Seit Sommer 2021 läuft nun die Debatte. Was die Grünen sich wünschen, fasst Schallehn in einem Satz zusammen: „Weniger Heckenschere und mehr Natur.“ Das heiße, auch große und alte Bäume zuzulassen sowie wilde Bereiche mit Blühwiesen und höhere Hecken, in denen Vögel nisten. Mehr als sechs Quadratkilometer Fläche haben die Kölner Kleingarten-Anlagen an Fläche. Die werden nach Ansicht des BUND-Kreisverbandes dringend gebraucht, um das Artensterben zu bremsen.

Weniger Versiegelung wird Vorschrift

Vieles habe im Konsens auch mit dem Kreisverband der Kölner Gartenfreunde geklärt werden können, berichtet Schallehn. So soll die neue Kleingartenordnung dafür sorgen, dass es mehr Solarflächen in den Kölner Kleingärten gibt und weniger Versiegelung. Auch Totholz und ökologische Brachen sollen in den Kölner Gärten einen Platz erhalten und nicht mehr wie in der traditionellen Auslegung als Ausdruck eines verwahrlosten Gartens gelten. Totholz dient einer großen Zahl von Tieren und Pflanzen als wichtiges Nist-, Entwicklungs-, Nahrungs- oder Überwinterungshabitat. Nisthilfen werden verpflichtend, Natursteinmauern müssen nicht mehr nach der Nutzung zurück gebaut werden und Teiche dürfen ohne Baugenehmigung vergrößert werden.

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Besonders junge Familien interessieren sich für Kleingärten.

Aber die heißen Eisen, die haben sich die Verhandler für das neue Jahr aufgespart. Es sind eben die konfliktträchtigen Punkte Baum- und Heckenhöhe. Da gibt es bislang noch keine Kompromisslinien. Die einen wollen, dass die Heckenhöhe so bleibt, wie sie ist, die anderen kämpfen für eine deutliche Erhöhung der Heckenhöhen. Ähnlich ist es bei der Debatte um die Baumhöhen. „Das hat dann wahrscheinlich etwas von Basar, die maximalen Höhen auszuhandeln“, meint Schallehn augenzwinkernd. Er wünscht sich neben der Festlegung einer maximalen Wuchshöhe einen Passus, der vorsieht, dass ein Baum bleiben kann, wenn er nicht stört. Dabei ist ihm klar, dass eine alte Fichte da schlechtere Karten hat oder anders bewertet wird als ein alter Laub- oder Obstbaum.

Wunsch nach klaren Kriterien

Michael Franssen, Geschäftsführer des Kölner Dachverbandes des Kreisverbandes Kölner Gartenfreunde, betont, dass man im Grundsatz gar nicht so weit auseinander liege. Auch der Kreisverband befürworte die ökologische Gestaltung von Gärten. Der Übergang von naturnah zu verwildert sei allerdings fließend. Da brauche es verbindliche und nachprüfbare Kriterien. Überhaupt sei ihm wichtig, dass alles so klar und eindeutig drin stehe, dass die Vereinsvorstände das auch ohne Konflikte und Debatten umsetzen können. Bezüglich der Heckenhöhe gebe es bei seinem Verband Bedenken, dass durch zu hohe Hecken der offene Charakter der Anlagen verloren gehen könnte. Bis zum übernächsten Umweltausschuss soll das Kompromisspapier stehen. Bis zur Entscheidung der Politik haben Hecken und Bäume in allen Kölner Kleingartenanlagen Bestandschutz. Verstöße gegen die Wuchshöhe werden bis dahin nicht mehr sanktioniert.

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